19.11.2024

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Adele zeigt Wandel in der Konzertlandschaft auf

Die Konzertbranche erlebt eine Verschiebung hin zu sogenannten Residenzen, bei denen Künstler mehrmals an einem Ort auftreten, statt auf klassische Tourneen zu gehen. Was bedeutet das für Veranstalter, Städte und Fans?
Ausgabe 11/2024: Adele zeigt Wandel in der Konzertlandschaft auf
Mit der Adele-Konzertreihe in München wurden neue Massstäbe gesetzt (Copyright: Florian Wieder).

Text: Patrick Gunti, by the way communications AG Bilder: zVg 

Im August spielte Adele zehn Konzerte in einer eigens für sie erstellten Pop-up-Arena in München. Mit gut 750 000 verkauften Tickets handelte es sich um die grösste Besucherzahl einer sogenannten Konzert-Residency ausserhalb von Las Vegas. Doch damit nicht genug: Nicht nur war die Arena ganz auf die Künstlerin abgestimmt und setzte unter anderem mit einer 220 mal 30 Meter grossen LED-Wand eigene Massstäbe, sondern rund 500 000 Zuschauer feierten vor und nach den Auftritten in der angrenzenden «Adele World» mit einem einmaligen Entertainment-, Catering- und Merchandising-Angebot. 

Las Vegas – wo die Residency ihren Ursprung hat

Zuvor war sie seit November 2022 im Rahmen einer Residency ausschliesslich im Caesars Palace in Las Vegas aufgetreten, wo das Format Tradition hat: Las Vegas wurde in den 1950er- und 1960er-Jahren als Zentrum für Showstars bekannt, als Frank Sinatra, Dean Martin oder Elvis dort regelmässig auftraten. Diese Tradition setzten später Céline Dion oder Elton John fort. Und mit neuen, spektakulären Venues wird das Format immer beliebter. So eröffnete im September 2023 «The Sphere», das grösste kugelförmige Gebäude der Welt mit einem gigantischen 16K-LED-Display auf 15 000 Quadratmetern Innenwand. 20 000 Zuschauer finden Platz, U2 füllten die Arena 40-mal, und aktuell setzen «The Eagles» ihre unzähligen Hits nochmals neu – digital – in Szene. 

Zuschauer pilgern zu den Musikerinnen und Musikern

Generell ist festzustellen, dass Topstars vermehrt das Publikum zu sich kommen lassen. Taylor Swift spielte diesen Sommer achtmal im Wembley-Stadion. Coldplay beehrten Buenos Aires zehnmal, treten kommenden April sechsmal in Seoul auf und planen für Sommer 2025 zehn Konzerte in Wembley.

Für die Musiker ist es angenehmer, nicht jeden Tag reisen zu müssen. Im Fokus stehen aber hauptsächlich wirtschaftliche Interessen. Durch eine längere Verweildauer an einem Ort lassen sich die Kosten senken und die Einnahmen maximieren. Nicht nur Adele und Live Nation kassierten in München gross ab, auch die Stadt München freute sich über Einnahmen von über einer halben Milliarde Euro in Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel.

Regelmässige Shows in Las Vegas sind meist schon allein durch den Ticketverkauf und Merchandising rentabel. Um den Gesamterfolg zu maximieren und zusätzliche finanzielle Ressourcen zu generieren, spielt Sponsoring dennoch eine wichtige Rolle. Viel mehr noch trifft dies auf die Belegung von Stadien über mehrere Tage hinweg zu, was erhebliche finanzielle Mitte erfordert, um Produktion und Logistik bewältigen zu können. Sponsoren nutzen die hohe Aufmerksamkeit dieser Konzerte, um ihre Marke in einem unterhaltsamen, exklusiven und hochkarätigen Umfeld zu präsentieren. 

Veranstalter-Giganten weiten Geschäfte aus

In Richtung Residency gehen Veranstalter-Schwergewichte wie Live Nation und CTS Eventim auch mit dem Kauf von Stadien, der Renovation von Arenen und dem kompletten Betrieb von Veranstaltungsorten. Die Strategie umfasst eine grössere Kontrolle über die Venue-Akquise, was hilft, die Einnahmen aus Ticketverkäufen sowie zusätzliche Einnahmequellen (Gastronomie, Merchandising) zu maximieren.

