18.04.2018

Zeitungsdeal

«Die Alternative wäre eine 2.-Klasse-Zeitung»

Die «Basler Zeitung» geht an Tamedia – und Christoph Blocher übernimmt das «Tagblatt der Stadt Zürich». Rolf Bollmann, Mitbesitzer und Verwaltungsratspräsident von Blochers Zeitungshaus AG, erklärt Hintergründe zum Deal mit Tamedia.
Zeitungsdeal: «Die Alternative wäre eine 2.-Klasse-Zeitung»
Rolf Bollmann, bisher CEO der BaZ Holding, der Vorgängerin der Zeitungshaus AG, zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück und ist neu Verwaltungsratspräsident der Zeitungshaus AG. (Bild: Keystone)
von Matthias Ackeret

Herr Bollmann, Sie sind langjähriger Geschäftsleiter der «Basler Zeitung». Was gab genau den Ausschlag, die BaZ an die Tamedia zu verkaufen?
Ich bin seit 2018 nicht mehr Geschäftsleiter der «Basler Zeitung», nur noch VR-Mitglied. Das Gesamtpaket vom Tamedia-Angebot hat uns überzeugt.

Warum gaben Sie der Tamedia gegenüber den AZ Medien den Vorzug?
Nur Tamedia ist in der Lage, auch weiterhin eine qualitativ hochwertige Tageszeitung auf dem Niveau der heutigen BaZ zu gewährleisten – auch wenn sie vermutlich in der Zukunft publizistisch eher linksbürgerlich positioniert wird. Die Alternative für die Basler Bevölkerung wäre eine 2.-Klasse-Tageszeitung gewesen als Einheitsbrei verpackt beziehungsweise als Fusionsprodukt der BaZ und der «Basellandschaftlichen Zeitung» mit einem Mantel aus dem Aargau. Das muss ja der Horror sein für alle stolzen Basler!

Ist dies ein Eingeständnis, dass man es in Basel nicht geschafft hat?
Wieso sollen wir es nicht geschafft haben? Sehen Sie, die Reichweite der BaZ ist in der Zielgruppe, die in Basel überhaupt noch eine Tageszeitung abonniert, sehr hoch. Chefredaktor Markus Somm hat mit seinen Leuten die wohl interessanteste und auch spannendste Tageszeitung der Schweiz gemacht. Dies wird mittlerweile auch von unseren Gegnern anerkannt. Und wirtschaftlich ist die BaZ nach wie vor in einem guten Zustand und könnte auch ohne Synergienutzung mit anderen Tageszeitungen noch einige Jahre ihre Selbstständigkeit bewahren.

Kann man es mit einer Tageszeitung in Basel überhaupt schaffen?
Natürlich ist es in Basel nicht einfach. In der Hälfte der Haushalte leben Menschen mit Migrationshintergrund. Ich glaube kaum, dass diese Menschen eine bürgerliche Tageszeitung abonnieren oder lesen und dafür 500 Franken pro Jahr bezahlen. Dann leben noch etwa 37’000 Expats in Basel, die vermutlich eher deutsche, englische oder amerikanische Zeitungen online lesen und sicher nicht die «Basler Zeitung». In diesem internationalen Umfeld ist es tatsächlich nicht einfach, als traditionelle, bürgerliche Kaufzeitung zu bestehen.

Einer Ihrer Ansprüche war es, gegen den «Einheitsbrei» in den Medien anzutreten. Wird er durch diesen Verkauf an die Tamedia nicht gefördert?
Im Gegenteil, mit dem Verkauf an Tamedia haben wir diesen Einheitsbrei in Basel verhindert. Sonst wäre, wie erwähnt, für die Basler Bevölkerung wohl ein Nordwestschweizer Einheitsbrei unter Aargauer Führung entstanden. Und nach sechs Jahren Zusammenarbeit mit Baslern glaube ich sogar als Zürcher beurteilen zu können, dass sich in Basel niemand dieses Szenario wünscht.

Schauen wir in die Zukunft, Sie sind nun der grösste Gratiszeitungsverlag der Schweiz. Wie viele Leser erreichen Sie künftig?
Insgesamt verteilen wir dann wöchentlich etwa 1,3 Millionen Exemplare und erreichen über 1 Millionen Leser.

Planen Sie einen Mantel über alle Gratiszeitungen?
Das werden wir analysieren und im Verwaltungsrat besprechen.

Sie sind nun Eigentümer des «Tagblatt der Stadt Zürich», der ältesten Zeitung der Schweiz. Befürchten Sie nicht, dass Sie nun alle öffentlichen Publikationen verlieren, weil es sich um ein «Blocher-Blatt» handelt?
Nein, diese Befürchtungen haben wir nicht. Das «Tagblatt der Stadt Zürich» ist eine sehr gut gemachte Zeitung, und es gibt keinen Grund, etwas zu verbessern, was man nicht verbessern kann.

Wie werden Sie das «Tagblatt der Stadt Zürich» künftig ausrichten?
Die Chefredaktorin ist eine sehr starke Persönlichkeit, die selber weiss, wie man eine interessante Zeitung für die Stadtzürcher Bevölkerung macht.

Auch im Welschland sind Sie der grösste Gratiszeitungsverlag. Was heisst das für Ihre Firma?
Wir sind nur mit 50 Prozent an diesen beiden Zeitungen beteiligt. Aber das Welschland ist eine grosse Herausforderung. Deshalb haben wir ja auch mit Marcel Geissbühler einen Kenner dieser Szene als meinen Nachfolger eingestellt.

Gibt es bereits Widerstand gegen die neuen Besitzer?
Nein, ich habe heute nur positive Rückmeldungen erhalten, Widerstand war nicht dabei. Aber wie gesagt, ich bin mir nach meinen Basel-Jahren einiges gewohnt. Das «persönlich» hat ja vor fünf Jahren getitelt: «Der Mann, der in die Kälte ging». Rückblickend gesehen, war dies richtig.

Wie viele Zeitungen verantworten Sie jetzt?
Rund 30 Zeitungen.

Sind noch weitere Zukäufe geplant?
Es gibt noch einige interessante Objekte auf dem Markt.

Wie waren die Reaktionen auf den heutigen Deal?
Durchwegs positiv, wenn alle ehrlich gemeint waren – was man ja nie ganz sicher sagen kann.

 

 

 



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240426