No-Billag-Initiative gefährdet Tour de Suisse

SRG - Wird am 4. März 2018 die Vorlage angenommen, stehen 13'500 Vollzeitstellen bei der SRG, den Privaten und sogar in anderen Branchen auf dem Spiel. Auch der Profisport würde empfindlich leiden. Ein Kommentar.

von Christian Beck

SRG-Generaldirektor Gilles Marchand wählt zur No-Billag-Initiative jeweils deutliche Worte: «Es geht nicht um die Frage Gebühren ja oder nein, sondern um die Frage SRG ja oder nein.» Würde die Initiative angenommen und hätte Marchand mit seiner Prognose recht, dass die SRG die Lichter löschen müsste, dann käme es knüppeldick.

Und davon ist auszugehen, sagt doch auch SRG-Sprecher Edi Estermann in der «NZZ am Sonntag»: «Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es nicht möglich, die Rentabilität einer nicht gebührenfinanzierten SRG nachhaltig sicherzustellen. Eine Liquidation ist gemäss dem Schweizerischen Obligationenrecht die logische Konsequenz.» Gemäss Initiativtext würden die erforderlichen Ausführungsbestimmungen auf den 1. Januar 2019 in Kraft treten.

13'500 direkte und indirekte Vollzeitstellen

Rund 5900 Vollzeitstellen bietet die SRG an, die konzessionierten Lokalradio- und TV-Sender mit Gebührenanteil knapp 900 Vollzeitstellen. All diese Stellen sind bei einer Annahme der Initiative gefährdet. «Die Annahme bedeutet nicht nur das Aus für die SRG, sondern auch für alle privaten Fernsehsender sowie für viele private Radiostationen», sagte Joachim Freiberg, CEO von Tele 1 und Radio Pilatus, zu persoenlich.com.

Aber nicht nur das. Pro Arbeitsplatz bei der SRG und anderen konzessionierten Veranstaltern gibt es nochmals einen weiteren Schweizer Arbeitsplatz. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft zur Initiative schreibt, generiert der Service public in anderen Branchen, also beispielsweise Filmproduktionstudios und anderen Zulieferern der SRG, weitere rund 6700 Vollzeitstellen. Macht 13'500 Vollzeitstellen, oder zehntausende potenzielle neue «Kunden» fürs RAV. Damit aber noch nicht genug.

Tiefer einstelliger Refinanzierungsgrad

Schauen wir auf den Sport und nehmen einfach mal eine Tour de Suisse als Fallbeispiel. Mag auf den ersten Blick wenig mit der No-Billag-Initiative zu tun haben. Hat es aber doch. «Sport ist aufwendig und komplex in der Produktion. Durchschnittlich decken kommerzielle Einnahmen wie Werbung oder Sponsoring nur 13,1 Prozent der Vollkosten für Rechte, Produktion und Umsetzung ab», sagt Philippe Fischer, Fachleiter Marketing/Kommunikation bei der Business Unit Sport der SRG, auf Anfrage. In diesen durchschnittlich 13,1 Prozent sind aber alle von der SRG übertragenen Sportevents mitgerechnet, also auch eine Champions League. Schweizer Produktionen dürften unter diesem Wert liegen. Es ist davon auszugehen, dass die Tour de Suisse alleine betrachtet einen deutlich tieferen Refinanzierungsgrad hat.

An der Tour de Suisse 2017 standen im Zielgelände vier fest installierte Kameras. Zwei Helikopter mit stabilisierten Kameras und vier Motorradkameras fingen das Renngeschehen ein. Die Ton- und Bildsignale gelangten über einen Helikopter und ein Flugzeug auf 8000 Metern Höhe zum Übertragungswagen im Zielgelände und von dort weiter zu SRF, RTS, RSI und in die Welt hinaus. So was kostet.

Kein privates Medienhaus würde eine solche teure Sportproduktion finanzieren wollen oder können. Es ist schlicht nicht rentabel. Die Folge: Sponsoren springen ganz ab, weil sie am Fernsehen nicht mehr gesehen werden. Ohne Sponsoren kann der Profiradsport vermutlich aber nicht überleben. Auch die Velofahrer müssten zum RAV. Dasselbe Schicksal würde andere Sportarten ebenfalls treffen.