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«Mediengesetz» ist trügerisch

Philipp Cueni

Gebührengelder, also eine direkte Medienförderung, bald auch für Zeitungen – mit dieser Meldung überraschte der «Tages-Anzeiger» vor einigen Tagen (persoenlich.com berichtete). Der Entwurf für ein künftiges Mediengesetz aus dem Departement Leuthard sehe vor, dass sich «alle Medien um Leistungsaufträge bewerben können, unabhängig vom Kanal, auf dem sie ihre Inhalte verbreiten.» Diese «Subventionierung von Printmedien in der Schweiz» sei «brisant», schreibt Claudia Blumer im Tagi. Und beruft sich auf «Gespräche mit Bakom-Mitarbeitern oder Parlamentariern», die bereits wüssten, was im Entwurf zum Mediengesetz stehe.

Bekannt ist, dass ein Entwurf zu einem Mediengesetz in Arbeit ist. Der Hinweis auf die Brisanz ist richtig. Der Primeur des Tagi ist in seiner Hauptaussage aber falsch. Auch das Bakom dementiert: Für das neue Mediengesetz sei «nach wie vor gültig», dass «für eine direkte finanzielle Unterstützung der gedruckten Presse keine Verfassungsgrundlage bestehe», sagt Silvia Canova vom Pressedienst des Bakom auf Anfrage. Sie weist darauf hin, dass der Bundesrat bereits in seinen Berichten zur Medienförderung vom Dezember 2014 bzw. zum Service-public im Medienbereich vom Juni 2016 jeweils eine verfassungsrechtliche Auslegeordnung gemacht hatte. Er stellte dabei fest, dass «die öffentliche Kommunikation im Online-Bereich unter die eidgenössische Gesetzgebungskompetenz fällt, gestützt auf Artikel 93 der Bundesverfassung, dass aber für eine direkte finanzielle Unterstützung der gedruckten Presse keine Verfassungsgrundlage bestehe.»

Der Begriff «Mediengesetz» für den Entwurf, den das Departement ausarbeitet, ist tatsächlich etwas trügerisch. Eigentlich sollte er «Gesetz für elektronische Medien» heissen. Der Entwurf wird eine Ausweitung des bisherigen Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) beinhalten und neu den Online-Bereich in diesem Gesetz einbinden wollen. Gemäss diesem Entwurf könnten dann Online-Publikationen, auch solche von Verlagshäusern, Gebühren erhalten.

Tatsächlich ist auf Grund der Entwicklung bei vielen Schweizer Verlagen die Bereitschaft, über eine Presseförderung zu diskutieren, in der Zivilgesellschaft und auch in der Politik, auch bei bürgerlichen Politikern, grösser geworden. Auch die Eidgenössische Medienkommission EMEK spricht sich grundsätzlich für breite Fördermassnahmen aus. Dennoch sind nicht nur die verfassungsrechtlichen, sondern auch die politischen Hürden gross. Und erst diese Woche hat sich der Verband Schweizer Medien dezidiert nicht nur gegen eine Medienförderung, sondern sogar gegen ein Mediengesetz ausgesprochen – auch wenn noch gar nicht bekannt ist, was der Entwurf enthält (persoenlich.com berichtete).

 


 

Philipp Cueni war bis im Sommer 2017 Chefredaktor von «Edito D». Heute arbeitet er als selbstständiger Publizist. 

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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Kommentare

  • Sandro Prezzi, 14.02.2018 13:11 Uhr
    In einer digitalisierten Welt kann man doch nicht mehr von "elektronischen" und "nicht elektronischen" Medien sprechen. Durch das Internet als technische Grundlage für die Verbreitung von Artikeln, Bildern, Videos und Ton sitzen nun alle Medien im gleichen Boot. Falls der Staat Medienförderung betreiben möchte, weil es für das Land, die Gesellschaft oder Demokratie förderlich ist, muss er es ganzheitlich angehen. Somit muss die Verfassung der heutigen Zeit angepasst werden - sie beruht noch auf einer veralteten Sichtweise und Technologie. Vielleicht gelingt es uns dann, den vermurksten Medienmarkt Schweiz wieder auf gesunde Beine zu stellen und ganzheitlich zu denken und handeln.
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