So stimmen die Privaten an der Urne ab

No-Billag-Initiative - Nach dem deutlichen Ja der Zürcher SVP zur No-Billag-Initiative: Wie stehen private Radio- und TV-Stationen zur übermächtigen SRG? Die Initiative sei «hochgefährlich für unser Land», sagt einer der Chefs. Ein anderer befürchtet ein «mediales Trümmerfeld».

von Christian Beck

Das Signal war deutlich. Mit 233 zu 6 Stimmen haben die Delegierten der SVP des Kantons Zürich beschlossen, die No-Billag-Initiative zu unterstützen. Auch die Gewerbekammer, das Parlament des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), beschloss mit einem Stimmenverhältnis von 2:1 die Ja-Parole (persoenlich.com berichtete).

Wie aber stehen private Radio- und Fernsehveranstalter zur No-Billag-Initiative? Angenommen, die Initiative käme am 4. März 2018 durch, wäre es – je nach Meinung – das Ende der SRG, oder die Sender müssten sich auf dem freien Werbemarkt behaupten. Wenn beispielsweise Radio SRF 3 damit beginnen müsste, Werbung auszustrahlen, würde der Sender ein entscheidendes Argument verlieren. Ein werbefreies Programm war den SRG-Radiosendern vorbehalten. Profitieren würden die Privatradios, allen voran die Energy-Sender mit einem jungen Zielpublikum. CEO Dani Büchi wollte sich auf Anfrage jedoch nicht äussern, wie er zur No-Billag-Initiative steht.

Kein Kommentar auch von Seven One Media, dem Vermarkter von Pro Sieben Schweiz und Sat.1 Schweiz. Auch Dominik Kaiser von der 3+-Gruppe äussert sich nicht zu politischen Abstimmungen, wie es auf Anfrage heisst. Ebenso wenig die Verantwortlichen von AZ Medien TV und Radio, Betreiberin von TeleZüri, TeleBärn, Tele M1, TV24, TV25, Radio 24 und Radio Argovia.


Markus Gilli, Chefredaktor AZ Medien TV, begründet als einziger sein Schweigen: «Das Abstimmungs- und Wahlgeheimnis ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Es gilt für alle Bürgerinnen und Bürger – also auch für Medienschaffende.» In über 37 Jahren Journalismus in den elektronischen Medien habe er sich noch nie persönlich zu Vorlagen oder Wahlen geäussert. «Die strikte Neutralität ist eine Grundvoraussetzung für meine berufliche Tätigkeit. Ich kann nicht politische Sendungen moderieren und gleichzeitig meine persönliche Meinung in die Öffentlichkeit tragen», so Gilli auf Anfrage von persoenlich.com.

«Angebot massiv zusammenstreichen»

Redseliger als ihre Zürcher Berufskollegen ist Karin Müller: «Als Chefredaktorin von Telebasel bin ich ganz klar gegen ein Gebührensystem, das einen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag unmöglich macht und eine finanziell unabhängige oder parteipolitisch neutrale Medienberichterstattung verunmöglicht.» Telebasel finanziere sich zu einem Drittel aus Gebührensplitting-Geldern. 3,2 Millionen Franken erhält der Sender aus dem Gebührentopf. «Bei einer Annahme der No-Billag-Initiative müsste Telebasel sein heutiges Programmangebot massiv zusammenstreichen», so Müller. Trotzdem übt sie auch Kritik an der SRG, wie die fehlende Diversität, Effizienz und der Einsatz der Mittel. «Diese lassen sich aber nicht lösen, indem man die SRG zerschlägt.»

«Persönlich werde ich die Initiative ablehnen, da sie weit über das Ziel hinaus schiesst», sagt auch Joachim Freiberg, Leiter elektronische Medien Zentralschweiz, sprich von Radio Pilatus und Tele 1. Der TV-Sender erhält jährlich drei Millionen Franken aus dem Gebührentopf. «Die Annahme bedeutet nicht nur das Aus für die SRG, sondern auch für alle privaten Fernsehsender sowie für viele private Radiostationen», ist sich Freiberg sicher. «Beides wäre für die Schweizer Medienlandschaft eine viel zu extreme Zäsur und hinterliesse ein mediales Trümmerfeld.»

«Initiative zerstört private Radios und Fernsehen»

Ein Nein in die Urne legt auch André Moesch, Geschäftsführer von Radio FM1 und dem Ostschweizer Regionalfernsehen TVO. TVO bekommt jährlich 2,8 Millionen Franken an Gebührengeldern, Radio FM1 nichts. «Diese Initiative zerstört nicht nur die SRG, sondern auch die privaten Radios und Fernsehen, welche auf Gebührengelder angewiesen sind», sagt er. Gerade gutes Regionalfernsehen sei in der kleinräumigen Schweiz nicht möglich ohne Gebührenanteile. «Die No-Billag-Initiative ist hoch gefährlich für unser Land: Was wird als nächstes kaputtgeschlagen, wenn sie durchkommt?», so Moesch, der auch Präsident ist von Telesuisse, dem Verband der Schweizer Regionalfernsehen.

Ähnlich tönt es beim Verband der Schweizer Privatradios VSP. «Ich gehe davon aus, dass die allermeisten konzessionierten Schweizer Privatradios die No-Billag-Initiative ablehnen werden», sagt VSP-Präsident Jürg Bachmann auf Anfrage. Das Nebeneinander zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk habe sich in den letzten über 30 Jahren bewährt. Beide würden für ihre Hörer in allen Landesteilen wichtige Service-public-Beiträge erbringen. «Diese Haltung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Schweizer Privatradios eine SRG mit fokussierterem Programmangebot wünschen, das mehr Raum für private Initiativen lässt», so Bachmann.