Der gut 170 Personen fassende Saal war bis auf den letzten Platz besetzt, als Peter Zbinden die Anwesenden begrüsste. Mit den Worten: "Ich bin der Präsident!" begann er seine kurze Ansprache und spielte damit auf die Farce der amerikanischen Präsidentenwahl an. Hierauf nannte er die beiden Themenkreise des Abends: Frühenglisch an den Realschulen und den zunehmenden Einfluss des amerikanischen Englisch auf unsere Sprache.
In gewohnt witziger Weise gestand der Gesprächsleiter Stephan Klapproth, dass zwei Seelen in seiner Brust wohnten und er sich hier in einer Art Himmelfahrtskommando fühle. Er erwähnte dann Wolf Schneider, den meisten wohl bekannt durch seine prägnanten Kurzbeiträge im NZZ-Folio, als überaus kritischen Betrachter der Medien. Mit verschiedenen Wortbeispielen veranschaulichte Klapproth die Ambivalenz in seinem persönlichen Sprachgebrauch.
Als erster eigentlicher Referent trat dann Dr. Horst Hensel auf; in äusserst korrektem Deutsch und auf sehr gediegene Weise setzte er sich mit dem Missbrauch des Englischen auseinander. Ein gutes Beispiel für die damit verbundene Verarmung der deutschen Sprache sei der englische Ausdruck "sexy" für eine attraktive Frau; dabei gäbe es all die feinen Differenzierungen, sie könnte "bezaubernd", "verführerisch", "hinreissend", "anmutig" sein. Englischer Sprachgebrauch hat aber auch zu falschen Bildungen im Deutschen geführt, so etwa zum Satz: "Es macht keinen Sinn." statt "Es ergibt keinen Sinn, es ist nicht sinnvoll." Als wohl grösstes Schreckgespenst sieht Dr. Hensel die Pidginisierung der Sprache; Sprache wird dann nur noch als primitives, fehlerhaftes Kommunikationswerkzeug gebraucht. Totengräber der guten Sprache sind gemäss Hensel einerseits die Werbewirtschaft - ihr Ziel ist zu verkaufen, und um Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzielen, verkaufen sie auch gleich die Sprache - andererseits die Personen des öffentlichen Lebens, die sich nicht die geringste Mühe geben, den Reichtum der Sprache zu bewahren. Am Schluss seiner Darlegungen forderte Dr. Hensel die Anwesenden auf, dafür einzutreten, dass das Weltkulturerbe der Sprache erhalten bleibt. Wohl im Anklang an George Orwell sagte er wörtlich: "Alle Sprachen sind gleich, aber unsere Muttersprache auch."
Darauf ergriff Stephan Klapproth erneut das Wort und kam auf den sprachschöpferischen Barockdichter Philipp von Zeesen zu sprechen. Neben seinen reichlich fragwürdigen Neuschöpfungen wie "Meuchelpuffer" für Pistole und "Jungfernzwinger" für Nonnenkloster vedankt ihm die Nachwelt beispielsweise die hervorragenden Wörter "Augenblick" und "Schauspieler".
Der nächste Gastredner war der Soziologe und Psychologe Dr.Hans Peter Döbeli. Als Leiter des Meinungsforschungsinstituts Ernest Dichter AG hat er im Auftrag der Bubenberg-Gesellschaft Bern eine Umfrage zum Problem des Anglizismus in der Schweiz durchgeführt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch hier eine deutliche Ambivalenz in der Haltung gegenüber dem Englischen zu Tage tritt. Auch junge Menschen lesen noch oft sog. "gute" Bücher, aber andererseits sind Anglizismen Ausdruck und Symbol des neuen Lebensgefühls der jungen Disco- und Internetgeneration. Dr. Döbeli erblickt sogar ein Markenzeichen der "multi-optionalen Gesellschaft" darin, dass sie sich sowohl in gepflegtem Deutsch als auch in einem mit Anglizismen gespickten Jargon ausdrückt.
Anschliessend leitete Stephan Klapproth die Arena-Diskussion ein. Er forderte die Werbefachfrau Cornelia Harder auf, zu sagen, weshalb die Werber nicht mehr (reines) Deutsch verwenden. Sofort erwähnte sie die "global players", die grossen internationalen Konzerne, die eine weltweite uniforme Werbung betreiben. Anglizismen würde man indessen kaum finden in Anpreisungen von Joghurt oder Appenzellerkäse. Der frühere Erziehungsdirektor des Kantons Bern, Peter Schmid, selber Mitglied des Sprachkreises Deutsch /Bubenberg-Gesellschaft, meinte, die Mühen, die Schüler und Lehrer mit Französisch hätten, sollten nicht dazu verleiten, dass man resignierend sagt: "Dann tun wir's halt mit Englisch!". Stephan Klapproth provozierte Dr. Hensel, indem er ihm vorhielt, er und seine Getreuen seien doch eigentlich Nachfolger von Don Quixote. Geschickt erwiderte Hensel, wenn der Kampf gegen Denglisch mit demjenigen des letzten Ritters zu vergleichen sei, dann wollten die Sprachbewahrer wenigstens in Ehren untergehen. Als Vorbild für eine konsequente Übersetzung von englischen Fachausdrücken erwähnte er die Isländer. Sogar für die meistens als unantastbar geltenden Begriffe aus der Computerwelt hätten sie Entsprechungen in ihrer schwierigen Sprache gefunden. Während Hensel meinte, englischsprachige Werbung sei in erster Linie ein deutsches Problem, fand Döbeli, die vorläufig in dieser Beziehung noch ein wenig zurückhaltenderen lateinischen Länder würden in Zukunft immer mehr Englisch verwenden.
Beim Ausdruck "Hubschrauber", den der Gast aus Deutschland dem Fremdwort "Helikopter" gegenüberstellt, zeigte sich (wie auch schon an anderer Stelle), dass sich die Verhältnisse in Deutschland mit den unsrigen nicht durchwegs vergleichen lassen Dr. Doebeli sieht stets zwei Ebenen im Sprachgebrauch; er glaubt keineswegs an den Untergang der deutschen Sprache.
In der nachfolgenden - leider etwas zu kurz gekommenen - Diskussion wurde von einem Teilnehmer Englisch als treffliche "lingua franca" gelobt, gleichzeitig aber die Rechtschreibereform als unsinnig gebrandmarkt. Peter Schmid verteidigte die Reform, wenn es nach den schweizerischen Vorschlägen gegangen wäre, hätte sie auch die gemässigte Kleinschreibung im Deutschen gebracht! Eine Stimme aus dem Publikum glaubte sogar die Gefahr zu erkennen, dass der amerikanische Geheimdienst CIA bewusst die Sprachen der Welt unterminiere, um den Einfluss des amerikanischen Geistes weltweit noch mehr zu festigen! Nach Dr. Hensel ist das immer noch vorhandene Schuldgefühl der Deutschen ein Grund, weshalb sich in Deutschland kaum jemand mit voller Überzeugung für seine Heimat - und damit für die deutsche Sprache - einsetzen wolle.