19.11.2017

Politische Ausrichtung von Journalisten

Viele Journalisten seien zu bequem für Opposition

Das Problem seiner Berufskollegen sei, dass sie «alle am gleichen Ort» stünden – und «auf der Linie der Regierungen», meint Markus Somm.
Politische Ausrichtung von Journalisten: Viele Journalisten seien zu bequem für Opposition
2014 war er im Gespräch als Chefredaktor der NZZ. Doch dagegen hatte sich die Redaktion gewehrt: Markus Somm. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)

Die Diskussionen über die politische Ausrichtung von Journalisten und der in Fahrt gekommene Abstimmungskampf zu «No Billag» haben Markus Somm zu einer Analyse inspiriert. Der Chefredaktor der «Basler Zeitung» skizziert seine Erklärung dafür, warum sich eine Mehrheit der Journalisten politisch links der Mitte verortet (persoenlich.com berichtete).

«Das Problem der Journalisten ist weniger, wo sie stehen, sondern warum sie dort alle am gleichen Ort stehen. Es ist der Konformismus von Leuten, die sich für besonders selbstständig und mutig halten, was uns Bürgern zu denken geben sollte», schreibt Somm.

«Zu bequem für Opposition»

Denn auch die Politik stehe hier: «Die meisten Regierungen Europas stehen ebenfalls leicht links der Mitte, nicht formell zwar – manche Regierungen halten sich sogar für «konservativ», wie etwa die deutsche –, doch wenn man jene Fragen meint, die wirklich zu reden geben und wo die Regierungen sich einer zunehmenden Kritik von rechts ausgesetzt sehen, dann auf jeden Fall». Auch der Schweizer Bundesrat, formell mit bürgerlicher Mehrheit, mache meistens eine ähnliche, also «linksliberale» Politik. Das sei die Position, die die meisten Journalisten in der Schweiz unterstützen.

Journalisten stünden links, aber keineswegs weil sie damit zu den Regierungen in Opposition gerieten, das ist nicht der Fall, sondern weil es so bequem sei. «Auch Journalisten sind Menschen – also Opportunisten», schreibt Somm.

Journalisten würden das anprangern, was die Regierungen genauso stört. So würden sie zu «Hofschranzen». Sie schrieben, was die Regierungen insgeheim schon immer von ihnen erwünscht hätten. Es sei nicht gefährlich, die gleiche Meinung wie Angela Merkel, Doris Leuthard, Barack Obama oder Alain Berset zu vertreten. Das sei vor allen Dingen bequem, schreibt der BaZ-Chef.

Guter Journalismus hingegen habe «etwas Oppositionelles». Entscheidend sei «der Mut, den es braucht, auszusprechen, was niemand im Regierungsgebäude hören will». Somm dazu: «Mut, sich mit den Mächtigen anzulegen: Das zeichnet den wahren Journalisten aus».

Befangen bei «No Billag»

Daneben äussert sich Somm zu «No Billag». Es herrsche bei der SRG «eine ungesunde Panik». «Unverständlicherweise, denn dass diese sehr weitgehende Initiative angenommen werden wird, halte ich für sehr unwahrscheinlich», so Somm.

Er sei jedoch befangen, da seine Frau bei der SRG arbeitet. «Dennoch sympathisiere ich unabhängig davon mit den Sorgen der SRG». (eh)


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KOMMENTARE

Armin Keusch-Walter
19.11.2017 17:55 Uhr
In Baden erinnert man sich: Somm hatte schon in jungen Jahren als trotzkistischer Hausbesetzer den "Mut, sich mit den Mächtigen anzulegen".
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