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Medienvielfalt und Meinungsfreiheit stärken

Andreas Häuptli

Die Welt, in der wir leben, ist eine Informations- und Desinformationsgesellschaft geworden. Selten wurde so heftig um Fakten und Gegenfakten gerungen wie in den vergangenen zwölf Monaten. Politische Entscheidungsträger versuchen, die Medien zu instrumentalisieren, in Russland, in den USA, aber auch in Europa – zum Beispiel in Ungarn oder Polen. Es geht darum, durch die eigene Definition der medialen Wahrheit die Kontrolle zu erlangen. Die Macht der Medien, der Einfluss auf die staatlichen Fernsehsender, Radios, Online-Medien und Zeitungen sind begehrte Instrumente der Herrschenden. Nach dem Motto: Wer zahlt, befiehlt.

Private unabhängige Medien hingegen werden als unbequem, lästig und störrisch empfunden. Kann die Kontrolle nicht über Erlasse erlangt werden, wird die Glaubwürdigkeit angezweifelt und damit das Vertrauen unterminiert. Stichworte sind Lügenpresse und Fake News. Diese nicht zu unterschätzende globale Entwicklung ist für die Schweiz nicht zutreffend. Unsere gelebte Demokratie kennt die Medienfreiheit, nach wie vor. Private Medien sind das Rückgrat der Meinungsbildung. Die Bürgerinnen und Bürger nutzen die grosse Vielfalt der Quellen für die Abstützung ihrer politischen Entscheidungen, um sich eine eigene und unabhängige Meinung zu bilden.

Diese gute Situation einer grossen Medienvielfalt ist das Ergebnis eines zähen Entwicklungsprozesses über Generationen – und auch in der Schweiz sind wir nicht gefeit gegen eine zunehmende Einflussnahme durch die Politik auf die Medien. Es lohnt sich, die heutige, freiheitliche Situation zu verteidigen. Jeder Journalist weiss, wie gross der Druck ist, wenn Unangenehmes ans Licht geholt wird. Staatliche Stellen, private Unternehmen, Politiker und Personen des öffentlichen Lebens reagieren heftig, wenn sie in den Fokus geraten.

Aufmerksame Bürger sind heute skeptisch und kritisch, denn die Medienlandschaft in der Schweiz ist in einer stetigen und grundlegenden Veränderung begriffen und teilweise, möchte man sagen, sogar bedroht. Soziale Netzwerke fordern den Journalismus genauso heraus wie die rückläufigen Inserateeinnahmen durch den Abfluss in neue digitale Kanäle oder die Herausforderung, mit Online-Journalismus Geld zu verdienen. Gleichzeitig steigt die Staatsquote bei den Medien an. SRG-Generaldirektor Roger de Weck wird nicht müde, seinen Verein als grösstes Medienhaus der Schweiz darzustellen – mit Recht, denn die Einnahmen steigen mit dem Bevölkerungswachstum dank der neuen Haushaltsabgabe an. Das Gesamtbudget liegt bei 1,6 Milliarden Franken pro Jahr.

Die privaten Medienhäuser nehmen diese Entwicklung sportlich, investieren und gehen Risiken ein: Zahlreiche regionale und nationale Online-Angebote, Spartensender, Gratiszeitungen, Zeitschriften und vieles mehr sind in den letzten Jahren entstanden, geblieben oder wieder verschwunden. Die gelebte Demokratie in der Schweiz benötigt diesen kreativen, konstruktiven und wilden Spielraum. Die privaten Medien sind dabei kein homogener Block. Das angekündigte «CNN Money Switzerland» ist genauso Teil der privaten Medienlandschaft wie die NZZ, «Watson» oder das geplante Projekt «Republik». Medienvielfalt und private Medienhäuser bilden einen ursächlichen Zusammenhang.

Aus Sicht des Verbandes der privaten Medienanbieter ist die Diskussion um den richtigen Service public dann zielführend, wenn sie dazu dient, die Medienvielfalt zu stärken. Dies soll durch eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote auf allen Kanälen geschehen. Der Verband Schweizer Medien (VSM) unterstützt eine gebührenfinanzierte SRG. Die Gebührenmilliarden verlangen aber nach klaren Spielregeln für die SRG, damit die Gebührenzahler für einen echten Service public und nicht für die Konkurrenzierung des privaten Medienangebots bezahlen.

Für uns heisst das: Die SRG konzentriert sich auf audiovisuelle Medien in allen Kanälen. Sie verzichtet auf neue Formen der Kommerzialisierung, das bedeutet auch auf zielgruppenorientierte Online-TV-Werbung. Darauf ist sie dank weiter steigenden Gebühreneinnahmen und stabilen Werbeerträgen nicht angewiesen. Kooperationen stehen allen interessierten Medienhäusern offen und sollen die Vielfalt fördern statt gefährden, wie dies mit der Werbevermarktungsfirma Admeira droht. Statt des stetigen Ausbaus braucht es einen Marschhalt. Ziel muss sein, die SRG auch weiterhin journalistisch unabhängig arbeiten zu lassen.

Die SRG hat die Chance, in dieser Diskussion eine konstruktive Rolle einzunehmen und die Akzeptanz für den Service public neu zu stärken. Der VSM bietet Hand dazu. Wenn man aber «den Service public stärken» damit verwechselt, «die Staatsquote im Medienbereich zu erhöhen», dann ist ein grosses Fragezeichen angebracht.


Andreas Häuptli ist Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien. Dieser Beitrag ist am 9. Mai 2017 in der «Neuen Zürcher Zeitung» erschienen.

 

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