14.05.2021

Swiss-Ski

«Wir sind in einem privilegierten Zyklus»

Die Schweizer Ski-Nationalmannschaft hat im Weltcup und an den Weltmeisterschaften dominiert. Mit dem Sieg des Nationencups hat Swiss-Ski bei der Vermarktung an Attraktivität gewonnen, sagt Verbandspräsident Urs Lehmann. Er will nun an die FIS-Spitze.
Swiss-Ski: «Wir sind in einem privilegierten Zyklus»
«Dieses Wir-Gefühl steckt in der Mannschaft, ja sie strahlt es aus», sagt der 52-jährige Urs Lehmann, seit 2008 Präsident von Swiss-Ski. (Bilder: Keystone, Swiss-Ski)
von Matthias Ackeret

Herr Lehmann, Sie haben mit Swiss-Ski zum zweiten Mal den Nationencup gewonnen. Was war schwieriger: der erste Erfolg nach der langen Dominanz der Österreicher oder die Bestätigung?
Das erste Mal war emotionaler, denn bis vor zwei Jahren interessierte die Nationenwertung niemanden in der Schweiz.

Die Österreicher hat die Wertung immer interessiert.
Stimmt, für den österreichischen Ski-Präsidenten Peter Schröcksnadel steht die Nationenwertung für das System. Bei uns haben sich seit dem Gewinn von vor zwei Jahren ein anderes Selbstverständnis und ein neues Selbstvertrauen entwickelt. Für mich war der erste Erfolg ein Durchbruch und der zweite nicht schwieriger, sondern eine Konsequenz dessen, was nach dem ersten Erfolg geschehen ist. Wir sind mittlerweile so gut aufgestellt, dass einige Athletinnen und Athleten noch einige Jahre so weitermachen oder sich gar zum Gesamtweltcup-Sieger weiterentwickeln können, wie Loïc Meillard oder Marco Odermatt. Der zweite Nationencup-Sieg war keine Überraschung und auch nicht schöner als der erste, aber er war eine Bestätigung unserer Arbeit.

«Diese Ambivalenz spricht für die Sozialkompetenz»

Eigentlich ist eine Nationenwertung bei einer Sportart, die von Einzelkämpfern dominiert wird, ein Widerspruch …
Das ist so, und trotzdem sind unsere Skiläuferinnen und Skiläufer als Team unterwegs, und das während fast neun Monaten. Sie teilen sich das Zimmer mit jemandem, der auf der Piste ihr Konkurrent ist. Diese Ambivalenz spricht für die Sozialkompetenz. Es gibt Athletinnen und Athleten, die sich freuen, wenn die oder der andere schneller ist.

Mit dem Gewinn der Nationenwertung haben Sie der Schweiz ein neues Bewusstsein gegeben. Seit den glorreichen Zeiten von Sapporo oder Crans Montana gibt es in der Skination Schweiz wieder ein Wir-Gefühl.
Dieses Wir-Gefühl steckt in der Mannschaft, ja sie strahlt es aus. Wenn ich heute an FIS-Rennen gehe, spüre ich diesen Zusammenhalt selbst bei den ganz Jungen. Die Eigenwahrnehmung ist wirklich eine andere geworden, und das zu beobachten, ist schön.

skinationen


Trotzdem wollen Sie den Skiverband gerade jetzt verlassen und FIS-Präsident werden. Die Wahl ist am 4. Juni. Ist es der richtige oder der falsche Moment?
Der falsche Moment ist es sicher nicht. Ich glaube, ich kann heute – wenn ich wirklich gewählt würde – mit einem guten Gewissen gehen. Ich weiss, dass unsere Strukturen solide sind und der Erfolg nicht mehr von Einzelnen abhängt, auch nicht von mir.

Wie viel ist der Gewinn der Nationenwertung marketingmässig wert?
Durch den Gewinn der Nationenwertung haben wir bei der Vermarktung an Attraktivität gewonnen, vor allem als kompetenter, professioneller und emotionaler Partner. Wir helfen, Produkte und auch Dienstleistungen zu emotionalisieren. Dessen sind sich die Werber und Marketingfachleute bewusst.

Können Sie den Wert in Zahlen benennen?
Das ist schwierig. Es ist etwas, das sich immer weiterentwickelt. Wir sehen, dass es auch marketingmässig Steigerungen gibt, was zusätzliche Sponsoren anzieht. Wir sind in einem privilegierten Zyklus, auch dank der guten Resultate des Teams.

«Ich müsste die Kanten meiner Ski schleifen»

Hauptamtlich sind Sie CEO von Similasan, dem Marktführer für homöopathische Arzneimittel. Bislang haben Sie Swiss-Ski im Nebenamt geführt. Wäre das beim FIS-Präsidium auch möglich?
Nein, das ginge nicht, dann müsste ich die Gewichtung ändern.

Similasan beschäftigt über hundert Mitarbeitende. Bestand nie die Gefahr, einen von beiden Posten zu vernachlässigen?
Ich schreibe jeden Tag auf, wie viele Stunden ich für die eine und für die andere Tätigkeit aufwende, weil ich keinen meiner beiden Jobs vernachlässigen will. Die Familie Jüstrich wusste von meiner Doppelrolle und erlaubte mir eine gewisse Flexibilität. Dafür musste ich auch Performance erbringen. Ich habe das Vertrauen der Eigentümerfamilie niemals missbraucht, deswegen haben sie mich später auch quasi adoptiert und zum Miteigentümer gemacht.

Zurück zum Skifahren: Kämen Sie heute eigentlich noch die Streif herunter?
Ich denke schon, aber erstens müsste ich die Kanten meiner Ski schleifen, und zweitens wäre ich viel langsamer. Wer dort untrainiert herunterfährt, ist verantwortungslos.



Mitarbeit: Marion Loher

Das ausführliche Interview mit Urs Lehmann lesen Sie in der April-Ausgabe des Printmagazins persönlich.



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