«20 minutes» und «Le Matin» legen Redaktionen zusammen

Tamedia - In der Westschweizer Presse kommt es zu einem erneuten Abbau: Die Redaktionen der beiden Tageszeitungen werden per Anfang 2018 zusammengelegt. Sechs Personen werden entlassen. Die Gewerkschaften zeigen sich schockiert.

Trotz der Zusammenlegung der Redaktionen von «20 minutes» und «Le Matin» werden beide Titel weitergeführt, wie das Verlagshaus Tamedia am Dienstag mitteilte. Beide Zeitungen würden ihre eigene Identität behalten. Die Redaktionen wurden am Dienstagmorgen informiert.

Die Zusammenlegung sei das Ergebnis einer mehrmonatigen, intensiven Projektarbeit der Chefredaktoren der beiden Westschweizer Titel. Philippe Favre von «20 minutes» und Grégoire Nappey von «Le Matin» werden die Chefredaktion der neuen Redaktion gemeinsam leiten. Sie wird unter dem Namen «Redaktion 20 minutes & Le Matin» dem Unternehmensbereich Werbung und Pendlermedien von Tamedia angegliedert.

«Le Matin» ist laut Tamedia seit 20 Jahren defizitär. Der Zusammenschluss schaffe die Basis für die Weiterführung und Weiterentwicklung von «Le Matin», heisst es in der Mitteilung. Heute zählten beiden Redaktionen etwas über hundert Journalisten, Fotografen, Layouter und Produzenten, sagte Patrick Matthey, Mediensprecher der Tamedia in der Westschweiz, auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.

Bereits gemeinsames Sport-Center

Auch die im Oktober 2016 lancierte Online-Abendausgabe «Le Matin du Soir» wird beibehalten. Die digitale Ausgabe ist kostenpflichtig und hat als Leserschaft vor allem Pendler im Visier. «Es gibt keine Änderungen für den Leser», sagte Patrick Matthey.

Bereits vor dem Zusammenschluss hatten sich die beiden Titel angenähert. In einer internen Agentur namens Sport-Center wurden bislang die Sportberichte für «Le Matin», «Le Matin Dimanche» und «20 minutes» produziert.

Gemäss Syndicom kein Sozialplan

Der Berufsverband Impressum kritisierte die erneute Restrukturierung in der Westschweiz. Unter den sechs entlassenen Personen befänden sich vier Journalisten. Die Gewerkschaften Impressum und Syndicom zeigten sich zudem schockiert über das Vorgehen des Verlagshauses. Die Kündigungen seien ohne vorherigen Dialog mit den Sozialpartnern ausgesprochen worden.

Auch die Redaktions-Koordination – die interne Gewerkschaft bei der Westschweizer Tamedia – sei nicht vorab informiert worden. Gemäss Syndicom gibt es für die sechs entlassenen Personen keinen Sozialplan. Tamedia sprach von «unterstützenden Massnahmen» für die betroffenen Mitarbeitenden, ohne weiteren Angaben zu machen.

Westschweizer Presse unter Druck

Die Gewerkschaften verwiesen zudem auf das Sparprogramm bei der Tamedia in der Westschweiz im vergangenen Jahr. Bei den Zeitungen «24 Heures» und «Tribune de Genève» kündigte Tamedia im September 2016 einen Stellenabbau an. Die Zahl von 24 Kündigungen konnte nach Verhandlungen, freiwilligen Abgängen und Pensensenkungen um die Hälfte reduziert werden (persoenlich.com berichtete).

Die Westschweizer Presse musste Anfang 2017 einen weiteren Schlag hinnehmen. Das Verlagshaus Ringier Axel Springer Schweiz stellte das Wochenmagazin «L’Hebdo» ein. Im gemeinsamen Newsroom von «L’Hebdo» und «Le Temps» sowie im Verlag wurden 37 Stellen abgebaut. Ehemalige Journalisten des «L’Hebdo» bauen seither das Online-Newsportal «Bon pour la tête» auf.

Auch in der Deutschschweiz befürchten die Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Der Bund» einen möglichen Abbau durch Tamedia. In der vergangenen Woche versammelten sich die Journalistinnen und Journalisten in Bern zu einem Risotto-Essen als Zeichen gegen eine allfällige Restrukturierung. (sda/cbe)