Eric Gujer schiesst scharf gegen die SRG

Neue Zürcher Zeitung - Der NZZ-Chefredaktor hat in einem Kommentar zur No-Billag-Initiative Begriffe wie «Staatsmedien» und «Staatsfunk» benutzt. Damit löste er auf Twitter heftige Reaktionen aus.

Die SRG würde heute nicht mehr erfunden werden, so NZZ-Chefredaktor Eric Gujer am Samstag im Frontartikel mit dem Titel «Die Schweiz braucht keine Staatsmedien». «Sie ist das Kind einer Zeit, in der Hitler und Stalin die neue Radiotechnik nutzten, um ihre Propaganda zu verbreiten, und ein demokratischer Staat wie die Schweiz mit dem Konzept der geistigen Landesverteidigung antwortete.» Die SRG wolle so bleiben, wie sie ist. «Sie ist der einzige Dinosaurier, der jeden Tag verkündet, die Evolution gebe es nicht. Sie will uns einreden, Dinosaurier lebten ewig und kleine, flinke Säugetiere hätten nie eine Chance», schrieb Gujer weiter.

Linke und Medienministerin Doris Leuthard würden die Kontrolle über die privaten Medien anstreben. «Es droht daher eine Staatsmedienlandschaft mit einer übermächtigen SRG und privaten Trabanten.» Und weiter: «Es braucht keinen Staatsfunk, um in jedem Haushalt die ‹richtige› Nachrichtenquelle sicherzustellen.» Streaming-Dienste wie Netflix würden hochwertige Inhalte produzieren, «bei denen ein behäbiger Staatssender nicht mithalten kann.»

Gujers Kommentar erntete vereinzelt Applaus, so zum Beispiel von «Weltwoche»-Redaktor Florian Schwab, der zu den Initianten der No-Billag-Initiative gehört:


Ein Grossteil der Twitterer stellte sich jedoch gegen Gujers Kommentar. So zeigt sich Dominique Eigenmann, Korrespondent des «Tages-Anzeigers» in Berlin, «schockiert»:


Der ehemalige «Watson»-Chefredaktor Hansi Voigt findet, dass Gujer Wort für Wort den Beweis liefere, «weshalb wir die Zukunft des Journalismus von der Zukunft der bisherigen Verlagshäuser trennen müssen»:


Auch Viktor Giacobbo schaltete sich in die Diskussion ein:


Peter Stämpfli, Direktor von Fokus Bern, twitterte, dass sich Gujer mit seinem Kommentar als einer entlarve, dem rechteste Propaganda geläufig sei:


Medienwissenschaftler Matthias Zehnder griff seinerseits in die Tasten und liefert eine ausführliche Replik auf Gujers Kommentar:


Übrigens, die SRG hält selber fest, dass sie häufig als «Staatsradio» oder «Staatsfernsehen» bezeichnet werde. Zu Unrecht, heisst es. «Die SRG ist ein nach aktienrechtlichen Prinzipien geführter privater Verein mit besonderem gesellschaftlichem Auftrag (Konzession), der zur Erfüllung dieses Auftrags ein Medienunternehmen betreibt», heisst es auf der SRG-Website. (cbe)


Eine Replik zu vier Punkten aus Gujers Kommentar liefert Politikberater Mark Balsiger in einem Blogbeitrag auf persoenlich.com.