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Die Konferenz vor der Konferenz prosperiert

Manfred Klemann

«Die zentrale Frage bei uns ist: Was muss ich heute machen, damit ich morgen erfolgreich bin? Es geht also um Leadership im neuen Paradigma.» Wer so spricht, wird von wenigen verstanden. Aber die, die es tun, gehören zur Elite der neuen digitalen Wirtschaftswelt.

Fabian Hediger hatte eine Idee: Warum nicht mal eine Tech-Konferenz ausserhalb des Silicon Valley? Aber mit möglichst vielen Top-Entwicklern und CEOs von dort, und auch aus der Schweiz und aus Europa. Und jetzt ist sein World Web Forum (WWF) die wichtigste digitale Konferenz in Europa geworden. Wie hat er das geschafft?

Timing ist alles. Hediger lässt das WWF in der Woche vor dem World Economic Forum (WEF) in Davos stattfinden. Und so müssen die digitalen Manager der Welt nur einmal nach Zürich einfliegen, können drei Tage bei Hediger in Oerlikon auf höchstem Niveau über «Paradigmenwechsel im digitalen Blockchain» (beispielsweise) sprechen, an- schliessend vielleicht kurz in München an der DLD teilnehmen oder aber auch drei Tage Ski fahren (tun die meisten), und dann geht es von Dienstag bis Freitag nach Davos.

Für Leute wie Hediger habe ich ein Faible. Sie bringen einer nationalen Wirtschaft – völlig «undercover» eigentlich – mehr als alle subventions- oder gebührengetriebenen Initiativen. Sie suchen sich ihre eigenen Sponsoren, bauen ein Programm, dass man als digitaler Manager nicht versäumen sollte, schaffen aber vor allem Räume, in denen sich die Tech-Welt zusammenfinden kann. So fehlt beim WWF weder das allgegenwärtige Google noch die alte Dame SRF. Walders Ringier und Supinos Tagi sind mit eigenen grossen Ständen vertreten.

Der fluoreszierende Geist einer solchen Konferenz wirkt ansteckend. Auch wer zunächst nur kommt, um Leute und das prächtige Buffet zu geniessen, findet sich plötzlich in Vorträgen und Diskussionen, die eines zeigen: Die Zukunft wird grandios. Und die jungen Köpfe, die sich noch etwas schüchtern den gestandenen vierzigjährigen Top-Managern und Millionären nähern, merken bald: Nanu, wir können ja mit der Digitalisierung 3.0 weit mehr anfangen als diese alten Haudegen.

Das WEF in Davos – in diesem Jahr besonders fulminant – muss sich warm anziehen (was bei den Temperaturen in Davos ja immer zu empfehlen ist). Denn Hedigers WWF wird mit den Jahren, davon bin ich überzeugt, der eigentliche Grund sein, warum Topshots der digitalen Wirtschaft – und sie stellt ja inzwischen die reichsten Firmen der Welt – in der dritten Woche eines Jahres in die Schweiz kommen werden. Und die Schweizer Firmen, die eine digitale Transformation noch vor sich haben, können in wenigen Tagen alles erfahren, was so abgeht. Schickt die besten Leute zum WWF! Schon eine Idee, die dort aufgeschnappt wird, kann manche marode analoge Firma in der Heimat retten.


Manfred Klemann ist Serial Entrepreneur und einer
der Pioniere des europäischen Internets. Er gründete 1993 die Firma Unterwegs-im-Internet und später die Plattformen wetter.com, reise.com, internate- portal.de und das Deutsche Wetter Fernsehen. Heute beteiligt er sich an aussichtsreichen Start-ups in der Schweiz und in Europa.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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