01.09.2019

Login-Allianz

Nur «Watson» will nicht mitmachen

Bereits im Spätherbst wollen die Verlage mit dem gemeinsamen Login-Projekt starten. Einzig das Newsportal watson.ch verweigert die Teilnahme. Das sorgt für Ärger.
Login-Allianz: Nur «Watson» will nicht mitmachen
Eine «Watson»-Redaktorin bei der Arbeit. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)
von Matthias Ackeret

Es war die Sensation des Medienkongresses vor einem Jahr: die wegen Admeira zerstrittenen Verlagshäuser Ringier und Tamedia verkündeten auf einem Vierwaldstätterseeschiff die Gründung einer gemeinsamen Login-Allianz zusammen mit den anderen Medienhäusern CH Media, NZZ und SRG. Letztere setzen aber beim Login auf das Prinzip der Freiwilligkeit und verfolgen damit auch keine kommerziellen Ziele.

Gestartet werden soll mit dem ambitionierten Projekt im Spätherbst dieses Jahres. Dieses Login helfe die persönliche Beziehung zum Nutzer aufzubauen, so Patrick Rademacher, Projektleiter bei Ringier. Knapp 30 Titel aus der Allianz wollen schon bald proaktiv auf deren Relevanz und auch Vorteile hinweisen. Neu müssen sich die User registrieren, um an die Gratisinhalte zu kommen. Aber in einer ersten Phase ist dies noch freiwillig. Aber dieser Registrierungsprozess soll einfach und auch nutzerfreundlich sein, so Patrick Rademacher. 

 «Mit Verständnis und auch Bedauern reagiert»

Doch nun ist der Burgfrieden arg gestört. Diesen Freitag wurde offiziell bekannt, dass sich watson.ch, das sich im Familienbesitz von Peter Wanner befindet, an der ganzen Initiative, die in wenigen Wochen starten soll, nicht beteiligen werde. Für Geschäftsführer Michael Wanner liegen die Gründe auf der Hand: «Wir haben die Marke «Watson» bewusst rein digital lanciert, was das implizite Versprechen Content is Free mit sich bringt. Dieses zu brechen – und sei es auch nur bezüglich Zugang – würden unsere User nicht verstehen und der «Watson»-DNA widersprechen. Zudem sind wir nach wie vor im Aufbau und wollen unser aktuell starkes Wachstum nicht gefährden.»

Wanner betont, dass er damit keine Versprechungen oder Abmachungen verletzt habe. Brisant ist dieser Entscheid aber, da sich die AZ Medien von Peter Wanner zusammen mit der NZZ zu CH Media zusammengeschlossen haben. Michael Wanner betont aber, dass «Watson» nicht CH Media angehöre, weswegen auch kein Interessenkonflikt bestehe.

 «Akt von Opportunismus und Unsolidarität»

Ganz anders tönt es bei den Mitbewerbern. Für Marc Walder ist dieser Entscheid unverständlich, wie er gegenüber persoenlich.com erklärt: «Es handelt sich hier um eine für den Medienstandort Schweiz fundamental wichtige Initiative. Alle haben sich zusammengerauft – und ziehen nun, wunderbar, am gleichen Strick. Ausser Watson. Das ist ein einigermassen beispielloser Akt von Opportunismus und Unsolidarität.»

Ähnlich tönt es bei Tamedia. «Die grossen Schweizer Medienhäuser Ringier, SRG, NZZ/CH Media und Tamedia, haben sich zu dieser Digital-Allianz zusammengeschlossen, weil alle überzeugt sind, dass wir den Medienstandort Schweiz nur gemeinsam nachhaltig stärken können. Dass «Watson» als einziges Medium in dieser Runde nicht mitmachen will, ist nicht nachvollziehbar und in Anbetracht der Teilnahme von CH Media höchst inkonsequent. Ich hoffe, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde», sagt CEO Christoph Tonini. Es ist klar: für die beteiligten Verlage ist die Login-Allianz auch ein Prestigeprojekt und ein Zeichen einer vertieften Zusammenarbeit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. 

Immer noch im Aufbau 

Michael Wanner mag den Ärger seiner Mitbewerber nicht ganz nachvollziehen. Es gäbe Gründe bei diesem Projekt beizutreten, aber auch solche dagegen, meinte er gegenüber persoenlich.com. Im Gegensatz zu den älteren Newsdiensten 20 Minuten online der Blick.ch wachse bei seinem Dienst im Inland die Userzahl immer noch. Durch eine Registrierungspflicht würde diese gehemmt.

Obwohl die anderen Verlage immer noch auf ein Einschwenken von «Watson» hoffen, macht Wanner wenig Hoffnung. Man werde in nächster Zeit nicht auf diesen Entscheid zurückkommen. Im Ausland – so hört man aus Verlegerkreisen – habe sich diese Login-Allianz bewährt. 



