25.08.2006

Marcus Knill

Der mediale Auftritt von Jürg Maurer

"Auch bei der Landung muss man sich anschnallen."

Marcus Knill war für "persoenlich.com" am Freitag an der Medienkonferenz von Rieter-Anlageverwalter Jürg Maurer in Rorschach. Der Kommunikationsberater nimmt im Folgenden den Auftritt von Maurer unter die Lupe.

"Der angeschossene Jürg Maurer nahm am vergangenen Freitag unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Ausland zu den in gewissen Medien erhobenen Vorwürfen Stellung. Die Vertreter der wichtigsten Medientitel waren im Stadthof Rorschach vor Ort. Mich interessierte die Wirkung und das Verhalten des Finanzmanagers live vor Mikrofon und Kamera bei diesem heiklen Auftritt. Es war sofort ersichtlich: Die Präsentation (ohne die Fragerunde) wurde minutiös vorbereitet. Plötzlich und unerwartet stand Jürg Maurer auf der Bühne (analog einem Star) -- bewusst lächelnd -- und liess sich vorerst in aller Ruhe ablichten.

Nach dieser bewussten Pause nahm er hinter dem Wall von Mikrofonen Platz und trug seine vorbereitete Erklärung recht überzeugend vor. Obwohl Jürg Maurer den Text -- wie bei einer Vorlesung -- ohne Augenkontakt vortrug, war diese Präsentation ruhig, verständlich und wirkte überzeugend und sicher. Das Sprechtempo war angenehm, die Lautstärke, die Pausentechnik stimmten mit dem Inhalt überein. Es war offensichtlich, dass diese Sequenz von den Beratern gut vorbereitet und geschickt inszeniert worden war. Jürg Maurer schien vorerst gepunktet zu haben.

Es folgte dann aber der 2. Teil. Maurer musste sich den harten Fragen der Journalisten stellen. Für diese Sequenz wurde er leider zu schlecht oder gar nicht gecoacht. Ich hatte das Gefühl, dass die Berater mit Jürg Maurer die Antworten gar nicht antizipiert hatten. Rhetorisch überzeugte der angeblich so erfolgreiche Finanzmanager bei der Fragerunde gar nicht mehr. Die Formulierungen wirkten unklar, unbestimmt. Maurer hörte schlecht zu - vergass einzelne Fragen- jedenfalls wirkte er hilflos, vage und wich zu oft aus. Es fehlten eindeutige klare Antworten. Der Finanz- und Zahlenspezialist konnte und wollte sich an wichtige Grössenordnungen einfach nicht mehr erinnern. Der rhetorische 'Lügendetektor', d.h. die Signale Körpersprache, Augensprache, Stimme und Sprechrhythmus, verrieten: Etwas kann nicht stimmen. Weshalb plötzlich diese Unsicherheit? Als Berater hätte ich jedenfalls keine Freude gehabt an einem Mandanten, der so eine schlechte Falle macht.

Dann folgte der Abgang. Die Journalisten begaben sich in die übliche Startposition. Mit Kameras und Mikrofons bewaffnet, wollten -- wie üblich -- noch eine exklusive Antwort beim Weggehen erhaschen. Die Betreuer Maurers mit den Bodyguards versuchten aber diese Journalistenmeute auszutricksen. Sie wählten überraschenderweise einen internen Abgang zur Tiefgarage. Doch diese Phase wurde vom Maurerteam ebenfalls schlecht vorbereitet. Journalisten haben bekanntlich einen Riecher für derartige Spiele. Sie kamen dem Manager bei der internen Türe im Parkhaus zuvor und überraschten den 'Maurertross' mit den Bodyquards. Diese letzte Szene ergab nun ein übles Bild. Nach dem ersten Schock versuchte Maurer vorerst noch ein Lächeln aufzusetzen. Er liess sich auf Fragen ein und machte in der Stresssituation eine Falschaussage.

Nach den Bodyguards gefragt, behauptete Maurer, er habe zwei Chauffeure. (Eine Notlüge?) Hierauf wurde Das 'Opfer' stark bedrängt. Die Begleiter lenkten den Tross im der Aufregung irrtümlicherweise in eine falsche Richtung und nun war Jürg Mauer einige Sekunden stark gefordert. Man hatte das Gefühl, er verliere demnächst die Nerven. Ein unschönes Bild. Wie dies die Medien darstellen werden? Es wäre dankbar, dass Mauer von einem Mitleideffekt der Bevölkerung als 'Medienopfer' profitieren könnte. Jedenfalls war dieser üble Abgang von Maueres Management zu unprofessionell vorbereitet worden und wir können davon ausgehen, dass dieser Überraschungsangriff auch nicht antizipiert oder in die Planung mit einbezogen worden war. Fazit: Bei Auftritten müssen alle Phasen -- nicht nur eine -- genau durchdacht und antizipiert werden."



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240419