Den mit 60'000 Franken dotierten Prix de Soleure gewann die Regisseurin Lisa Gerig mit ihrer Dokumentation «Die Anhörung». Der Film zeigt, wie Asylanhörungen im Staatssekretariat für Migration (SEM) vonstatten gehen und was diese Befragungen bei vier abgewiesenen Asylsuchenden auslösten. Dazu wurden die Interviews mit Angestellten des SEM nachgestellt – durch zwei Asylbewerberinnen und zwei Asylwerber.
«Der Film besticht mit Menschlichkeit», begründete die Jury am Mittwochabend ihre Wahl. Obwohl die Gespräche eine Wiederholung seien, würden sie durch ihre Authentizität überzeugen. «Der Film ermöglicht es, sich in die Lage der anderen zu versetzen – die der Befragten und Befrager», teilte die Jury mit. Der Film konfrontiere die Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihren eigenen Privilegien.
In ihrer Dankesrede betonte Gerig, dass die Aufmerksamkeit für ihren Film ihr viel bedeute, und sie nun hoffe, dass alle vier ihrer Protagonisten ein ständiges Aufenthaltsrecht erhalten würden. «Die Anhörung» ist Gerigs erster langer Dokumentarfilm und zudem für den Schweizer Filmpreis als bester Dokumentarfilm nominiert.
Der Film setzte sich gegen zwei Spielfilme und vier weitere Dokumentarfilme durch, darunter «Operation Silence – die Affäre Flükiger» von Werner Swiss Schweizer.
«Echte Schweizer» ist Publikumsliebling
Der Prix du Public ging dieses Jahr an «Echte Schweizer» von Luka Popadić. Am Beispiel von drei Schweizer Offizieren mit Wurzeln in Serbien, Sri Lanka und Tunesien geht der Regisseur den Fragen um Heimat, Zugehörigkeit und Integration nach. Popadić, selbst Hauptmann bei der Schweizer Arme und mit Wurzeln in Serbien, bringt dabei sich selbst und viel Humor in den Film ein, ohne vor kontroversen Fragen zurückzuschrecken.
Der Prix du Public ist mit 20'000 Franken dotiert. In seiner Laudatio sagte Popadić, dass ihm der Publikumspreis viel bedeute. Schliesslich sei es ein «echter Schweizer Preis». Als der Anruf zu seinem Gewinn des Preises kam, sei er gerade am Packen gewesen. Der Regisseur wollte am Mittwoch eigentlich zu einem anderen Filmfestival reisen, doch der Preis machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
Die Besucherinnen und Besucher der Filmtage konnten aus insgesamt fünf Dokumentar- und vier Spielfilmen auswählen. Darunter war etwa «Bisons» von Pierre Monnard, der am Dienstag sechsfach für den Schweizer Filmpreis nominiert wurde.
Bester Kurzfilm ging an «2720»
Neu wurden an der 59. Ausgabe der Solothurner Filmtage die beiden Preise für bester Kurzfilm und bester Animationsfilm an der Soirée de Clôture verliehen. «2720» von Basil da Cunha gewann den mit 10'000 Franken dotierte Preis für den besten Kurzfilm.
Der schweizerische-portugiesische Regisseur erzählt in seinem Film die Geschichte eines jungen Mädchens, welches sich nach einer Razzia in ihrem Lissaboner Viertel auf die Suche nach dem verschwundenen älteren Bruder macht. Da Cunha fehlte an der Soirée de Clôture, da er wegen den Dreharbeiten für ein nächstes Projekt im Ausland war.
Als bester Animationsfilm wurde «Crevette» von Elina Huber, Noémi Knobil, Jill Vágner und Sven Bachmann ausgezeichnet. Der Film entstand im Rahmen der Ausbildung am Departement Design Film Kunst der Luzerner Hochschule und ist als bester Abschlussfilm beim Schweizer Filmpreis nominiert. Der Film zeigt auf kreative Art und Weise, wie eine Frau sich in ihrem Unterbewusstsein ihrer Angst vor der Schwangerschaft stellt.
Anders als bisher wurde der dritte Hauptpreis des Festivals, der Prix Visioni (ehemals Opera Prima), nicht mehr am letzten Tag der Filmtage verliehen. Die Regisseurinnen Laura Cazador und Amanda Cortés konnten den mit 20'000 Franken dotierte Preis für ihre Dokumentation «Autour du feu» bereits am Samstag in Empfang nehmen. (sda/cbe)