26.06.2016

Cannes Lions 2016

«Jetzt ist meine eigene Messlatte höher»

FCB Zürich ist Schweizer Abräumerin bei der Werbeweltmeisterschaft an der Côte d'Azur. Kreativchef Dennis Lück spricht im Interview über den Überraschendsten der sieben Löwen, die Situation mit seinem Stellenwechsel und seinen Croisette-Anstoss-Weltrekord.
Cannes Lions 2016: «Jetzt ist meine eigene Messlatte höher»
Völlig aus dem Häuschen: Der Kreativchef von FCB Zürich, Dennis Lück, an der Swiss Party am Miramar Beach. (Bild: wid)
Herr Lück, herzliche Gratulation zu dieser Löwen-Ausbeute. Zum Abschluss gab es noch Film. Was bedeutet Ihnen der Erfolg in dieser prestigeträchtigen Kategorie?
Vielen lieben Dank, das gebe ich gerne an alle Beteiligten weiter. Zu Ihrer Frage: Ein Löwe ist immer etwas Besonderes, ganz gleich, in welcher Kategorie man gewinnt. Mittlerweile denke ich aber, dass Film gar nicht mehr die Prestige-Kategorie schlechthin ist. Heutzutage relevanter sind da doch die Digital- beziehungsweise Innovations-Kategorien. Aber schön ist ja, dass wir gleich in allen Kategorien gewonnen haben. 

Welcher von den sieben Löwen war für Sie der Überraschendste?
Der erste Löwe ist immer der, der einem emotional überwältigt. Da fällt alle Spannung ab, denn schon ein Löwe ist ja ein Hauptgewinn. Inhaltlich positiv überraschend war, dass unsere Cases in allen zeitgemässen Kategorien wie Cyber, Mobile und Creative Data gewonnen haben.

Vier Löwen bekamen Sie für Search Racism. Find Truth und drei weitere für Rinkbingo. Weshalb glauben Sie waren die beiden Arbeiten so erfolgreich?
Search Racism. Find Truth ist eine Zeitgeist-Idee, deshalb hat sie die Menschen bewegt, und zwar weltweit. Selbst der Vatikan hat diese Idee zum Thema gemacht. Ich bin mir sicher, dass – neben der gut gedachten Idee – die Bekanntheit des Cases in den Jurys geholfen hat. Das Bandenbingo für den HCD war deshalb erfolgreich, weil es einem wiederbelebten Trend, nämlich zurück zur guten alten Verkaufsidee, entspricht. Bandenbingo ist ja nichts anderes als eine Gutschein–Promotion – aber eben clever und innovativ verpackt.

Wann haben Sie jeweils erfahren, dass Sie einen Löwen gewonnen haben?
Jeweils morgens vor den Galas, welche jeweils am Abend waren. Das heisst: Seit Montag jeden Morgen um 11 Uhr Bier und Prosecco am Agenturtresen.

Wie haben Sie Ihre Löwen gefeiert?

Exzessiv mit allen Machern, denen ich hier ausdrücklich danken möchte. Da ist eine Wahnsinns-Truppe, FCB wie FCB Kunden, beisammen, der ich nach wie vor nur das Beste wünsche.

Sie sind extra für die Swiss Party nach Cannes gereist. Wie lange haben Sie gefeiert und wie oft haben Sie angestosse
Ich habe den Croisette-Anstoss-Weltrekord in der 24-Stunden-Disziplin geknackt. Es waren – amtlich bestätigt – genau 2808 mal. Ich finde, eine respektable Leistung, wenn man bedenkt, wie grausam Rosé schmeckt (lacht).

Weshalb sind Sie nicht länger in Cannes geblieben?
Ich habe versprochen, am Freitagabend auf die Kids aufzupassen und mit ihnen einen Kino-Abend zuhause zu veranstalten. Die Vorfreude war da auf allen Seiten viel zu gross, um länger zu bleiben. Als dann abends noch rauskam, dass die Shortlist zu Bronze wurde, haben wir zusammen das Popcorn durchs Wohnzimmer gefeuert und in Luftschlangen gebadet.

An der Swiss Party war ihre jetzige Agentur FCB Zürich sowie ihre zukünftige Agentur Jung von Matt/Limmat vor Ort. Sie wechseln bald die Stelle. Wie war diese Situation für Sie?
Ich habe einfach mit beiden gefeiert und angestossen – einmal auf das Happy End mit dem tollen Cannes-Resultat für FCB und einmal 
auf die Zukunft bei JvM, auf die ich mich wahnsinnig freue.

Sie legen die Messlatte bei Ihrem neuen Arbeitgeber gerade sehr hoch?
Oh ja, das wird grausam (lacht). Nein, Spass beiseite. Was das Thema Messlatte oder Erwartungsdruck angeht, da habe ich eine hoffentlich nachvollziehbare Meinung: Der höchste Erwartungsdruck, der sollte immer von einem selbst kommen. Nie von aussen und erzwungen. Guter, alter Ehrgeiz. Jetzt ist meine eigene Messlatte eben höher. Ist doch toll! Ich gehe ja auch nicht zu JvM, um weniger erfolgreich zu sein.

Wie haben Ihre Schweizer Werberkollegen auf diesen Erfolg reagiert?
Intern mit explosivem Jubel. Die Agentur befindet sich seit Montag im Ausnahmezustand. Extern, und das ist ebenso erfreulich, mit vielen herzlichen Glückwünschen aus allen Lagern und auf allen Kanälen. Hunderte Likes auf Social Media, viele, viele Mails, Schulterklopfen und Umarmungen am Flughafen. Das ist toll, mich erfreut sehr die Neidlosigkeit in diesem Moment.

Abgesehen von Ihrem Erfolg, wie würden Sie die diesjährige Austragung der Cannes Lions beurteilen?

Cannes wird immer polarisieren. Dieses Jahr ist es das erwartungsgemäss nicht anders. Warum hat das einen Löwen gewonnen? Warum das, beispielsweise die Ikea Katalogkritik von Wirz, unverständlicherweise nicht? Aus gesamtschweizerischer Sicht können wir mit dem Ergebnis jedoch zufrieden sein. Bisher neun Löwen, und sicher sind noch ein paar Hoffnungsträger, wie die UBS Vorsorgekampagne von Publicis in den Filmkategorien, im Rennen. Das Festival an sich, also die Workshops, die Podiumsdiskussionen, etc. - das ist gigantisch gut. Fazit: Polarisierend wie immer, inspirierend wie nie.

Wohin gehen die Trends?
Es gibt zwei Trends. Nach wie vor immer noch sehr trendig ist die «Wir müssen als Marke die Welt ein bisschen verbessern»-Haltung. Neu und erfreulicherweise wiederbelebt ist die Sparte «Lass uns doch einfach Produkte verkaufen». Der Kern unserer Arbeit, das Verkaufen, kommt auch in Cannes wieder zurück. Bester Schweizer Beweis: Unsere Idee «Bandenbingo» für den Hockey Club Davos. Das ist nichts anderes als eine clever verpackte Gutschein-Promotion.

Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.