18.12.2024

Verbandspartner

2025: ein dicht gedrängtes Jahr für das Sponsoring

Eine geballte Ladung Grossevents aus Sport und Kultur erwartet die Schweiz im kommenden Jahr. Was bedeutet das für Veranstalter und Sponsoren?
Ausgabe 12/2024: 2025: ein dicht gedrängtes Jahr für das Sponsoring
Meriton Ceka und Sven Reinecke.

Text: Patrick Gunti, by the way communications AG Bilder: Universität St. Gallen 

2025 ist für die Schweizer Event- und Sponsoring-Branche ein reich befrachtetes Jahr. Neben dem regelmässigen Sport- und Kulturgeschehen gehen zwischen der Biathlon-WM im Februar und der Mountainbike-WM im September die Freestyle/Snowboard-WM, der ESC, die Euro 2025 und das Eidg. Schwingfest über die Bühne. Diese Event-Konzentration stellt das Sponsoring vor Herausforderungen. Unternehmen müssen ihre Budgets stärker diversifizieren, während die Reichweite einzelner Events sinkt. 

Dies wirft die Frage auf, ob die Qualität der Sponsoringpartnerschaften unter der Quantität leidet – und wie Veranstalter und Sponsoren gemeinsam gegensteuern können. Professor Sven Reinecke, geschäftsführender Direktor des Instituts für Marketing und Customer Insight sowie Titularprofessor an der Universität St. Gallen (HSG), und Meriton Ceka, Projektleiter und Postdoc des Instituts, haben Antworten. 

Herr Reinecke, Herr Ceka, das Jahr 2025 ist reich befrachtet mit Top-Events in der Schweiz. Welche Akzeptanz hat eine solche Anhäufung in der Bevölkerung?

Sven Reinecke: Zu Beginn ist anzumerken, dass Grossevents wie die UEFA Women’s Euro 2025 oder der ESC nicht von allen uneingeschränkt positiv bewertet werden. Solche Veranstaltungen werden oft kritisch gesehen, sei es aufgrund von Umweltbelastungen, hohen Kosten oder infrastrukturellen Herausforderungen. Die Schweiz steht jedoch insgesamt sportlichen und kulturellen Grossveranstaltungen traditionell positiv gegenüber und erkennt deren Wert für die nationale und internationale Sichtbarkeit. Natürlich ist die Stimmung abhängig von den damit verbundenen Kosten und etwaigen lokalen Abstimmungen. Damit solche Events breit akzeptiert und mit Begeisterung aufgenommen werden, müssen Herausforderungen wie logistische Planung, Umweltverträglichkeit und Bürgerbeteiligung frühzeitig adressiert werden. Generell dürfte die Begeisterung für Vielfalt und Spitzenklasse gross sein, bieten die Anlässe doch Sportfans die Möglichkeit, Weltklasseathleten live zu erleben und neue Zielgruppen zu begeistern. Die Schweiz als Gastgeber der Grossanlässe repräsentiert nicht nur sportliche Tradition, sondern auch organisatorisches Können. Die Bevölkerung ist stolz, internationale und nationale Gäste willkommen zu heissen, was das Image der Schweiz als verlässlicher Austragungsort stärkt.

Meriton Ceka: Es ist wichtig, die Bevölkerung in die Organisation einzubeziehen. Transparenz, wie bei den Finanzierungsmodellen der UEFA Women’s Euro 2025, kann helfen, potenzielle Kritik zu entschärfen und Verständnis zu fördern. Gleichzeitig ziehen die Events internationale Besucher an, die Hotels und Gastronomie beleben. Bei allen Events, insbesondere mit kurzer Dauer wie beim ESC, muss kritisch geprüft werden, ob die rein wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Bilanz wirklich positiv ist.

Welche Vorteile und welche Risiken bieten Sponsorings bei Events mit globaler Strahlkraft?

Meriton Ceka: Hohe Reichweite und globale Aufmerksamkeit. Ausserdem stärkt das Engagement bei prestigeträchtigen Events die Markenreputation und schafft positive Assoziationen. Das Sponsoring ermöglicht es, durch die Eventvielfalt jeweils gezielt unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Durch emotionale Verknüpfungen zwischen Marke und Event können Unternehmen langfristige Beziehungen zu den Fans aufbauen. Besonders bei der Frauen-Euro 2025 bietet sich die Gelegenheit, zentrale Werte wie Vielfalt, Gleichberechtigung und Empowerment hervorzuheben. 

Doch Risiken sind nicht von der Hand zu weisen. Sponsorings bei globalen Events sind mit enormen finanziellen Investitionen verbunden. Doch selbst solch hohe Ausgaben garantieren keinen Erfolg, wenn die Aktivierung nicht optimal umgesetzt wird. Ein Unternehmen, das zwar viel für Rechte investiert, jedoch kaum noch finanzielle Mittel hat, den Event zu bewerben, riskiert, trotz hoher Kosten kaum wahrgenommen zu werden.

