04.07.2021

Zurich Film Festival

«Das Paket von der Stange gibt es fast nicht mehr»

Sponsoring ist im Wandel: Das zeigt sich derzeit an der Fussball-EM, Stichwort Regenbogen-Stadion in München. Wie geht das Zurich Film Festival mit den veränderten Anforderungen um? Elke Mayer, Geschäftsführerin der Vermarktungsorganisation Spoundation Motion Picture, über Trends und Teppiche – und über den Schatten ihrer Vorgängerin.
Zurich Film Festival: «Das Paket von der Stange gibt es fast nicht mehr»
«Fürs Sponsoring ist es aktuell nicht die einfachste Zeit», sagt Elke Mayer, die als Geschäftsführerin von Spoundation Motion Picture (SMP) verantwortlich ist für Vermarktung, Partnerschaften sowie Eventorganisation des Zurich Film Festival. (Bild: ZFF)
von Edith Hollenstein

Frau Mayer, nun ist also bald alles wieder offen. Sind Sie auch etwas überrumpelt?
Wir hatten zwar schon damit gerechnet, dass es durch die Impfungen zu weiteren Öffnungsschritten kommt, aber dass es so schnell geht, ist natürlich toll. Man muss sich selbst erstmal dran gewöhnen. Für Veranstaltungen wie das Zurich Film Festival (ZFF) ist das natürlich eine sehr positive Entwicklung.

Die Fussball-EM zeigt, wie immer mehr Firmen mit politischen Botschaften versuchen, auf sich aufmerksam zu machen. Wie spürt das ZFF diesen Trend?
Die Diskussion um die Regenbogenfahne war natürlich eine Steilvorlage. Mit wenigen Klicks kann eine Firma auf den Zug aufspringen und das Logo oder Social-Media-Profil einfärben. Man braucht nicht mal gross Geld in die Hand nehmen und erhält sofort Aufmerksamkeit. Aber was kommt danach? Wichtig ist ja, dass die Botschaft auch real gelebt wird und nicht nur der Effekthascherei gilt. Beim ZFF war das bisher kein grosses Thema, aber vielleicht wird sich das zukünftig ändern, da die ganzheitliche Kommunikation immer wichtiger wird.

Musste das ZFF Aktionen, die Sponsoren oder Teilnehmer vorhatten, untersagen?
Wie gesagt, wir sind bisher nicht betroffen, daher: Da ist mir nichts bekannt.

Doch Sponsoring wandelt sich: Was für neue Formen bietet das ZFF an?
Jede Marke ist verschieden, daher ist es enorm wichtig auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Firmen einzugehen. Wir erarbeiten schon immer individuelle Pakete für unsere Partner. Das ist sicherlich ein Trend, der sich die letzten Jahre zunehmend verstärkt hat, das Paket von der Stange gibt es fast nicht mehr. Es geht weg von der reinen Logoplatzierung hin zu kreativen Aktivierungsmöglichkeiten. Und natürlich ist Social Media und die ganze digitale Verlängerung eines Engagements ein zunehmend wichtiger Teil im gesamten Sponsoringpaket geworden. Einfach nur eine Präsenz vor Ort reicht heutzutage nicht mehr aus.

«Es wird einen riesigen Nachholbedarf geben»

Sie kennen das ZFF durch und durch – sind seit zehn Jahren mit dabei, früher als Sponsoringchefin. Welches war die beste Ausgabe in dieser Zeit?
Die beste Ausgabe? (längere Pause) Mir ist das Festival 2014 in sehr guter Erinnerung: das erste Festival auf dem neuen Sechseläutenplatz. Vorher war das Festivalzentrum wesentlich kleiner, auf dem alten, mit Kieselsteinen besetzten Platz. Und den grünen Teppich nicht mehr auf dem Trottoir vor dem Kino Corso, sondern auf dem nigelnagelneuen Sechseläutenplatz ausrollen zu dürfen, war ein befreiendes Gefühl und fürs Festival ein grosser Schritt.

Das ZFF hatte in den letzten zwei Jahren ein Budget von 7,3 Millionen (2018) respektive 7,8 Millionen Franken (2019). Womit rechnen Sie für 2021?
Aufgrund der aktuellen Entwicklungen planen wir, das Festival dieses Jahr nahezu normal durchzuführen zu können. Daher rechnen wir damit, nach der speziellen Corona-Ausgabe 2020, wieder auf dem Niveau von 2019 zu sein. Und klar, gewisse Posten fallen weg, dafür kommen neue hinzu wie beispielsweise das Kongresshaus als ergänzende Spielstätte. So gleicht sich das in etwa aus, aber grosse Sprünge sind in der aktuell sehr unsicheren Zeit nicht möglich.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie fürs ZFF 2021?
Wenn wir ganz normal die Kinos besetzen können: 120'000 Besucherinnen und Besucher. Das sind etwas mehr als 2019, denn wir wollen mit der zusätzlichen Spielstätte Kongresshaus weiter wachsen. Im Herbst, wenn die Leute viel draussen waren und es wieder etwas kälter wird, werden Events wie unserer stark nachgefragt sein. Es wird einen wahnsinnigen Nachholbedarf geben.

