29.08.2018

Suisse Emex 18

Wo sich Gegensätze anziehen

Ein tanzender Roboter, der Gesundheits- oder Restauranttipps gibt und das «erste Virtual-Reality-Kino der Schweiz». An der Suisse Emex in Zürich gab es zudem einen Vorgeschmack auf Halloween und Tipps, wie die Messe Junge noch besser erreichen könnte.
Suisse Emex 18: Wo sich Gegensätze anziehen
Pepper, der humanoide Roboter, kann die Emotionen seines Gesprächspartners wahrnehmen. (Bilder: Anna Sterchi)

Mit grossen Augen und flehendem Blick schaut Pepper die vorbeigehenden Besucherinnen und Besucher an. Eine junge Frau bleibt stehen und streicht ihm sanft über den Kopf. «Ich bin kitzlig», lässt die rund ein Meter grosse weisse Figur verlauten. Es ist nicht das letzte Mal, dass Pepper, ein humanoider Roboter der Firma Avatarion, die Besuchenden zum Lachen bringt. «Kannst du tanzen?», fragt ihn Claudia Campera, Sales und Account Manager von Avatarion. Schon ertönt die Tanzmusik und der Roboter schwingt seinen Körper ausgelassen und gekonnt im Takt. Nicht auf der Bühne, sondern an der zwölften Suisse Emex, der grössten Schweizer Expo für Marketing, Event und Promotion in der Messe Zürich.

Pepper ist ein sozialer Roboter, der die menschlichen Emotionen erkennen und sich entsprechend verhalten kann. Weiter kann er sich unterhalten, Gesichter erkennen, sich fortbewegen und QR-Codes lesen. So ist sein Einsatzgebiet vielfältig und kann auf den entsprechenden Kunden zugeschnitten werden: Pepper erledigt den Check-in im Hotel, zeigt auf seinem Bildschirm Sportresultate an oder gibt Wegbeschreibungen und Restaurantempfehlungen ab. Sein kleiner Bruder Nao6, der nicht viel grösser als ein Stubenkater ist, erlaubt es Kindern, während eines langen Spitalaufenthaltes mit der Schule und den Freunden zu kommunizieren.

Innovation und Bodenständigkeit gehen Hand in Hand

Unweit von Pepper befindet sich das «We are Cinema» von Vertical Ventures, gemäss der Firma das erste Virtual-Reality-Kino der Schweiz. Die Besucher installieren sich in einem ausladenden weissen Ledersessel und setzen Kopfhörer und 3D-Brille auf. Die sperrige Brille fühlt sich im ersten Moment wenig bequem an, denn ihr Gewicht ist beachtlich. Trotzdem dauert es nicht lange, bis der Betrachter in der virtuellen Welt angekommen ist und das hektische Messegeschehen rundherum vergisst: Am Steuer eines überdimensional grossen Volvos ist der Betrachtende Mittelpunkt des Geschehens.

Zurück in der Wirklichkeit, in der Halle 6, deren Themen Digital und Marketing sind, reiht sich eine Innovation an die andere. Die Atmosphäre ist nüchtern und geschäftig. Begibt sich der Besucher weiter in Halle 3, deren Fokus haptische Werbemittel sind, geht es traditioneller und lauter zu und her. «Don’t worry be happy» klimpert «Mr. Piano» Dennis Volk auf seinem rollenden Klavier. Am anderen Ende der Halle demonstriert seine Kollegin, wie das Walking Piano, das «grösste Piano der Welt», funktioniert.

WalkingPiano

Traditionelle Werbemittel in Zeiten der Digitalisierung

Auf Erkundungstour in Halle 3 trifft man auf allerlei Traditionsprodukte wie das Sackmesser von Victorinox, Gottlieber Hüppen, Appenzeller Biberli und Süssigkeiten von Confiserie Sprüngli. An einem weiteren Stand bemalt Sonja Stähli von Pandinavia sorgfältig und liebevoll eine geschnitzte Holzkuh. Sie erachtet es nicht als nachteilig, an einer innovativen, futuristischen Messe mit etwas Traditionellem aufzutreten – im Gegenteil. Bei den Kunden seien durchaus Qualität und Swissness gefragt.

