SDA-Journalisten demonstrieren in Zürich

Abbau bei der SDA - Am zweiten Streiktag ist es zu einer Kundgebung in Zürich mit rund 300 Personen gekommen. Darunter waren nicht nur Journalisten der SDA, sondern auch Sympathisanten. «Verhandeln statt auspressen», lautete die Forderung. Der Streik geht am Donnerstag weiter.

von Redaktion persoenlich.com

«Nach kurzen Verhandlungen sind wir am toten Punkt angekommen. Das hat diesen Streik ausgelöst», sagte Stephanie Vonarburg von der Gewerkschaft Syndicom in ihrer Rede vor dem Tamedia-Gebäude. Weil man mit den Chefs nicht weitergekommen sei und sie sogar noch mit unhaltbaren Statements Öl ins Feuer gegossen hätten, fordern die Streikenden, mit dem Verwaltungsratspräsidenten Hans Heinrich Coninx reden zu wollen. «Herr Coninx, übernehmen Sie!», so Vonarburg kämpferisch. Und bald darauf sind melodische Sprechchöre zu hören (siehe Video im Tweet unten): «Herr Coninx, verhandeln!».


Die Streikenden marschierten am Mittwoch begleitet von Sympathisanten mit lauten Pfiffen und auffälligen Transparenten zum Hauptsitz von Tamedia an der Werdstrasse. «SDA: Nicht für Gewinne da!», skandierten sie. Bei Tamedia wurden die Kundgebungsteilnehmer von den dort Anwesenden mit einem Applaus empfangen.


Den Streik hätten sie nach Zürich verlegt, weil hier die SDA nach Bern ihren grössten Standort hat und wichtige Kunden und Verwaltungsratsmitglieder ihren Sitz in Zürich haben. «An den Verwaltungsrat richten wir unsere Forderungen, darum haben wir vor dem Tamedia-Gebäude Hans Heinrich Coninx herausgerufen. Das war symbolisch für unsere Hoffnung, dass er auf unsere Gesprächsaufforderung eingeht», sagte Sebastian Gänger von der SDA-Redaktionskommission gegenüber persoenlich.com.

Die Mühe war vorerst vergebens: Bis am Mittwochnachmittag gab es keinen Kontakt – weder zu Coninx, noch zu einem anderen Verwaltungsratsmitglied. Deshalb wurde von der Personalversammlung entschieden, dass der Streik auch am Donnerstag fortgesetzt werden soll:


Am späten Mittwochnachmittag kam dann aber die Überraschung:


Dennoch: Der Streik soll vorerst weitergehen. Über eine mögliche Sistierung – beziehungsweise die Bedingungen für eine solche – werde am Donnerstag entschieden. Um aufzuzeigen, dass der SDA-Streik ein nationaler Streik sei und alle Sprachregionen der Schweiz betreffe, würde am dritten Streiktag der Kampf in die Romandie getragen, teilen Syndicom und Impressum am Abend mit. «Auch dort haben sich zahlreiche Redaktionen solidarisiert, weil sie auf die Dienstleistung der SDA in der bisherigen Qualität und im bisherigen Umfang angewiesen sind», heisst es in der Mitteilung.

Auch im Bundesrat war die SDA ein Thema. Laut dessen Sprecher, André Simonazzi, drücke die Landesregierung ihre Hoffnung aus, dass die Sozialpartner eine Lösung in diesem Konflikt finden, teilt die Nachrichtenagentur mit.

Über 300 Personen in Zürich

Bei der bewilligten Demo vom Mittwoch in Zürich nahmen laut eigenen Angaben mehr als 300 Personen teil, darunter Medienschaffende aus unterschiedlichen Redaktionen. So auch die Kulturredaktorin Simone Meier von «Watson». «Wir bei Watson sind ja ein wenig die Frivolen und Klickschlampen, die alles etwas anders machen. Aber auch bei uns ist die SDA der wichtigsten freie Mitarbeiter und wir könnten ohne euch nicht arbeiten», sagt sie und bedankt sich gleichzeitig bei den SDA-Redaktorinnen und Redaktoren. Sie könnten auf die Unterstützung von «Watson» zählen.


Im Namen des Onlinemagazins «Republik» und von Syndicom bedankt sich Anja Conzett bei den Streikenden für «den Mut aufzustehen». «Eure Arbeit hat jedem Journalisten in der Schweiz, der einmal Sonntagsdienst leisten musste, jedem Blattmacher und jedem Chefredaktoren schon einmal den Arsch gerettet», sagt sie.
Und Kaspar Surber, stv. Redaktionsleiter der WOZ, sagte: «Die Medienbranche ist eine eitle Branche. Wenn gestreikt wird, ist das ein sehr deutliches Warnsignal.»

Um die Lage anschaulich aufzuzeigen, pressten die Demonstranten vor Tamedia Zitronenhälften aus:


Die SDA-Belegschaft ist sich daraus bewusst, dass es nicht so weitergehen kann. Der Abbau soll jedoch durchdachter erfolgen, wie Sebastian Gänger stellvertretend für seine Arbeitskollegen gegenüber persoenlich.com sagt. Akzeptabel wäre, wenn «viel langsamer, viel weniger stark und sozialer» abgebaut werden würde.



Die SDA-Belegschaft fordert das Treffen mit dem Verwaltungsrat seit Montag, weil das Vertrauen zum CEO Markus Schwab «massiv gestört» sei – unter anderem wegen seinen Äusserungen in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» (persoenlich.com berichtete).

Am Dienstag kamen vereinzelt Stimmen auf, die den Rücktritt Schwabs forderten. Dazu sagt Gänger: «Wir haben nie direkt gefordert, dass Schwab zurücktritt. Solche Äusserungen haben Politiker gemacht – oder einzelne Kommentatoren in den Medien. «Wir wissen auch nicht, ob das die Lösung wäre. Denn es braucht ein Umdenken in der gesamten Führung. Kommunikativ muss vieles verbessert werden, damit es nicht zu solchen Entlassungen kommt wie in den letzten Tagen, wo Leute, die 30 Jahre bei der SDA gearbeitet hatten, auf die Strasse gestellt wurden, ohne zu wissen unter welchen Bedingungen sie künftig leben werden müssen». (cbe/eh/wid)