Blocher-Artikel erscheint in Gratis-Zeitungen

Swiss Regiomedia - Die 24 Gratiszeitungen des Verlags Swiss Regiomedia drucken einen Gastbeitrag ihres Besitzers Christoph Blocher. Die journalistische Unabhängigkeit sehen Verlag und Besitzer dadurch nicht gefährdet.

Vor rund einem Jahr übernahm Christoph Blocher den Zehnder-Verlag und seine 24 Gratis-Wochenzeitungen, welche rund 700'000 Schweizer Haushalten zugestellt wird (persoenlich.com berichtete). Damals versprach er, mit dem Kauf keine politischen Ziele zu verfolgen. Gleiches sagte auch der damalige CEO Rolf Bollmann im Interview mit persoenlich.com.

«Viel Heuchlerisches und Verlogenes»

Nun erscheint ein Artikel des alt-Bundesrats und SVP-Vordenkers in den Gratiszeitungen, die je nach Region am Mittwoch, Donnerstag oder Freitag erscheinen. Die Überschrift: «Nachlese zum 1. August». Blocher schildert im Artikel seine Gedanken zu verschiedenen Zeitungsbeiträgen zum Nationalfeiertag. «Viel Heuchlerisches und Verlogenes» sei da gesagt worden, schreibt der SVP-Doyen und meint weiter: «Statt fremde Richter abzulehnen wollen sich Augustredner so rasch wie möglich dem Urteil fremder Obrigkeiten beugen.»

Deutliche Worte findet Blocher für Aussagen des Literaturwissenschaftlers Peter von Matt im «SonntagsBlick», die er mit dem Sprichwort «Je gelehrter, desto verkehrter» kommentiert. Den Geschichtsprofessor Valentin Groebner, der im Tagi-Interview zu Wort kam, bezeichnet er als «Teil einer selbsternannten Elite», die Werte wie die schweizerische Unabhängigkeit und die direkte Demokratie beseitigt haben wollen. Die österreichische Botschafterin in Bern, Ursula Plassek, sei weiter in einem Interview mit dem wirtschaftsnahen Thinktank Avenir Suisse herausgefordert worden, «gegen die Schweiz zu dreckeln», schreibt Blocher.

 Zweiter Auftritt in denselben Zeitungen

Gedanken, in denen Blochers politische Standpunkte unmissverständlich durchscheinen. Der SVP-Stratege hat auf den Inserateseiten derselben Gratis-Wochenzeitungen einen weiteren Auftritt mit ähnlicher Thematik: Im Inserat des «Komitees Nein zum schleichenden EU-Beitritt» weibelt Blocher im Kurzinterview gegen den «Knechtschaftsvertrag EU-Rahmenabkommen» – und indirekt für die «Selbstbestimmungsinitiative», die im November zur Abstimmung kommt.

Swiss-Regiomedia-CEO Marcel Geissbühler sieht die redaktionelle Unabhängigkeit durch den Artikel nicht in Gefahr, wie er gegenüber «watson» sagt. Christoph Blocher habe den Text zur Publikation angeboten, er als Verleger habe sich dafür entschieden, den Beitrag als Teil des überregionalen Mantels zu drucken – wegen der Qualität des Texts. Er sieht darin nichts Ungewöhnliches: «Wir drucken immer wieder Gastbeiträge von externen Autoren ab», so Geissbühler zum Onlineportal. Die Redaktionen seien in der Gestaltung des regionalen Teils völlig frei.

Auch Blocher selbst sieht die redaktionelle Unabhängigkeit nicht tangiert. Seine Antwort gegenüber «watson»: «Glauben Sie, dass jedermann Kolumnen schreiben darf, mit Ausnahme des Eigentümers?» (maw)