03.11.2017

Schweizer Presserat

«Blick» hat die Privatsphäre verletzt

Rüge für Reportage über Demenzkranke: Für die Identifizierung hätte die Zustimmung der Betroffenen eingeholt werden müssen.
Schweizer Presserat: «Blick» hat die Privatsphäre verletzt
Die Zustimmung des Heimleiters reicht nicht, um die Privatsphäre ihm anvertrauter Personen aufzuheben. (Bild: Keystone/DPA/Daniel Karmann)

Der «Blick» hatte für die am 3. April erscheinende Reportage «Pflegeboom im Land des Lächelns - Lebensabend unter Palmen» verschiedene Bewohnerinnen und Bewohner des Heims in Thailand abgebildet und sie mit Namen, Herkunftsort und Alter identifiziert.

Dafür hatte er nur die Einwilligung des Heimleiters eingeholt, nicht aber jene der Betroffenen oder deren Vertreter, wie der Presserat in einer Mitteilung vom Freitag schreibt. Damit hätten «Blick» und blick.ch den Schutz der Privatsphäre und das Recht am eigenen Bild verletzt. Diese beiden Punkte stellten ein sehr hohes Rechtsgut dar.

Die pauschale Zustimmung eines Heimleiters genüge nicht, um die Privatsphäre einzelner, ihm anvertrauter Menschen aufzuheben, betont der Presserat in seiner Stellungnahme. Die Journalisten hätten die ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen oder bei Urteilsunfähigkeit dieser die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters einholen müssen.

Beschwert gegen die Berichterstattung hatte sich denn auch der Lebenspartner einer der abgebildeten Patientin. Seine demente Frau hätte aufgrund ihres mentalen Zustands eine Einwilligung gar nicht erteilen können, hatte er geltend gemacht. Der Bericht hätte genau so gut ohne Bilder und Angaben seiner Frau erfolgen können.

Der Mann hatte in seiner Beschwerde auch kritisiert, der «Blick» habe die Menschenwürde seiner Frau nicht respektiert, indem er ihre Krankendiagnose mit Fotos und persönlichen Angaben öffentlich gemacht habe. Dies trifft gemäss Presserat aber nicht zu, da im Artikel nicht explizit gesagt werde, die Frau sei krank oder dement. (sda/maw)



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