TV-Kritik

Jonas Projer dankte und dankte und dankte

Jonas Projer sagte am späten Freitagabend mit einer Dankesrede Adieu: «Danke für das Privileg, dass ich fünf Jahre mit einem grossartigen Team diese Sendung machen durfte. Danke für das Privileg, dass ich in diesem Studio wunderbar spannende Leute kennenlernen durfte, aus allen Parteien, aus der Wirtschaft, aus der Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürger aus dem Publikum. Danke für das Privileg, dass ich Fragen stellen durfte zu aktuellen Themen. Es waren sicher manchmal auch dumme Fragen, aber wir haben immer auf gescheite Antworten gehofft. Für all das danke ich Ihnen ganz herzlich. Ihnen zu Hause vor dem Fernseher und besonders denen, die diese Sendung im Sucher einer Kamera, in der Regie, an einem Mischpult oder als Kabelträgerin im Studio gesehen haben.» Und dann gab es einen bunten Blumenstrauss vom Team.

In Projers letzter «Arena» ging es schon wieder um die Steuerreform- und AHV-Finanzierung. Wer am 19. Mai abstimmen will, dürfte nach Dutzenden von Radio- und TV-Sendungen sowie Hunderten von Zeitungsartikeln längst ganz gut über die STAF Bescheid wissen. Und dass das Bundesgesetz sowohl das linke Lager als auch die SVP spaltet, ist auch nicht neu. Rot (Jacqueline Badran, Pro) trat gegen Grün (Balthasar Glättli, Contra) an, SVP (Hannes Germann, Pro) gegen SVP (Camille Lothe, Contra). Ja, jetzt ist alles gesagt zur wichtigsten Vorlage des Jahres. Wir haben viel darüber gehört, gelesen - und das meiste verstanden.

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Fünf Jahre hat Jonas Projer die «Arena» moderiert. Seine Bilanz darf sich sehen lassen. Als Nachfolger von Sonja Hasler hat er die Sendung modernisiert und ist mit einem frischen Moderationsstil aufgefallen. Obschon die Polit-Show auch unter seiner Leitung Zuschauer verlor, schaffte es Projer, dass wieder häufiger über die «Arena» geredet wurde. Das lag unter anderem daran, dass es im Studio wie in früheren Zeiten wieder öfter emotional zu und her ging. Der dossiersichere Projer genoss die Rolle als «Dompteur» so sehr wie vor ihm nur Filippo Leutenegger. Und er freute sich spitzbübisch, wenn es mal krachte. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hat er, wenn immer möglich, das Publikum miteinbezogen.


Nicht alle Sendungen von und mit Projer funktionierten. Einige mislangen sogar gründlich. Das fing schon im Wahlkampfjahr 2015 an, als er es mit einem neuen «Arena»-Konzept versuchte. Unvergessen die Diskussionsrunde «Trumps Krieg gegen die Medien» vom Februar 2017, als Jonas Projer den Historiker Daniele Ganser laut Ombudsmann unfair behandelt hatte (persoenlich.com berichtete). Es hagelte rund 500 Beschwerden. In die Hose ging kürzlich eine weitere «Arena» zum Thema Managerlöhne. Kein Wurf gelang mit dem Sonntagabend-Format «Arena-Reporter». Und die Bühnenpoetin Patti Basler hatte auch nicht eingeschlagen.

Jetzt will Jonas Projer «Blick»-TV aufbauen. Viel Glück. Mit Fernsehmoderatoren ist es übrigens ein bisschen so wie mit Finken: erst wenn sie abgetreten sind, merkt man, dass man sie gern hatte.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Victor Brunner , 29.04.2019 21:24 Uhr
    Gut ist er weg, Projers gespielte Aufgeregtheit war nervend. Bei Blick ist er richtig, da kommt Sensation vor Information und Bettlakenschreibe vor Recherche.
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