Wie können Sponsoren sicherstellen, dass ihre Marke nicht in der Masse untergeht?

Sven Reinecke: Die Aktivierung ist der Schlüssel, um Sponsoring erlebbar zu machen und Fans emotional einzubinden. Dabei ist eine enge Verzahnung physischer und digitaler Massnahmen entscheidend. So könnte ein Sponsor bei der UEFA Women’s Euro 2025 durch physische Präsenz im Stadion und ergänzende digitale Interaktionen ein ganzheitliches Markenerlebnis schaffen.

Marken sollten aber nicht nur als Sponsoren wahrgenommen werden, sondern als integraler Bestandteil des Veranstaltungserlebnisses. Dies gelingt durch interaktive Elemente oder innovative Kooperationen mit lokalen Veranstaltern, die den Zuschauern oder Teilnehmern echte Mehrwerte bieten. Auch einzigartige Erlebnisse über Behind-the-Scenes-Content, VIP-Zugänge, interaktive Technologien oder personalisierte Angebote können Fans stärker an die Marke binden. Ausserdem erhöhen wiederholte und aufeinander aufbauende Sponsoring-Massnahmen über mehrere Events hinweg die Markenwahrnehmung. 

Bestehen beim Auftritt von Unternehmen an mehreren Events keine Risiken? 

Meriton Ceka: Doch, denn wenn ein Unternehmen bei mehreren Events präsent ist, kann dies die Wahrnehmung der Marke und die Markenbotschaft verwässern, besonders in einem Umfeld mit vielen anderen Sponsoren. Die Assoziation mit einem spezifischen Thema oder einer Branche wird erschwert. Mehrere Sponsoring-Engagements können auch erhebliche Kosten verursachen, ohne den gewünschten ROI zu erzielen, wenn die Zielgruppen zu breit gestreut sind. Last, but not least kann eine übermässige Präsenz bei der Zielgruppe zu einem Sättigungsgefühl führen.

Und wie lassen sich diese Risiken minimieren?

Sven Reinecke: Eine klare Positionierung und Differenzierung ist zentral. Unternehmen sollten für jedes Event eine spezifische Strategie entwickeln, um ihre Marke klar und differenziert zu positionieren. Dabei ist es entscheidend, die Werte und das Publikum des jeweiligen Events in den Fokus zu rücken. Es gilt, nur Veranstaltungen auszuwählen, die zur Marke und zu den Unternehmenszielen passen. Allerdings dürfen Marke und Event nicht dasselbe Image haben, sonst erfolgt keine Imageübertragung. Für jedes Sponsoring-Engagement sollten klare KPIs definiert und deren Wirkung regelmässig überprüft werden, um deren Effektivität und Effizienz zu sichern. Ausserdem hilft es, unterschiedliche Aktivierungsstrategien für jedes Event einzusetzen.

Wird es für Sponsoren in diesem Umfeld teurer und schwieriger, exklusive Partnerschaften einzugehen?

Meriton Ceka: Ja, denn der Wettbewerb um prestigeträchtige Plattformen treibt die Preise in die Höhe. Unternehmen müssen bereit sein, erhebliche finanzielle Mittel aufzuwenden, um sich exklusive Rechte zu sichern. Bei der UEFA Women’s Euro 2025 könnten sich mehrere globale Marken aus denselben Branchen um Hauptsponsor-Positionen bewerben. Dies führt zu intensiven Verhandlungen und erhöhten Anforderungen. Zu beachten ist ebenso, dass in einigen Fällen die Exklusivität durch viele parallele Partnerschaften verwässert wird. 

Mit welchen Strategien lässt sich diesen Herausforderungen begegnen?

Meriton Ceka: Sponsoren können ihre Position und ihre Themenführerschaft stärken, indem sie Partnerschaften frühzeitig und langfristig abschliessen. Ein Beispiel: Ein mehrjähriger Vertrag, der sowohl die UEFA Women’s Euro 2025 als auch weitere UEFA-Events umfasst, ermöglicht es einem Sponsor, ein bestimmtes Thema oder eine Botschaft über mehrere Veranstaltungen hinweg zu etablieren und zu «besitzen». So könnte ein Sportartikelhersteller etwa das Thema Teamgeist und Performance dauerhaft mit seiner Marke verknüpfen. Diese konsistente Präsenz stärkt die Themenführerschaft und bietet zudem finanzielle Vorteile im Vergleich zu Einzelverträgen.

Statt auf allgemeine Exklusivität zu setzen, können Sponsoren ihre Ressourcen auch in spezifische Aktivierungen investieren, die gezielt und weniger konkurrenzbehaftet sind. Solche Massnahmen schaffen ein einzigartiges Markenerlebnis und setzen auf digitale Interaktionen wie Augmented Reality, bei der Fans beispielsweise Live-Statistiken oder Spieler-Insights direkt über ihre Smartphones abrufen können. 

Inwieweit muss man sich auf Krisen, Störfälle und negative Schlagzeilen vorbereiten?

