Zeitgleich zum Anstoss des WM-Spiels der Schweizer Nationalmannschaft gegen Schweden um 16 Uhr legten am Dienstagnachmittag mehrere Dutzend Journalistinnen und Journalisten auf den Westschweizer Redaktionen von Tamedia die Arbeit nieder.
Eine Redaktionsversammlung hatte Anfang Nachmittag mit 88 Prozent der Stimmen beschlossen, von Dienstag ab 16 Uhr bis Mittwoch um Mitternacht zu streiken. Nach Aussagen von mehreren Journalisten soll die Geschäftsleitung von Tamedia Druck auf die Angestellten ausgeübt haben, damit der Streik nicht stattfindet.
Ob und welche Publikationen am Mittwoch erscheinen würden, war nicht klar. Die Mehrheit der Redaktion von «20 minutes» entschied, sich dem Arbeitskampf nicht anzuschliessen. Sie fühlten sich nicht direkt betroffen, sagten einige von ihnen.
Der Sprecher von Tamedia Romandie, Patrick Matthey, sagte auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA, «man habe sich seit dem Morgen organisiert», damit die Zeitungen erscheinen könnten und die Online-Plattformen laufend aktualisiert würden.
Tamedia droht mit GAV-Kündigung
Tamedia forderte die Mitarbeitenden von «Le Matin» und die Vertreter von Impressum am Dienstag ultimativ auf, den Streik sofort zu beenden. Andernfalls könnte Tamedia den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) kündigen. Die Aktion stelle die Existenz des GAV in Frage.
Die Geschäftsleitung von Tamedia hält fest, dass sie seit Beginn der Konsultationsphase am 8. Juni transparent gewesen sei. Sie habe die relevanten Zahlen zur Verfügung gestellt und in konstruktiven Sitzungen alle Fragen der beteiligten Parteien beantwortet.
Es sei deshalb falsch zu behaupten, Tamedia habe im Zusammenhang mit der Veränderung von «Le Matin» den Dialog einseitig eingestellt. Am 28. Juni habe die Phase der Sozialplanverhandlungen begonnen. Deren Ziel sei es, flankierende Massnahmen zu ergreifen, die es den Betroffenen ermöglichten, die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes abzufedern und ihnen zu helfen, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Kündigungen sollen sistiert werden
Das Redaktionspersonal sowie die Gewerkschaft syndicom und der Journalistenverband Impressum zeigten sich demgegenüber empört, dass Tamedia die Vorschläge der Redaktionen abgelehnt habe, mit denen die Auswirkungen der vom Zürcher Medienhaus geplanten Einstellung des «Le Matin» auf Papier hätten begrenzt werden sollen.
Sie fordern vom Tamedia-Konzern, dass er sich «ernsthaft, intensiv und ohne vorherigen Ausschluss irgendeiner Lösung – einschliesslich der Preisgabe von Titeln - in einem Prozess engagiert, mit dem die Vielfalt der Westschweizer Presse gewahrt werden kann». Ausserdem soll Tamedia den betroffenen Personen vorläufig die Rücknahme der seit Anfang Juni ausgesprochenen Kündigungen anbieten.
41 Mitarbeitende betroffen
Tamedia will die gedruckte Ausgabe von «Le Matin» auf Ende Juli einstellen. 41 Mitarbeitenden droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Das Medium soll es nur noch online geben und mit einer 15-köpfigen Redaktion weiterentwickelt werden. Nicht betroffen vom Abbau ist indes die Sonntagszeitung «Le MatinDimanche» (persoenlich.com berichtete). (sda/eh)