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Kommentare

  • Robert Penzinger, 03.09.2019 08:33 Uhr
    Bei einer gedruckten Zeitung ist es allein meine Sache, ob ich sie lese oder mir lediglich den Hintern damit auswische. Warum soll ich im digitalen Bereich vor den Verlegern die Hose runterlassen? Da lobe ich mir "Watson" für die Wahrung meiner Privatsphäre.
  • Christian Rentsch , 01.09.2019 00:30 Uhr
    Was ist eigentlich, wenn ich gar nicht will, dass irgendwelche Zeitungen "eine Beziehung" zu mir Nutzer aufbauen, weil ich zwar eine Zeitung lesen, aber nicht von einer Zeitung belästigt werden will? Kann ich dann auch Niet sagen, wenn die besagten Häuser ihre Login-Allianz fertig gezimmert haben?
  • Daniel Huber, 31.08.2019 17:26 Uhr
    Wie ist es bei www.zentralplus.ch? Sied die auch dabei?
  • Oli Kunzler, 31.08.2019 14:57 Uhr
    Oli Kunzler, 31.08.2019 12:11 Uhr Korrektur: Die Positionen beider Seiten sind nachvollziehbar: Gemäss verschiedenen Experten lässt sich das Phänomen der mangelnden Zahlungsbereitschaft, sowie die Existenz kostenloser und frei zugänglicher Inhalte im Internet aufgrund der ökonomischen Charakteristika des Marktes erklären. Hierzu zählen die Mehrseitigkeit- und die Struktur des Marktes sowie die Preiselastizität der Nachfrage. Letztere ist zwischen Internet-News-Plattformen in aller Regel extrem hoch. In theoretischer Hinsicht lässt sich das „keiner will sich registrieren-" und keiner bezahlen-"Phänomen auf zwei ökonomische Konzepte zurückführen: Horizontale Nachfragekurve und Kreuz-Preis Elastizität der Nachfrage. Wird somit der Preis eines bislang kostenlosen News-Portals auf eine Geldeinheit angehoben, ist die Nachfrage schlagartig gleich Null, dasselbe gilt theoretisch für die Errichtung einer Subscription-Wall. Verstärkend wirken können jene Gesetze, wenn die Vergleichbarkeit der bereitgestellten Inhalten und das Versprechen der Marken hoch ist etc. In spieltheoretischer Betrachtung befinden sich alle ansässigen Unternehmen in einem Dilemma: Jene Vertreter, die den ersten Schritt in Richtung Subscription-Wall / Pay-Wall wagen, müssen mit grossen Reichweiteverlusten rechnen. Nur wenn alle Verlage ihnen sofort folgen, bspw. formatiert als "Kartell", könnte ein entsprechendes Vorhaben gelingen. Folgen einzelne Vertreter, wie hier Watson, dem formatierten Vorgehen der Initianten nicht, verlieren diese überproportional, resp. gewinnt Watson massiv. Es bleibt aber auch zu sagen, dass es neben Watson noch viele andere freie Zugänge zu vergleichbaren Inhalten und Marken gibt, v.a. ausserhalb der Schweiz. Zudem ist denkbar, dass sich auch neue, subscription-freie Player in den Markt drängen. 

Solange in der Schweiz kein verstärktes Leistungsschutzrecht besteht und News durch Angabe von Quellenangabe einfach umgeschrieben und kopiert werden können und solange der Verband über keine verbindlichen Rechtsgrundlagen verfügt, dürfte das Vorhaben "ein steiniger Weg" bleiben. Von der SRG ist darüber hinaus ein barriere-freier Zugang (z.B. mit Rücksicht auf Sehbehinderte) im Rahmen des Registrierungsprozesses zu hoffen. Allg. ist auf Vielfalt und Vielfältigkeit zu hoffen. Das ist meine persönliche Meinung.
  • Severin Lüdi, 31.08.2019 11:45 Uhr
    Wie sieht es bei nau.ch aus? Machen sie mit?
  • Stefan Halter, 31.08.2019 10:53 Uhr
    Folgenden Vorschlag als Deal & Abmachung an die Login-Partner und an Wanner & Co. Watson tritt nicht bei. Ist OK. Akzeptiert. Kein Groll. No problem! Wenn die Digital-Umsätze von Watson wegen fehlenden Userdaten in den kommenden Jahren einbrechen, ist das dann halt so. Wenn Werbekunden kein Geld (mehr) aus dem Fenster werfen wollen bei Watson da User-Targetings fehlen (welche die Mitbewerber anbieten) ist das dann halt so. Wenn Watson dann mit dieser für Watson neuen Erkenntnis bei der Login-Allianz doch noch mitmachen will, geht das dann halt auch nicht mehr. Es heisst dann ohne Groll „Nein.“ Das ist der Deal. Fair oder!?
  • Jean Müller, 31.08.2019 10:44 Uhr
    Und was ist mit “Nau”...?
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