Interview: Jean-Marc Grand Bild: zVg
Der Barcode GS1 unterstützt Unternehmen dabei, den Waren-, Informations- und Wertefluss zu optimieren. Er identifiziert Objekte in der Lieferkette während des gesamten Lebenszyklus, sorgt für die physische Kennzeichnung und ermöglicht den Austausch von Stamm-, Transaktions- und Ereignisdaten. Weltweit nutzen über 2 Millionen Kunden in über 150 Ländern die GS1-Standards, in der Schweiz sind es über 8600 Unternehmen. Der EAN-Barcode wird täglich über 6 Milliarden Mal gescannt. Jetzt wird er fünfzig Jahre alt. Marketing- und Kommunikationschefin Petra Merino stellt sich den Fragen.
Welches waren die drei Markenikonen in Ihrer Kindheit oder Jugend?
Nivea – die blaue Dose stand immer bei uns im Badezimmer. Lübecker Marzipan – das schickte uns meine Grossmutter aus Berlin immer zu Weihnachten, weil es dies in der Schweiz nicht gab. Pan Am – das war die erste Fluggesellschaft, mit der ich als Kind geflogen bin. Da bekam ich ein Malset und war begeistert (und vermutlich auch beschäftigt).
Mit welchem Produkt, mit welcher Marke beginnt Ihr Tag am Morgen und endet der Tag am Abend?
Ohne meine Tasse Kaffee – aus einer Kapselmaschine (jetzt nenne ich keine Marke) – gehe ich nicht aus dem Haus, und abends gehe ich nicht ins Bett ohne einen Espresso.
Welches Produkt oder welche Firma steht heute für exzellentes Marketing?
Das sind all die Firmen, ob gross oder klein, denen es gelingt, den Kunden ins Zentrum zu stellen und eine hohe Kundenloyalität aufzubauen. Es müssen nicht immer nur technologiegetriebene Unternehmen sein. Aber mir fällt trotzdem Apple ein. Ich würde heute niemals ein anderes Handy als ein iPhone kaufen – die Firma ist bekannt für ihre Innovationen und das einzigartige Design. Sie verfügt über eine exzellente Marketingstrategie, mit der sie sich als eine der weltweit führenden Technologiemarken etabliert hat. Apple hat die Art und Weise verändert, wie wir fotografieren und Musik hören. Das finde ich sehr faszinierend.
Welche Geschäftsidee oder welches Produkt hat Sie in letzter Zeit am meisten begeistert?
Ganz klar alles rund um das Thema KI, ChatGPT und Metaverse. Sie verändern unsere Arbeit im Bereich Marketing und Kommunikation signifikant, da sie uns schnell und effizient auf eine Vielzahl von Fragen und Anfragen antworten, was Zeit und Mühe sparen kann.
Welcher Marketingtrend oder welches Marketingthema ist für Sie momentan am wichtigsten? Warum?
Wir haben gerade angefangen, CustomerJourneys zu definieren, um den Einfluss unserer Marketingaktivitäten auf der Kundenreise zu evaluieren, anzupassen und zu optimieren. Dies ist für uns von entscheidender Bedeutung, um das Kundenerlebnis zu verbessern und die Kundenbindung zu stärken. Aber auch, um intern das Verständnis für die Kundenperspektive zu stärken, da uns die Customer-Journey ermöglicht, die Sicht unserer Kunden einzunehmen. Wir analysieren nun Schritt für Schritt die identifizierten Touchpoints, die unsere Kunden durchlaufen, vom Erstkontakt mit GS1 Switzerland über den Kaufabschluss bis hin zur Kundenbindung, um die Pains unserer Kunden zu verstehen und unser Angebot entsprechend zu verbessern.
Wie kommunizieren Sie hauptsächlich mit Ihrer Kundschaft (direkter Kundenkontakt, Social Media etc.)?
Hauptsächlich verbreiten wir unsere Neuigkeiten über Newsletter, über LinkedIn, aber auch beispielsweise über Webinare, um neue Angebote zu erklären. Wir fokussieren uns ab diesem Jahr voll auf das Thema digitale Kommunikation und werden dazu Plattformen und Kanäle prüfen, da wir verstärkt in den Dialog mit unseren Kunden kommen möchten.
Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen künftig die grössten Chancen?
Die grösste Chance startet bei der Markenbekanntheit. Die meisten Menschen kennen GS1 Switzerland gar nicht, obwohl es unser bekanntestes Produkt ist: Auf nahezu jedem Produkt und jeder Verpackung prangt der Barcode – der Code aus schwarzen Strichen auf weissem Hintergrund. Leider ist fast niemandem bewusst, dass diese Erfindung vor fünfzig Jahren die Wirtschaft revolutioniert hat. Doch der Barcode kann weit mehr, als nur Kassierern und Kunden das Leben zu erleichtern. Er macht Warenströme nachvollziehbar, beschleunigt Prozesse in Transport und Logistik und sorgt für effiziente und belastbare Lieferketten. Und selbst in der Medizin ist er nicht mehr wegzudenken. Die Kennzeichnung auf Arzneimitteln sowie Medizinprodukten führt zu mehr Patientensicherheit und verhindert, dass gefälschte Produkte in Umlauf kommen.
Nun sind wir daran, neue Mehrzweck-2-DBarcodes, die auf GS1-Standards beruhen, einzuführen. Diese verwandeln das einfache Scannen im Geschäft oder mit dem Mobiltelefon in ein Tor zu detaillierten Produktinformationen. Diese reichen von detaillierten Produktangaben wie Haltbarkeitsdatum, Inhaltsstoffen und Allergenen bis hin zur Echtheitsprüfung. Auch fördern wir damit Nachhaltigkeitsinitiativen. Mit der neuen Barcode-Generation stellt GS1 Switzerland weiteren Baustein für die digitale Zukunft zur Verfügung.
Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen künftig die grössten Risiken?
Wir unterstützen mit unseren Standards und Prozessmodellen Unternehmen dabei, den Waren-, Informations- und Wertefluss zu optimieren. Sie stärken die Unternehmensleistung und sorgen für ein ganzheitliches und massgeschneidertes Kundenerlebnis. Falls nun eine disruptive Technologie all diese Standards überflüssig machen würde, dann ist vermutlich auch unser Geschäftsmodell in Gefahr.
Push or Pull
Migros oder Coop?
Beide sind für mich wichtig. In der Migros kaufe ich zum Beispiel Blévita-Cracker und Hygo-WC-Reiniger, während mich meine Lieblingspasta Rummo und die Käsetheke in den Coop ziehen.
Onlineshopping oder Einkauf vor Ort?
Onlineshopping wegen der Auswahl und 24/7.
Home-Office oder Büro?
Beides toll, und die Kombination ist nicht mehr wegzudenken: für konzentriertes Arbeiten und einen Tag ohne SBB lieber Home-Office und das Büro für kommunikative Tätigkeiten wie Team-Meetings etc.
Unternehmerin oder Arbeitnehmerin?
Auch hier beides, da ich mich in beiden Welten bewege und keine missen möchte.
Metaverse oder analoge Welt?
Bisher noch analoge Welt, aber Metaverse ist in der Pipeline!
Künstliche Intelligenz oder Hirnschmalz?
KI, angereichert mit Hirnschmalz – ohne selbst denken geht es zum Glück nicht!
Linkedin, Facebook, Instagram oder TikTok?
LinkedIn und Insta.
Gaming, E-Sport oder aktiv Sport treiben?
Aktivsport wie Joggen, Wandern und Biken mit einer Prise Yoga.
Petra Merino ist seit einem Jahr Head of Marketing und Communication bei GS1 Switzerland. Daneben ist sie Inhaberin des Ateliers Raumwelten Merino in Aarburg. Berufliche Erfahrungen sammelte sie unter anderem als Head of Customer & Market Intelligence beim Migros-Genossenschafts-Bund sowie Project Manager und Marketing Manager bei der Migrolino AG und Market Research Manager bei Mars. Petra Merino machte unter anderem einen Executive Master of Business Administration an der HWZ Zürich.