Tradition trifft auf Innovation – das trifft auch in Halle 4 zu, die im Zeichen der Markeninszenierung und des Erlebnismarketing steht. Während die Betreiber des «Hof Tell Appenzell» im Älplerkostüm um Neukunden werben, treten die Mitarbeiter von Rent-a-Lounge in einem blutüberströmten Kittel auf. Der gesamte Ausstellungsstand wirkt makaber: Etliche Leichen baumeln von der Decke. Marc Rachtan, mitverantwortlich für die Installation, erklärt: «Wir wollten schockieren. Wir wollten den Leuten einmal zeigen, dass es andere Möglichkeiten gibt, etwas Schönes zu inszenieren.» Das Raumdesign sei ein Vorgeschmack auf Halloween.


Die Veranstaltung steht vor Herausforderungen

Die diesjährige Suisse Emex steht wieder unter dem Motto «Was wirklich wirkt». Rund 500 Aussteller präsentieren noch bis am Mittwochabend auf rund 12'000 Quadratmetern ihre Produkte und Dienstleistungen. Ewa Ming, Co-Gründerin und Geschäftsführerin der Suisse Emex, rechnet mit rund 14'000 Besucherinnen und Besuchern. Die Finanzierbarkeit der Messe werde immer anspruchsvoller, sagt Ming am Rande der Veranstaltung. Eine Reaktion auf diese Schwierigkeit sei gewesen, dass der Messebereich zwar nach wie vor gratis, der Kongressbereich hingegen kostenpflichtig sei.

Ewa-Ming_Emex

«Wir werden auch nächstes Jahr etwas Neues bringen, es ist aber noch nichts spruchreif», hält Ming fest. Sie und ihr Team liessen sich jeweils an der Messe inspirieren, um Ideen fürs nächste Jahr zu entwickeln. Nebst den Finanzen sei auch die Wahrnehmung der Messe eine Herausforderung. Wichtig sei, dass die Firmen die Suisse Emex als wichtige Marketingmassnahme sähen. Generell wünsche sie sich noch mehr Interesse vonseiten der Branche. «Die Suisse Emex ist nicht bloss eine Messe, sondern vor allem auch eine geballte Wissensplattform.»

Jedes Jahr etwas Neues

So gibt es dieses Jahr einige neue Spezialbereiche. Beispielsweise findet sich in der Halle 3 die Erlebniswelt «Zone S», die auf ökologisch, sozial und fair produzierte Werbemittel setzt. In der sogenannten Ideenküche der Agentur Sürprisen sind verschiedenste Produkte von nachhaltigen Firmen anzutreffen: vom Seifenhersteller Bblubb, über den Berner Stadtimker bis hin zur Leibacher Biber-Manufaktur. Die Ausstellungsanlage selbst ist ein Hingucker: Die gesamte «Ideenküche» wurde von der Standnachbarin, der Form AG, aus Karton hergestellt.

Eine weitere Neuheit ist der Marketingkongress «Futurize M», bei dem laut Ming die Neukundengewinnung und Kundenpflege im Zentrum stehen. Eröffnet wird der kostenpflichtige Parallelkongress mit ohrenbetäubender Musik und Moderatorin Stephanie Berger, die die eher spärliche Besucherschar am frühen Morgen herzlich begrüsst.

Ratschläge von Generation Z finden Anklang

Nur wenige Schritte weiter platzt ein Raum aus allen Nähten: Der Andrang auf das erste Referat des «Generation Z Live Lab» ist beachtlich. Yannick Blättler, Gründer und Inhaber von Neoviso, spricht über einen weiteren Gegensatz: jener zwischen der Generation Z und den älteren Generationen. In seiner Rede «Warum wir aufwachen müssen» erklärt er den Marketeers und Arbeitgebern, wie die Jungen von heute funktionieren: Instant Satisfaction, flexible Arbeitsinhalte und -orte sowie klare, einfache Messages seien gefragt.

Was rät Blättler, um die Veranstaltung für die Jungen attraktiver zu gestalten? «Die Suisse Emex konzentriert sich auf den Hauptevent und macht im Vorfeld Vollgas-Werbung. Der Event hier sollte aber nur ein Teil von einem ganzen Konzept sein. Online sollte die ganze Zeit etwas laufen», stellt der Betriebswirtschaftler fest. Die Jungen müsse man zuerst online abholen, damit man sie offline begeistern könne. Generation Z könne man mit Know-how anziehen, nicht mit der Aussicht auf viele Werbegeschenke und Goodies.


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