«Bei einigen Firmen wurden Sponsoring-Budgets gestrichen oder auf andere Marketingmassnahmen verlagert, und wir wurden aufs nächste Jahr vertröstet« 

Viele Firmen sind weiterhin zurückhaltend mit Werbeausgaben. Wie spüren Sie das?
Fürs Sponsoring ist es aktuell nicht die einfachste Zeit. Viele Firmen warten ab, denn sie wollen in dieser Situation keine neuen Sponsoringverträge abschliessen. Bei einigen Firmen wurden Sponsoringbudgets gestrichen oder auf andere Marketingmassnahmen verlagert, und wir wurden aufs nächste Jahr vertröstet. Die Unsicherheit und die ausstehenden Entscheide der Politik bedeuten für uns eine schwierige Situation. Die neuen Lockerungen des BAG helfen aber sicherlich, dass Firmen wieder bereit sind, Events als Partner zu unterstützen. Wir hoffen natürlich stark, dass wir noch den einen oder anderen kurzentschlossenen Sponsor gewinnen zu können.

Welche grossen Sponsoren sind denn nun an Bord für 2021?
Unsere Mainpartner sind Mercedes-Benz, Credit Suisse und Generali, hinzu kommen die Co-Partner Mobimo und Jelmoli sowie viele weitere treue Partner. Doch ich kann hier ehrlich sein: Früher hatten wir jeweils sechs Co-Partner. Teilweise sind langfristige Verträge vergangenes Jahr ausgelaufen, und dann kam noch die Unsicherheit mit Corona – es gab sicher schon einfachere Zeiten fürs Sponsoring.

Es ist tatsächlich weiterhin vieles in der Schwebe: Ob Partys im September möglich sein werden, ist angesichts der Ausbreitung von Delta ungewiss.
Genau, das bringt einige Herausforderungen für die gesamte Eventplanung mit sich. Aber durch den Entscheid des BAG haben wir nun etwas mehr Planungssicherheit. Nichtsdestotrotz müssen wir flexibel bleiben und kurzfristig auf aktuelle Entwicklungen reagieren.

«Es ist sicher keine leichte Aufgabe, die Nachfolge von jemandem zu übernehmen, der etwas erfolgreich aufgebaut und geprägt hat»

Sie sind in Stuttgart aufgewachsen. Hilft es, dass Sie Deutsche sind, weil in den Entscheiderpositionen vieler Schweizer Unternehmen ebenfalls viele Deutsche sind? Oder ist es eher schwierig, Kundenkontakte aufzubauen, weil sie nicht aus der Schweiz stammen?
Ich spüre diesbezüglich keinen Unterschied. Sicherlich hilft mir aber, dass ich schon viele Jahre in Zürich bin und dadurch auf einige Kontakte zurückgreifen kann. Letztendlich braucht es aber ein gutes Konzept und ein tolles Produkt, um das Gegenüber zu überzeugen. Egal woher die Person kommt. Bei Mercedes-Benz war es auch nicht einfacher, obwohl ich aus «Benztown» bin (lacht).

Als Nachfolgerin von Nadja Schildknecht: Das muss eine sehr schwierige Aufgabe sein, da Sie ja viel weniger bekannt sind.
(Lacht.) Ja, deshalb freue ich mich auch sehr über dieses Interview. Aber Spass beiseite. Es ist sicher keine leichte Aufgabe, die Nachfolge von jemandem zu übernehmen, der etwas erfolgreich aufgebaut und geprägt hat. Es hat aber auch seinen Reiz, diese spannende Aufgabe anzunehmen und die Erfolgsgeschichte weiterzuführen.

In Ihrer Freizeit würden Sie Kitesurfen und Campen, wie ich gelesen habe: Gibt es Parallelen zum Eventbusiness, Ihrer beruflichen Leidenschaft?
Bei beidem spielt ein gewisser Nervenkitzel eine Rolle – also eine grosse Herausforderung, die man möglichst erfolgreich meistern muss. Zwischendurch in die Natur zu gehen, Energie zu tanken und Kreativität mitzunehmen ist für mich sehr wichtig, um den Kopf freizubekommen für den Arbeitsalltag.



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