16.07.2024

SRF

«In Italien bin ich in einen Frauen-Polterabend geraten»

Mit nur 100 Euro in der Tasche reist Jan Fitze in der neuen dreiteiligen SRF-Sommerserie aus der Ferne zurück in die Schweiz. Der Moderator über das Konzept der Sendung, seine Sprachkenntnisse und sein absolutes Highlight seiner Reisen.
SRF: «In Italien bin ich in einen Frauen-Polterabend geraten»
Trampte aus Frankreich, Italien und Dänemark zurück in die Schweiz: SRF-Moderator Jan Fitze. (Bild: SRF/Lukas Zumstein)

Jan Fitze, auf sich allein gestellt mit nur 100 Euro in der Tasche und ohne Handy aus der Ferne innert einer Woche heimreisen, klingt nach einer Bieridee oder einer Juxwette. Von wem stammt das Konzept zu «Einfach Retour»?
Die Idee geisterte schon lang im Kopf meines Kollegen Lukas Zumstein rum, der mich mit der Kamera auf der Reise begleitet hat. Und er wusste, dass ich ein einfaches Opfer bin, um mich auf so etwas einzulassen. So ergab das eine das andere. Lustigerweise hat er seine Idee dann aber schon weit vor mir verflucht, als wir gemerkt haben, wie lange und intensiv die Tage auf so einer Reise werden können. 

Wurde das Format von Anfang an für Sie und mit Ihnen entwickelt?
Ich war bei den allerersten Sitzungen dabei. Bei der Feinplanung hatte ich dann aber Zutrittsverbot. Ich durfte ja nicht wissen, wohin es geht. Viel zu planen gab es aber nicht. Wir haben uns zu 100 Prozent darauf verlassen, dass uns der Zufall hilft. Im Nachhinein lässt sich sagen: Er war kein schlechter Regisseur. 

Haben Sie privat auch schon mal getrampt oder war das eine komplett neue Erfahrung?
Ich mag mich daran erinnern, dass wir in meiner Kindheit einmal mit der ganzen Familie Autostopp gemacht haben. Mein Vater hatte bei einer Wanderung im Bündnerland die Distanzen schöngeredet (wie sehr oft). Ziemlich entkräftet hat uns dann ein Bergbauer mit seinem Vehikel mit ins Tal genommen. 

In der ersten Folge werden Sie an einem einsamen Strand in der Normandie «ausgesetzt». Wie sind Sie dorthin gekommen? Die ganze Zeit mit verbundenen Augen, wie man Sie in einer der ersten Einstellungen sieht?
Ich wurde jeweils am Anreisetag an den Bahnhof oder Flughafen in Zürich bestellt, ohne weitere Informationen. Von dort aus ging es dann nach Paris, Kopenhagen oder Florenz. Die grobe Richtung kannte ich ab diesem Moment folglich zwangsläufig. Für die Weiterreise im Zielland wurden mir dann aber tatsächlich die Augen verbunden, damit ich nicht mehr wusste, wo ich bin. 

Sie sind aus Frankreich, aus Italien und aus Dänemark zurück in die Schweiz getrampt. Welcher Trip verlief am reibungslosesten?
Am schnellsten zu Hause waren wir interessanterweise bei der längsten Reise von Dänemark, 1200 Kilometer zurück, nach Zürich. Das Wetter war so schlecht, dass ich auf direktestem Weg heim wollte. Obwohl: Ein bisschen Zeit für Sightseeing blieb trotzdem. Meine Mitfahrgelegenheit, ein Grenzschutzmobil aus den 50er-Jahren, fuhr maximal 70 km/h und wir mussten an gefühlt jeder zweiten Raststätte einen Ölwechsel machen. 

