19.04.2023

Corona Leaks

Behörden übergaben Sonderermittler zu viele Mails

Statt für den Zeitraum von sechs Wochen hat das entsprechende Bundesamt Peter Marti den Mailverkehr von mehreren Jahren geschickt, wie Radio SRF berichtet. Für Peter Lauener, den ehemaligen Sprecher von Alain Berset, sind das wohl gute Nachrichten.
Corona Leaks: Behörden übergaben Sonderermittler zu viele Mails
Bundesrat Alain Berset (r.) mit seinem ehemaligen Kommunikationschef Peter Lauener (l.) in Bern. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)

Das zuständige Bundesamt hat Sonderermittler Peter Marti mehr E-Mails ausgehändigt als erlaubt. Diese dürfen nun im Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen Peter Lauener, dem ehemaligen Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, laut Rechtsexperten wohl nicht verwendet werden.

Darüber berichtete die SRF-Sendung «Rendez-vous» am Donnerstag mit Verweis auf eine Stellungnahme des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD). «Nach Einschätzung des Untersuchungsbeauftragten wäre eine Aussonderung der herausverlangten Elemente auf technischem oder allenfalls manuellem Weg datenschutzrechtlich nicht nur zulässig, sondern geboten gewesen», hiess es in der EFD-Stellungnahme, die Keystone-SDA vorliegt.

Das der EFD angegliederte Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) habe mit seiner Herausgabepraxis die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt, schrieb das EFD weiter. Anstelle der beantragten Mails für einen Zeitraum von sechs Wochen wurden dem Sonderermittler der Mailverkehr mehrerer Jahre ausgehändigt.

Zwangsmassnahmengericht entscheidet

Das Ergebnis der Untersuchung habe zur Folge, dass die widerrechtlich ausgehändigten E-Mails im Verfahren gegen Lauener wohl nicht verwendet werden dürfen, sagte Monika Simmler, Strafrechtsprofessorin an der Universität St. Gallen, gegenüber SRF.

Auch der auf Datenschutzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger ging davon aus, dass die Mails nun mit einer höheren Wahrscheinlichkeit vor Gericht nicht verwendet werden dürfen. «Wenn ich jetzt Verteidiger in diesem Fall wäre, würde ich sagen: Jackpot», so Steiger.

Für den Entscheid, ob die E-Mails verwendet werden dürfen, ist das Berner Zwangsmassnahmengericht zuständig.

EFD: Keine böse Absicht

Das EFD hat auf die Untersuchungsergebnisse bereits reagiert. Die Departementsvorsteherin Karin Keller-Sutter habe das BIT angewiesen, verschiedene Empfehlungen umzusetzen, hiess es in der Stellungnahme. Unter anderem werde vor der Herausgabe künftig «ein Vieraugenprinzip» vorgesehen. Ausserdem sei die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Umgang mit Editionsverfügungen zu prüfen.

Allerdings betonte das EFD, es seien keine Hinweise gefunden worden, dass die zuständigen Mitarbeitenden in schädigender Absicht handelten oder bewusst in Kauf nahmen, Vorschriften zu verletzen. «Vielmehr gingen sie von einer falschen Einschätzung der Rechts- und Sachlage aus.»

Crypto-Leaks-Verfahren eingestellt

Gegen Lauener läuft ein Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung. Ihm wird vorgeworfen, vertrauliche Informationen zur Pandemiebekämpfung an den Blick-Verlag Ringier wietergegben zu haben.

Sonderermittler Marti, der das Verfahren gegen Lauener leitet, beantragte Einsicht in die E-Mails im Zuge seiner Ermittlung zu Amtsgeheimnisverletzungen in der Crypto-Leaks-Affäre um manipulierte Chiffriergeräte. Bei seinen Untersuchungen stiess Marti dann aber auf noch weitere Informationslecks, insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Das Verfahren im Zusammenhang der Crypto-Leaks-Affäre hat Marti Ende März eingestellt. Es richtete sich unter anderem gegen Lauener und gegen Markus Seiler, Generalsekretär des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). (sda/wid)



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