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Spitzenleistung der SRG

Roger Schawinski

Wer als Schweizer viel Geld verdienen will, hat mehrere Optionen. Am lukrativsten ist es sicher, in einer Grossbank Karriere zu machen. Da kassiert man auf höchstem US-Niveau zweistellige Millionenbeträge. Es empfiehlt sich auch, Spitzensportler zu werden. Als Fussballer in der Bundesliga fliessen zumindest siebenstellige Beträge aufs Konto. Aber einen Bereich sollte man konsequent meiden: Das Showbusiness - und vor allem das Fernsehen. Da spielt man in der Schweiz bestenfalls in der Kreisklasse.

NBC-Anchor Brian Williams, langjähriger Star der Evening News, sahnt für seine Dienste 10 Millionen Dollar pro Jahr ab. Tagesschau-Lady Katja Stauber erhält kaum mehr als ein einziges mickriges Prozent davon. Sofia Vergara von "Modern Family" kommt zusammen mit Werbeeinnahmen gar auf 30 Millionen. Schweizer Seriendarsteller müssen sich im Vergleich dazu im Promillebereich bescheiden. In Deutschland soll Günther Jauch pro Sendung "Wer wird Millionär?" 80'000 Euro verdienen – und von denen moderiert er am Tag zwei am Stück. Thomas Gottschalk erhielt von der ARD 400 000 Euro für zwei Shows, die nach dem Flop von "Gottschalk live" nicht einmal produziert wurden. Das Honorar von Röbi Koller für seine Samstagabendkiste "Happy Day" ist nicht bekannt, dürfte sich aber im vierstelligen Frankenbereich bewegen.

Fernsehen ist in der Schweiz aus zwei Gründen besonders wenig lukrativ. Erstens ist es natürlich die Kleinheit des Marktes, wie immer wieder richtigerweise betont wird. Zweitens liegt es aber auch an der fehlenden Senderkonkurrenz. Deshalb kauft sich die SRG ihr "talent" - wie es in den USA heisst - zu Schleuderpreisen ein. Denn jeder, der diesen Beruf in unserem Land ernsthaft betreiben möchte, hat nur eine einzige Adresse. Das heisst, es gibt keinen Markt, und dies gilt auch für die erfolgreichsten und beliebtesten Moderatoren, die sich mit kommerzieller Gesichtsvermietung bei Veranstaltungen bis hin in die tiefste Provinz ihr wahres Geld verdienen müssen. Dies aber hat Auswirkungen weit über das Monetäre hinaus. Als Geschäftsführer von Sat.1 war es eine meiner Hauptaufgaben, meine Sendergesichter zu bespassen. Ich musste ihnen nicht nur meine volle Aufmerksamkeit schenken, ihnen Geburtstagsgeschenke zukommen lassen und zu tollen Quoten gratulieren, sondern sie eigentlich rund um die Uhr bei Laune zu halten, um sie so nicht zu verlieren.

Bei der SRG können sich die Chefs diese Mühe sparen. Sie müssen keine Angst haben, dass ihre Leistungsträger zur nicht existierenden Konkurrenz abhauen. Und genau so verhalten sich viele der Chefs, weshalb sich auch wichtigste Aushängeschilder hinter vorgehaltener Hand über mangelnde Aufmerksamkeit und Zuneigung beklagen. Diese aussergewöhnliche Situation hat natürlich auch direkte Auswirkungen auf das Finanzielle. Bei Sat.1 verdiente ich etwa 500'000 Euro im Jahr. Dafür sass ich auf einem Schleudersitz, von dem man mich bei schlechter Performance - wie alle meine Vorgänger - jederzeit verjagen konnte. Aber meine wichtigsten Sendergesichter verdienten mehr, viel mehr, und dies für eine überschaubare Zahl von Sendungen im Jahr. So unterzeichnete ich mehrere Verträge im Millionenbereich, weil ich nur damit das wichtigste Kapital des Senders – meine Quotengaranten - sichern würde.

Bei der SRG kann man sich all dies sparen. Und deshalb kassieren nicht die Stars im Leutschenbach am meisten, sondern es sind die Chefs, die Spitzen der Nomenklatura. Auch in diesem Sinn ist die SRG eben einmalig, selbst wenn die Topgehälter in einem durchaus überschaubaren Bereich liegen. Wenn Roger de Weck immer wieder Vergleiche mit den Kosten ausländischer Sender bemüht, um die aussergewöhnliche Effizienz der SRG zu unterstreichen, könnte er hinzufügen: Und schaut, wie billig wir nicht nur unsere Sport- und Filmrechte, sondern auch unsere TV-Stars einkaufen. Das macht uns keiner nach. Da liegen wir europaweit klar an der Spitze! 

 

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