03.07.2000

Hugo Bütler

"Bei uns gibt es nicht einen einzelnen als Verleger."

In der neuen Ausgabe von "persönlich", die am 6. Juli erscheint, lesen Sie das Interview mit dem NZZ-Chefredaktor und Geschäftsleitungsvorsitzenden Hugo Bütler. Bütler sagt, warum der Vorsitz der NZZ-Gruppe beim Chefredaktor liegt, welches die Hauptkonkurrenten der Neuen Zürcher Zeitung sind, was sein neuer Job als Präsident des Internationalen Presse-Instituts (IPI) beinhaltet und wie er journalistische Qualität definiert. Auf "persoenlich.com" lesen Sie heute einen Ausschnitt.

Die Geschäftsleitung der NZZ besteht gemäss Impressum aus drei Personen, doch wer ist eigentlich der Konzernleiter?

Die drei Geschäftsleitungsmitglieder tragen die Verantwortung gemeinsam. Weil die Priorität des Hauses aber in publizistischen Inhalten liegt, was bei der Gründung der AG im Jahr 1868 so definiert wurde, liegt der Vorsitz der Gruppe beim Chefredaktor, das ist historisch so verankert. Natürlich pflegen wir auch das produktive Streiten untereinander, bis wir uns zu einer gemeinsamen Meinung durchringen. Der Verwaltungsrat hat die wichtigen Entscheide unternehmerischer Art zu tragen. So gibt es bei uns nicht einen einzelnen als Verleger.

Sie sind eigentlich der Verleger?

Das würde ich nicht so darstellen, wir sind ja kein Familienunternehmen. Wenn man es genau analysiert, liegt die Verlegerverantwortung in der Gemeinschaft von Geschäfsleitung und Verwaltungsrat.

Die Festlegung der Führungssituation ist historisch verankert. Doch die Zeiten wandeln sich. Ist es noch zeitgemäss, wenn der Chefredaktor gleichzeitig der Konzernlenker ist?

Ob die Konstruktion zeitgemäss ist oder nicht, kann man lange diskutieren. Ich halte das für eine gute Konstruktion, nicht weil ich das Amt habe, ich fand sie auch in den 20 Jahren gut, in welchen ich hier einfach als Journalist arbeitete. Diese Einrichtung führt dazu, dass es in unserem Haus, im Unterschied zu anderen, keine schwerwiegenden Konflikte zwischen Verleger und Redaktion gibt. Ich bin quasi die chinesische Mauer im Haus, und mein Interesse liegt von der Aufgabe her in erster Linie in der Redaktion.

Wenn Sie gleichzeitig für das kommerzielle Vorankommen wie auch für die publizistischen Inhalte zuständig sind, fühlen Sie sich da nicht wie Faust: zwei Seelen schlagen ach in meiner Brust?

Ich glaube das ist ein wichtiger Punkt. Die Situation führt meiner Meinung nach dazu, dass wir in der Redaktion vielleicht noch ernsthafter überlegen, was wir überhaupt wollen. Es kommt vor, dass ich in meiner Doppelrolle der Redaktion die verlegerische Seite verständlich machen kann und umgekehrt. Natürlich kann es auch einmal vorkommen, dass ich einen Entscheid als Vorsitzender in der Geschäftsleitung durchsetzen muss, aber es kann nicht die übliche Methode sein, sondern man muss sich in der Geschäftsleitung per Diskussion einigen können.

Dass die Interessen von Verlag und Redaktion zuweilen divergieren können, liegt in der Natur der Sache. Wenn Sie beide Seiten ausfüllen, wozu brauchen Sie dann einen kaufmännischen Geschäftsführer, Marco de Stoppani?

Er hat als Verantwortlicher für Druck und Verlag eine sehr wichtige Rolle. Ich wäre auch zeitlich absolut nicht in der Lage, dem täglichen Geschäft so nachzugehen. Wir verständigen uns darüber, was wir machen oder wie wir etwas angehen möchten. Ausgeschlossen, dass ich das auch noch wahrnehmen könnte.

Wie aktiv ist der Verwaltungsrat, der ja zu einem der prestigeträchtigsten der Schweiz gehört?

Wir haben einen sehr aktiven Verwaltungsrat, der bis zu fünfmal im Jahr tagt. Wenn nötig, kann er auch für ad-hoc-Sitzungen zusammengerufen werden. Wir können also durchaus schnell handeln, wenn es sein muss. Wir haben immer darauf acht gegeben, dass im Verwaltungsrat unternehmerische und politische Erfahrung vorhanden ist. Diese ist mit Eric Honegger als neuem Präsidenten auch gegeben, der zwölf Jahre in der Politik war. Der Verwaltungsrat hat ein sehr gutes Verständnis für die besonderen Aspekte eines publizistischen Unternehmens, in dem es lange Investitionshorizonte, Konjunkturabhängigkeit im Inseratebereich und durch die Redaktion eine besondere publizistische Kultur gibt.

Während der frühere Präsident Ulrich Bremi sehr aktiv war, hat man von Herrn Honegger bei der NZZ noch nicht viel gehört, schliesslich engagiert er sich stark bei der SAir-Group, bei welcher er ebenfalls VR-Präsident ist.

Herr Honegger hat das Amt bei der NZZ vor einem Jahr angetreten. Er hat die Generalversammlung 2000 nach meiner Einschätzung sehr gut durchgeführt. Allmählich wird er wo nötig auch vermehrt gegen aussen auftreten.


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