25.04.2018

Engpass bei den Lieferanten

Tamedia fehlt das Zeitungspapier

Der «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» fallen dünner aus und Beilagen werden auf anderem Papier gedruckt. Schuld für den Engpass ist ein Brand in einem polnischen Papierwerk, heisst es. BaZ und NZZ, die ebenfalls bei Tamedia gedruckt werden, erscheinen dagegen normal.
Engpass bei den Lieferanten: Tamedia fehlt das Zeitungspapier
Das Papier wird knapp: Die Rollen im Druckzentrum von Tamedia in Zürich. (Bild: zVg.)
von Michèle Widmer

Die Redaktionen von «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» stellen das Weltgeschehen in den kommenden Tagen auf weniger Zeitungsseiten dar als gewohnt. Der Verlag schlägt sich mit einem Papierengpass herum. «Die Lieferanten des Druckzentrums Zürich können die vereinbarten Mengen kurzfristig nicht einhalten», erklärt Christoph Zimmer auf Anfrage von persoenlich.com. Zur angespannten Situation auf dem Markt tragen laut dem Tamedia-Sprecher verschiedene Faktoren bei. Im vergangenen Jahr seien in der Schweiz und in Europa Überkapazität in der Herstellung von Zeitungspapier abgebaut worden, gleichzeitig wechselten verschiedene Werbekunden in Europa von Magazin- zu Zeitungspapier. Und seit einem Feuer Mitte März stehe in Polen auch noch das Werk des lokalen Papierherstellers in Kwidzyn still. Betroffen sind verschiedene Medienhäuser in Europa und der Schweiz.

Nun hat Tamedia reagiert und die Redaktionen informiert. «Über die nächsten zwei Wochen werden der «Tages-Anzeiger» und die «20 Minuten»-Regionalausgaben Basel, Luzern und Zürich im Durchschnitt um vier Seiten reduziert», sagt Zimmer. Tatsächlich: Der gedruckte Tagi umfasste am Montag und Dienstag 38 Seiten, während es letzte Woche 40 oder 42 waren. Die Zürich-Ausgabe von «20 Minuten» erschien am Dienstag bloss auf 28 Seiten, in den Tagen davor waren es bis zu 40. Zudem betroffen sind die Beilagen der Zeitungen. Diese werden in den kommenden zwei Wochen auf einem anderen Papier gedruckt.

 

Das Papierwerk International Paper in Kwidzyn Polen:


Laut Zimmer sind dies «Vorsichtsmassnahmen, um kurzfristige Engpässe zu vermeiden und im Fall eines ausserordentlichen Nachrichtenereignisses weiterhin reagieren zu können». Ob die redaktionellen Seitenumfänge in den nächsten Tagen tiefer liegen als im Normalfall, sei noch unklar und hänge unter anderem von der Werbung ab.

Keine Massnahmen bei BaZ und NZZ

Nebst den eigenen Titeln druckt Tamedia unter anderen auch die «Basler Zeitung» sowie die «Neue Zürcher Zeitung» und die «NZZ am Sonntag». Beide Verträge umfassen das Gesamtpaket, also auch den Papiereinkauf, wie die Verlage auf Anfrage von persoenlich.com bestätigen. Seitenreduktionen aufgrund eines Papierengpasses sind bei ihnen kein Thema. Denn Tamedia muss den vertraglich geregelten Leistungen gerecht werden.

«Laufende Verträge werden von allfälligen Engpässen nicht tangiert», sagt Martina Barth, Leiterin Nutzermarkt und Vertrieb bei der «Basler Zeitung». Auch die NZZ winkt auf Anfrage ab: «Die Produktion unserer Zeitungen wird von diesem Zwischenfall nicht beeinflusst und läuft weiter wie bis anhin», sagt NZZ-Sprecherin Michèle Ramò.

Zeitungspapier als Mangelware

Die AZ Medien betreiben mit der Mittelland Zeitungsdruck AG ihre eigene Druckerei. Vom Brand im polnischen Papierwerk und den damit verbundenen Lieferengpässen sei man nicht betroffen, sagt Sprecherin Monica Stephani. Papier sei allerdings grundsätzlich eine Mangelware geworden und der Aufwand für die Papierbeschaffung habe entsprechend zugenommen. Ähnlich klingt es beim Ringier-Verlag, der noch bis Ende Jahr die Zeitungsdruckerei in Adligenswil führt und ab 2019 bei Tamedia druckt (persoenlich.com berichtete). «Wir beziehen kein Papier aus Polen. Bei den Publikationen von Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz gibt es im Moment keine Engpässe», sagt Sprecherin Manuela Diethelm. Die Umstände dort würden aber den gesamten europäischen Markt unter Druck setzen. Wenn sich diese Situation verschärfe, betreffe dies Ringier wie alle anderen Medienhäuser.

Für «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» heisst es vorerst: Zeitungspapier sparen. In die Hände spielen Tamedia die bevorstehenden Feiertage. Weil am 1. Mai und an Auffahrt keine Zeitungen erscheinen, ist die benötigte Papiermenge sowieso etwas geringer als in normalen Wochen.



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