Auswirkungen auf kleinere Märkte wie die Schweiz 

Die Entwicklungen stellen kleinere Märkte vor besondere Herausforderungen. Die Schweiz muss sich der Konkurrenz mit Metropolen wie London, Paris oder eben auch München stellen, die grössere Arenen und eine Infrastruktur aufweisen, die für mehrtägige Grossveranstaltungen optimiert sind. «Stadionshows sind umsatzstarke Grossveranstaltungen, die wichtig sind. Um auch künftig die grössten internationalen Stars dem Schweizer Publikum präsentieren zu können, sind sie unumgänglich», sagte Oliver Rosa, Managing Partner des Veranstalters Gadget, bereits vor einem Jahr. Wenn die Schweiz nicht den Anschluss an grosse Tourneen führender Acts verlieren wolle, brauche es mehr Verfügbarkeiten. Doch das gestaltet sich schwierig: Zentral ist das Letzigrund in Zürich, das aber nur limitiert zur Verfügung steht. Das gilt noch mehr für das Wankdorf in Bern und den St.-Jakob-Park in Basel, wo die Terminhoheit bei den Fussballclubs liegt. 

Fazit: Der Trend zu Residenzen und mehrtägigen Auftritten an einem Ort verändert die Art und Weise, wie Konzerte veranstaltet werden. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich die Branche in eine noch zentralisiertere Richtung entwickelt und welche Möglichkeiten es gibt, kleinere Märkte auf neue Weise zu integrieren.

                                                                                                                         

Der SPONSORING EXCELLENCE AWARD geht in die 6. Runde!

Einsendeschluss Projekte: 29. November 2024

Projektpräsentation/Jurytag: 27. Januar 2025

Nacht des Sponsorings und Award-Verleihung: 12. März 2025

Ort: Kunsthaus Zürich

Alle Informationen zum SPONSORING EXCELLENCE AWARD finden sich auf der Website von SPONSORING SCHWEIZ (sponsoringschweiz.ch).

                                                                                                                         

Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion und Präsident Swiss Stadia&Arena

Herr Musshafen, die Adele-Konzerte in München im eigenen Stadion inklusive Themenpark haben für Furore gesorgt. Glauben Sie, dass sich so eine Eventserie auch in der Schweiz realisieren lässt?

Rein von der Infrastruktur her lässt sich so eine Serie problemlos bei uns im Hallenstadion realisieren! Das wäre toll, und wir bieten alles, was es für einen solchen Mega-Event braucht. Was sicherlich zu beachten wäre: Das Einzugsgebiet von Zürich ist kleiner als das von München oder anderen Grossstädten. Zudem wäre mit höheren Kosten zu rechnen, nicht bei den Tickets, aber zum Beispiel in der Hotellerie. 

Spielt es, abgesehen von einer guten Erreichbarkeit, überhaupt eine Rolle, wo man ein solches Spektakel aufführt?

Ich gehe davon aus, dass München sehr bewusst gewählt wurde. Denn Erreichbarkeit ist bei einer solchen Serie extrem wichtig, und die ist bei München definitiv gegeben! Neben Erreichbarkeit bzw. Lage sind sicherlich Infrastruktur und Kosten weitere relevante Faktoren. 

Immer mehr Künstler entscheiden sich, längere Zeit an einem Ort zu spielen. Die Fans reisen also zu den Künstlern und nicht umgekehrt. Wie sehen Sie diesen Trend?

Dieser Trend findet aus meiner Sicht vor allem in den grossen Metropolen statt, die allesamt über ein extrem grosses Einzugsgebiet verfügen und zu den Top-Tourismus-Destinationen zählen. Sonst ist das nur vereinzelt zu beobachten, die grosse Mehrheit macht immer noch die klassische Tour. 

Topstars wie Taylor Swift oder Coldplay belegen Stadien rund um den Planeten, und dies teilweise bis zu zehn Tage in Serie. Droht der Schweiz, dass die kommerziell ganz grossen Künstler einen Bogen um das Land machen?

Grundsätzlich kann man eine Stadiontour nicht mit einer Arenatour vergleichen. Und das betrifft nur die Spitze des Eisbergs, «the top of the top». Meistens kommen diese Künstler zwei, drei Jahre nach einer Stadiontour wieder in eine Arena. Zudem sind Stadiontouren auch aus ökologischer Sicht kritisch zu betrachten. Bei den zehn Coldplay-Auftritten im Wembley werden extrem viele Besuchende aus dem Ausland anreisen oder auch weite Strecken im Inland in Kauf nehmen. Da stellt sich dann die Frage, was ökologischer ist – eine Stadion-Konzertserie oder eine klassische Tournee. Also konkret, ob geschätzt 50 LKWs von Stadt zu Stadt fahren oder aber ob pro Konzert 50 000 Leute hinfahren bzw. hinfliegen.

Wie interessant wäre für das Hallenstadion eine «Artist in Residence»- Produktion?

Sehr interessant, und das Hallenstadion würde sich bestens dafür eignen. Allerdings müsste eine solche Produktion vier bis fünf Jahre im Voraus geplant werden, schon nur um die Datenverfügbarkeit zu garantieren. 

Auf welche Kooperations- und Finanzierungspartner wäre man angewiesen?

Das liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Veranstalters und müsste sicherlich geprüft werden. Schlussendlich entscheiden jedoch die Künstlerinnen und Künstler, welche Partner involviert werden.


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