Kleinverlage gründen eigenen Verlegerverband

Verband Medien mit Zukunft - Weil der Verband Schweizer Medien ihre Interessen nicht vertritt, spannen «Republik», WOZ, «Tageswoche» oder «Bon pour la tête» zusammen. 15 Mitglieder zählte die Versammlung am Montag. Präsident ist Simon Jacoby von Tsüri.ch. Auch Hansi Voigt sitzt im Vorstand.

von Michèle Widmer

Hansi Voigt hatte es letzte Woche im Interview mit persoenlich.com bereits angedeutet. «In der zu führenden Mediendebatte braucht es eine ganz neue Stimme und Vertretung. Eine, die sich dem Inhalt und dem demokratierelevanten Journalismus verpflichtet», sagte der frühere «Watson»-Chefredaktor.

Nun macht Voigt, der gerade mit Olaf Kunz die Open-Source-Plattform «Wepublish» lanciert hat, ernst und gründet zusammen mit unabhängigen Verlagen einen Verlegerverband, den «Verband Medien mit Zukunft», wie er laut Medienmitteilung offiziell heisst. Es sei der Zusammenschluss von journalistischen Herausgebern, Verlegern und Publizisten im Sinne eines vielfältigen journalistischen Wettbewerbs und einer lebendigen Medienlandschaft, heisst es darin weiter.

Tsüri.ch stellt Präsidenten

Zu den Gründungsmitgliedern zählen insgesamt 15 unabhängige Journalistinnen und Journalisten aus der Schweiz. Präsidiert wird der Verband laut Mitteilung von Tsüri.ch-Chefredaktor Simon Jaboby. Im Vorstand sitzen des weiteren Hansi Voigt (MMV online AG/Zentralplus), Olaf Kunz (Wepublish), Camille Roseau (WOZ), Gabriel Brönnimann (Tageswoche), Susanne Sugimoto (Republik), Patrick Vallélian (Sept.info) sowie Chantal Tauxe (Bon pour la tête).

Danebst zum Gründerteam gehören Urs Thalmann (Berufsverband Impressum), Philipp Stuber (Saiten), Frédéric Gonseth (Medias pour tous /in Abwesenheit), Gérald Morin (Culture en jeu), Alexandra Stark (Media Forti), Camille Roseau (Infolink/WOZ) sowie Urs P. Gasche (Infosperber/in Abwesenheit).

Mitglieder, die selbst publizistisch tätig sind, verpflichten sich mit der Aufnahme, publizistische Normen und allgemein anerkannte journalistische Grundregeln einzuhalten und durchzusetzen. Das gilt namentlich für die Erklärungen und Richtlinien des Schweizer Presserates.

Durch VSM nicht vertreten

«Wir fühlen uns durch den Verband Schweizer Medien (VSM) nicht vertreten», sagt Präsident Simon Jacoby auf Anfrage von persoenlich.com. Gerade im Hinblick auf die anstehenden politischen Debatte um den Service public bräuchten Medien, die an den Journalismus glauben, eine Stimme.

Zweck des Vereins ist es laut Statuten «unabhängigen Journalismus und den Aufbau neuer unabhängiger Medienmarken in der Schweiz zu fördern» und sich als «Stimme für den Journalismus in die medienpolitische Debatte» einzubringen. Zudem – und hier kommt Voigts «Wepublish» ins Spiel – setze sich der Verband für «den Aufbau einer offenen publizistischen Infrastruktur ein».

«Wie genau die Zusammenarbeit mit «Wepublish» aussehen werde, sei am Montag noch nicht diskutiert worden», sagt Jacoby dazu. Olaf Kunz würde die Interessen der Open-Source-Plattform im Vorstand vertreten.

Mitgliederbeitrag von mindestens 500 Franken

Um das Ganze professionell aufzugleisen steht nun als erstes der Aufbau einer Geschäftstelle an. Jacoby rechnet mit einer 20- bis 40-Prozent-Stelle, die dafür besetzt werden muss.

Die Finanzierung wird für den frischgegründeten Verband grundsätzlich wohl schwierig, da finanzstarke Mitglieder bisher fehlen. Laut Jacoby zahlen alle einen Jahresbeitrag von mindestens 500 Franken. Dieser Betrag sei für Tsüri.ch tragbar, die grösseren Mitglieder wie WOZ und Republik würde wohl einen höheren Beitrag leisten. Zudem mache sich der Verband jetzt auf die Suche nach weiteren Gönnern.