Provokationen, Pointen und Publikumsfragen

SRF - Nach der «Hallo SRF!»-Fernsehpremiere vor einem Jahr stand SRF-Direktor Ruedi Matter am Mittwochabend erneut Red und Antwort. Neu dauerte die Sendung 90 Minuten und Sketches sorgten für Lacher. Auch SRG-Kritiker waren für kontroverse Rededuelle geladen – so zumindest der Plan.

von Christian Beck

Nach der TV-Premiere vor einem Jahr und anschliessenden Abstechern ins Radio sowie ausserhalb der Studios direkt «bi de Lüt», kehrte die Sendung «Hallo SRF!» am Mittwochabend an den Bildschirm zurück. 300 Zuschauer sassen im Fernsehstudio und SRF-Direktor Ruedi Matter stellte sich den Fragen. Durch die Sendung führte erneut «Arena»-Moderator Jonas Projer, welcher dem Publikum versprach: «Er ist zwar mein Chef, aber ich stehe auf Ihrer Seite». «Hallo SRF!» erlebte bei der zweiten Auflage einige Neuerungen:

Doppelt so lange Live-Sendung

Die letztjährige Premiere dauerte am Fernsehen 45 Minuten – danach wurde die Sendung im Internet-Livestream um weitere 45 Minuten weitergeführt. In der Neuauflage ist nun auch die TV-Sendezeit auf 90 Minuten verdoppelt worden, zeitgleich wurde «Hallo SRF!» auf Radio SRF 1 und srf.ch übertragen.

Nicht nur SRF-Direktor Ruedi Matter beantwortete geduldig die Publikumsfragen, auch zwölf Moderatoren und GL-Mitglieder standen am Telefon zur Verfügung. Auch hier gab es eine Neuerung gegenüber dem Vorjahr: Der damals vom Studiopublikum kritisierte Gesprächslärm wurde nun durch Plexiglasscheiben abgeschirmt.

Die Sendung war klar strukturiert und nach Themen sortiert (Sport, News, Radio et cetera). Zusätzliche Elemente sorgten für Auflockerung, so dass die 90 Minuten Sendezeit durchaus ihre Berechtigung hatten. So wurde aus dem letztjährigen reinen Frage-Antwort-Format eine ausgewachsene Unterhaltungssendung.

Verhaltenes erstes Rededuell mit Olivier Kessler

Diesmal wurden laut Jonas Projer «die härtesten Gegner» in die Sendung eingeladen für zwei Rededuelle mit Ruedi Matter. Der Initiant der No-Billag-Initiative, Olivier Kessler, machte den Anfang.

Er verspielte sein erstes Redezeit-Drittel mit einer langatmigen Einleitung, bevor er dann provokativ fragte: «Wieso nennt sich das SRF eigentlich Free-TV, wenn man ja doch Gebühren bezahlen muss? Das ist doch Etiketten-Schwindel.» Matter antwortete ruhig: «Das ist kein Etiketten-Schwindel, sondern ein Begriff aus dem TV-Genre. Das SRF erfüllt einen von der Politik erteilten Auftrag. Eins ist klar: Ohne Billag gäbe es kein SRF mehr.» Zum Schluss des Duells lief Matter die Zeit ab und Kessler hatte weitere 40 Sekunden Zeit, um für seine Initiative Werbung zu machen – Matter musste schweigen.

Hitzigeres zweites Rededuell mit Markus Gilli

«Der bekannteste Politmoderator vom Privatfernsehen», so wurde Markus Gilli, Chefredaktor TV-Senderfamilie der AZ Medien, von Projer angekündigt. In gewohnt bildhafter Sprache legte Gilli los. Der Blick hinter die Kulissen sei interessant – dorthin, wo 95 Prozent der Gebühren hinfliessen und beispielsweise eine Dame nur dafür zuständig sei, «mit dem Kleiderroller die Fusseln von den Kleidern wegzurollen. Ich sehe, da ist alles ganz genau organisiert».

Und dann kritisierte er «eines der grössten Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit», nämlich die US-Wahlen: «Die Berichterstattung diente bestenfalls zum Sketch bei ‹Giacobbo/Müller›. Ist das SRF noch ein Leitmedium?». Matter bejahte und verteidigte die Berichterstattung. Gilli legte einen Gang zu und sagte, dem SRF fehle es trotz viel Geld an Top-Cracks. Matter gelassen: «Diverse unserer Journalisten wurden für die Auszeichnung zum Journalisten des Jahres vorgeschlagen.»

Der «SonnTalk»-Moderator gab sich weiter angriffslustig: «Das Studiopublikum ist besser als das Programm von SRF.» Schliesslich aber verrannte er sich in einem Monolog und die drei Minuten Redezeit reichten überhaupt nicht aus. Ruedi Matter verzichtete am Schluss gar auf seine verbliebenen anderthalb Minuten zugunsten von weiteren Publikumsfragen. Als Gilli diese Restzeit «erben» wollte («Ich bezahle schliesslich jedes Jahr 400 Franken Gebührengelder»), griff Jonas Projer ein.

Aufgelockert mit selbstironischen Sketches

Nebst den beiden Rededuellen lockerten fünf Einspieler die Sendung auf. Und diese waren allesamt nicht ganz ernst gemeint, wie folgendes Beispiel über die Themenauswahl bei News-Sendungen zeigt:

Über Humor lässt sich bekanntlich streiten. Und so kamen die Comedy-Einspieler beim Twitter-Publikum unterschiedlich gut an:


Die Sketches aus der Feder von Domenico Blass, Comedy-Chef bei «Giacobbo/Müller» und Radio SRF 3, sorgten sicherlich für eine willkommene Abwechslung zu den teils verbissenen Fragen seitens des grösstenteils älteren Studiopublikums. Und auch Moderator Projer konnte einige scherzhafte Bemerkungen nicht verkneifen («Das SRF ist ein linker Haufen»).

Alles in allem hat «Hallo SRF!» im Vergleich zur Premiere deutlich an Format zugelegt – und darf durchaus fortgeführt werden. Aller guten Dinge sind schliesslich drei.