13.10.2000

Wahlberichterstattung und Anwaltschaftlicher Journalismus

Schweizer Presserat gibt NZZ und Tages-Anzeiger Recht.

Medien sind nicht verpflichtet, sämtliche Mitteilungen von politischen Parteien und Organisationen abzudrucken. Auch kleinen politischen Parteien und ihren Vertretern ist jedoch ein Mindestmass an medialer Aufmerksamkeit zu gewähren. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass Medien immer auch über sämtliche Einzelkandidaturen bei Wahlen berichten müssen. Da die Medien nicht auf die blosse Selbstdarstellung der gesellschaftlichen Akteure abstellen dürfen, ist es zulässig, wenn ein Journalist in engagierter Weise auf die aus seiner Sicht bestehenden Gefahren einer umstrittenen Organisation aufmerksam macht. Zu diesen Schlüssen gelangte der Presserat in zwei am Freitag veröffentlichten Stellungnahmen.

Ende Mai 2000 beschwerte sich ein Einzelkandidat im Vorfeld der Wahlen für den Zürcher Verfassungsrat über die Berichterstattung der NZZ, die sich in willkürlicher Weise auf die bereits im Kantonsrat vertretenen Parteien beschränke. Die NZZ wies die Beschwerde zurück und machte geltend, die vorgenommene Beschränkung sei sinnvoll, um der grossen Zahl der Kandidaturen einigermassen gerecht zu werden. Der Presserat kommt in seinen Erwägungen zum Schluss, die NZZ habe über das gesamte für den Verfassungsrat relevante politische Spektrum von links bis rechts informiert. Würde man eine Pflicht zur Berichterstattung über Einzelkandidaturen bejahen, hätte dies im konreten Fall bei über 1000 Kandidaturen zu einem Umfang der Wahlberichterstattung geführt, der weder der Redaktion der NZZ noch ihrer Leserschaft zuzumuten gewesen wäre.



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