Sven Reinecke: Die Sensibilität für potenzielle Risiken ist sehr wichtig. Fan-Ausschreitungen, Sicherheitsprobleme oder politische Spannungen könnten ein Event belasten und auf Sponsoren abfärben. Beim ESC polarisieren möglicherweise Kontroversen um politische Beiträge oder Meinungsäusserungen einzelner Künstler. Ungewollt können Sponsoren damit in Verbindung gebracht werden. Regelmässige Überwachung von Medienberichten und Social Media vor und während der Events ist entscheidend, um potenzielle Krisen frühzeitig zu erkennen und Gegenmassnahmen einzuleiten. Im Vorfeld der Veranstaltungen müssen Krisenpläne entwickelt werden, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Generell sollten Sponsoren im Falle negativer Schlagzeilen offen und transparent agieren. Leugnen oder Ignorieren verschärft oft die Wahrnehmung.

Welche neuen Trends gilt es angesichts eines überfüllten Eventkalenders im Auge zu behalten?

Meriton Ceka: Die Kombination physischer und digitaler Aktivierungen wird immer wichtiger, da sie es Sponsoren ermöglicht, den Event zu multiplizieren. Der Trend zu On-Demand-Inhalten verstärkt sich, weil Fans zeitlich flexible und personalisierte Erlebnisse erwarten. Ein weiterer Trend ist die sogenannte Hyperpersonalisierung. Sponsoring wird immer stärker auf spezifische Zielgruppen zugeschnitten, basierend auf Datenanalysen und individuellen Präferenzen. Virtual Advertising wiederum, geografisch und demografisch angepasst, ermöglicht es Sponsoren, ihre Botschaften präzise auf die jeweiligen Zielgruppen zuzuschneiden und so die Werbewirkung zu maximieren. Und natürlich wird auch hier die Integration von künstlicher Intelligenz zum Thema. Sie wird genutzt, um Sponsoring-Strategien effizienter zu gestalten, etwa durch personalisierte Werbung, Chatbots oder automatisierte Analysen. Ein weiterer Trend: Statt sich ausschliesslich auf Grossveranstaltungen zu konzentrieren, setzen Sponsoren vermehrt auf kleinere, thematisch passende Events.

Wie real ist die Gefahr der Übersättigung und der Sponsoring-Müdigkeit beim Publikum?

Sven Reinecke: Durchaus real. Die ständige Konfrontation mit Markenbotschaften kann Aufmerksamkeit und Wertschätzung reduzieren. Besonders bei wiederkehrenden Sponsoren, die in vielen Events präsent sind, besteht die Gefahr, dass die Botschaften als austauschbar wahrgenommen werden. Gleichzeitig hat die ständige Präsenz von Sponsoren die Erwartungen der Zuschauer stark erhöht. Das Publikum fordert zunehmend Engagement und einen spürbaren Mehrwert statt nur sichtbare Markenplatzierungen. Dies erfordert eine gezielte Ansprache durch die vorgenannte Hyperpersonalisierung. Gleichzeitig reduzieren weniger, aber hochwertigere Sponsoring-Massnahmen die Reizüberflutung, und ein Fokus gilt der emotionalen Verknüpfung und dem Storytelling, um eine authentische Verbindung zwischen Marke, Event und Publikum herzustellen.

Besteht für kleinere Events die Gefahr, dass für sie weniger Mittel zur Verfügung stehen?

Meriton Ceka: Ja, Sponsoring-Budgets sind oft gedeckelt, während die Kosten für globale Partnerschaften steigen. Unternehmen priorisieren zunehmend Grossveranstaltungen, da diese eine höhere Reichweite und globale Sichtbarkeit bieten. Dies lässt weniger Spielraum für kleinere Events. Regionale Sportwettbewerbe oder Nischenveranstaltungen könnten ins Hintertreffen geraten, da sie nicht die gleiche mediale Aufmerksamkeit generieren.

Allerdings bietet das auch Chancen. Kleinere Events können ihre spezialisierte Zielgruppe als Vorteil nutzen und gezielt Sponsoren ansprechen, die eine hohe Identifikation mit dieser Gruppe suchen. Lokale Unternehmen, die sich mit der Region identifizieren, können gezielt angesprochen werden, um kleinere Events zu unterstützen. Und geringere Budgets können durch innovative Aktivierungsstrategien effektiv genutzt werden. So schaffen Social-Media-Kampagnen oder digitale Wettbewerbe bei kleineren Events Reichweite ohne hohe Kosten. Auch kollaborative Sponsoring-Modelle werden zum Thema, indem kleinere Events Sponsoring-Pakete entwickeln können, bei denen mehrere kleinere Unternehmen gemeinsam auftreten, um die Kosten zu teilen. Gleichzeitig gilt es, durch den Aufbau langfristiger Beziehungen mit Sponsoren mehr finanzielle Sicherheit zu gewinnen.


Download als PDF-Dokument

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren