«Was bei der SDA passiert, ist ein Skandal»

Abbau bei der SDA - Matthias Aebischer will die SDA retten. Dafür soll der Bund einspringen und nicht nur 2 Millionen, sondern eher gegen 20 Millionen Franken jährlich an Subventionen auszahlen, so der SP-Nationalrat. Mit seinem Auftritt am Dienstag in Bern wollte er der SDA-Belegschaft Mut machen.

von Edith Hollenstein

Herr Aebischer, über 200 SDA-Journalisten, Ehemalige, Gewerkschaften sowie Leute aus Politik und Kultur zeigten sich am Dienstag solidarisch (persoenlich.com berichtete). Wie haben Sie die Stimmung erlebt?
Auf der Redaktion der SDA arbeiten Leute, die mit dem Kopf arbeiten und nicht primär die Öffentlichkeit suchen. Dass sie nun streiken und vom SDA-Gebäude hier ins Restaurant Mappamondo gekommen sind, ist fast schon ein Kraftakt. Dieser ist wichtig, auch als Signal für die Politik. Was bei der SDA jetzt passiert, ist ein Skandal.

Nun wollen Sie mit Ihrem Vorstoss* die SDA und damit das Geschäft der Verleger retten?
Um das zu erklären, muss ich etwas ausholen: Wir haben hier in der Schweiz eine der besten Medienkulturen – wenn nicht die beste weltweit. Es gibt hier Medienvielfalt und Meinungsfreiheit. Es kann geschrieben und gesagt werden, was man will. Zudem gibt es eine hohe Qualität bei den Medien – und daran hat die SDA einen sehr hohen Anteil. Fast alle Zeitungen, Onlineportale oder Radios verwenden die Meldungen der SDA. Viele Leser wissen nicht, dass etwa bei «20 Minuten» ein sehr grosser Anteil der Inhalte die SDA geschrieben hat. Und jetzt will man ein Drittel der Stellen streichen und glaubt gleichzeitig, dass die Qualität gleich bleiben wird?

Da wollen Sie ansetzen.
Ja, hier muss die Politik sich überlegen, was sie will. Wie gesagt ist die SDA in Sachen Medienqualität ein ganz wichtiger Faktor. Darum sollte sich der Bund stärker an ihr beteiligen, zum Beispiel über einen Teil aus dem Mediengebühren-Topf. Ziel muss sein, dass die SDA mit der jetzigen journalistischen Qualität überleben kann.

Sie wollen also keine rein staatliche Finanzierung der SDA.
Nein, ideal wäre, wenn das die Verleger mit dem Bund zusammen machen.

Ein solches Modell hat ja Bundesrätin Doris Leuthard in Aussicht gestellt: Künftig gibt es für die SDA jährlich 2 Millionen Franken Subvention. Damit kommt man aber nicht besonders weit.
Ja, es geht nicht um 2 Millionen sondern eher um 20 Millionen Franken jährlich. In unserem Modell wäre der Bund ein starker Aktionär und könnte auch Bedingungen definieren. Zum Beispiel eben, dass die SDA den Aktionären weiterhin keine Dividenden ausbezahlt. Ein Medienunternehmen wie die SDA muss ein Non-Profit-Unternehmen sein.

Sie haben Angst, dass künftig die österreichische Agentur APA profitiert.
Im aktuellen Modell wird das Unternehmen «betriebswirtschaftlich fit getrimmt», wie man so schön sagt. Was als Gewinn bleibt, fliesst bei der fusionierten SDA-Keystone als Dividende an die Aktionäre, substantiell auch an den neuen SDA-Investor APA, die österreichische Nachrichtenagentur. Und das dank Entlassungen und somit auf Kosten der Qualität. Das ist doch skandalös! Vor diesem neuen Hintergrund muss der Bundesrat seine Geldflüsse nochmals überprüfen und zwar von Grund auf.

Die österreichische Beteiligung könnte nicht nur Nachteile haben. Die APA gilt als Tech-Vorreiterin. Sie betrieb einen der europaweit ersten Newsrooms und experimentiert derzeit mit Algorithmen zur Herstellung von Sportberichten. Dieses Know-how könnte die SDA voranbringen.
Ich hoffe, in Ihrer Frage steckt viel Ironie. Denn so sollte die SDA eben genau nicht werden. Zur SDA gehören keine Algorithmen, sondern Inhalte. Vielleicht sind diese Inhalte trocken. Die knackigen Schlagzeilen können meinetwegen diejenigen machen, die mit Algorithmen arbeiten. Die Redaktionen können die SDA-Meldungen verarbeiten und als Rohmaterial für ihre eigenen Texte verwenden.

Trotzdem: Die SDA könnte durchaus einen technologischen Schub brauchen. Sie ist ja nicht besonders agil und technologiegetrieben.
Das hat mit Agilität überhaupt nichts zu tun. Bei der SDA geht es um Knochenarbeit, um das Vermitteln von Inhalten. Da braucht es keine neue Technologie, sondern einen Computer und einen Menschen mit einem Hirn, der denken und Sachverhalte zusammenfassen kann.

 






 *Im Entwurf zur Interpellation (vgl. Screenshot oben) bittet Matthias Aebischer den Bundesrat, verschiedene Fragen zur SDA, den Cheflöhnen sowie einer möglichen Subventionierung zu beantworten. Er hofft, dass es zusätzlich eine Motion der gesamten SP-Fraktion geben wird.