«Ich versuche mir in jedem Land, in dem ich bin, die zehn wichtigsten Wörter beizubringen. Das ist ein wunderbarer Eisbrecher»

Für einen Ostschweizer können Sie sich erstaunlich gut auf Französisch verständigen und sogar Spanisch hört man Sie einmal fliessend sprechen. Woher kommt Ihre Sprachgewandtheit?
Da wir in der Ostschweiz den schönsten Dialekt sprechen, fällt uns das Lernen neuer wohlklingender Sprachen vielleicht etwas einfacher. Mein Französisch ist aber ehrlicherweise eine ziemliche Holperpiste. Spanisch habe ich an der Kantonsschule in Romanshorn gelernt. Und ansonsten versuche ich mir in jedem Land, in dem ich bin, die zehn wichtigsten Wörter beizubringen. Das ist ein wunderbarer Eisbrecher. 

Als Zeitvertreib – Sie waren ohne Handy unterwegs – hatten Sie Malkasten und Leinwand dabei. Ist das ein Hobby, das Sie auch sonst pflegen?
Vor meinen Reisen schaute ich mir einen Film über zwei Kunsthandwerker an, die ohne Geld um die Welt gereist sind und mit irgendwelchen Basteleien Geld gemacht haben. Das hat mich inspiriert. In Anbetracht meiner künstlerischen Fähigkeiten bin ich dann auf meiner Reise aber bei «Malen nach Zahlen» gelandet. 

Sie waren zusammen mit Kameramann Lukas Zumstein unterwegs, der auch ein, zwei Mal zu sehen ist. Waren die Dreharbeiten für Sie eher ein Trip zu zweit oder doch das Abenteuer alleine?
Lukas durfte zwar am Abend in ein Hotel, allerdings auch erst, wenn ich irgendwo versorgt war. Den Rest des Tages war er meinen Ideen und dem Schicksal ausgeliefert. Ich denke, es gibt ganz wenige, die das mitgemacht hätten und dabei auch noch die entsprechende filmische Qualität abliefern. Deshalb war es definitiv ein Trip zu zweit!

Welche Situation möchten Sie so nie mehr erleben?
Als ich bei Starkregen nachts um halb zwei Uhr durch einen zwielichtigen Park in Hamburg geirrt bin, auf der Suche nach einem Platz für mein Zelt, habe ich mich definitiv gefragt, was ich hier genau mache. 

Was war das absolute Highlight der drei Reisen?
In Italien bin ich in einen Frauen-Polterabend geraten, der in einer Bar im Piemont geendet hat, wo ich neben dem Tresen übernachten durfte. Als mir der Barbesitzer um Mitternacht die Schüssel seines Fiat Pandas in die Hand gedrückt hat, mit dem Vermerk, ich solle am nächsten Morgen damit nach Turin fahren, er hole das Auto dann am Abend wieder ab, habe ich gedacht: «Besser kann's nicht mehr werden!»

«Hilfsbereite Menschen findest du in jedem Land. Man muss nur mit den Leuten sprechen»

Hatten Sie einen Plan B für den Fall, dass einmal gar nichts mehr funktioniert?
Einen wirklichen Plan B gab es nicht. Ich habe aber früh realisiert: Hilfsbereite Menschen findest du in jedem Land. Man muss nur mit den Leuten sprechen. Und wenn gar nichts mehr geht, schreibst du etwas auf ein Schild, streckst es in die Höhe, lächelst möglichst unverkrampft und hoffst auf den Zufall. 

Nach «Fitze übernimmt» ist «Einfach Retour» Ihre zweite «eigene» Sendung. Ist Ihr Platz nun definitiv vor der Kamera nach Jahren als Redaktor im Hintergrund?
Ich arbeite immer noch hinter den Kulissen mit. Hauptsächlich bin ich nun aber tatsächlich vor der Kamera im Einsatz. Ich muss sagen, es macht unglaublich Spass, weil ich mit extrem tollen Teams so viel echtes Leben erleben darf. Und was ich so als Resonanz auf der Strasse mitbekomme, scheinen wir mit unseren Sendungen einen Nerv zu treffen. So darf es weitergehen. Auch wenn ich von meinen Reisen weiss, dass man nie genau weiss, wo man landen wird. 

 


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KOMMENTARE

Isabelle Capt
19.07.2024 21:03 Uhr
Ich finde die Sendung toll und freue mich auf die nächste Stafel.
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