12.02.2018

No Billag

«Die SRG hat die Hausaufgaben nicht gemacht»

«No Billag» scheint gelaufen. 61 Prozent liegen die Initiativ-Gegner laut der aktuellsten Umfrage vorne. Was haben die Befürworter noch im Köcher? Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler hofft auf die «Arena Fokus KMU» mit Filippo Leutenegger.
No Billag: «Die SRG hat die Hausaufgaben nicht gemacht»
Hans-Ulrich Bigler an der Medienkonferenz der Befürworter von «No Billag» Anfang Januar in Bern. (Bild: Keystone/Peter Schneider)
von Edith Hollenstein

Herr Bigler, geben Sie sich bereits geschlagen?
Abgerechnet wird immer am Abstimmungssonntag. Selbstverständlich setzen wir uns bis dahin und darüber hinaus für die dringend notwendigen Reformen bei der SRG ein. Ob es ein Ja oder ein Nein gibt: Die SRG muss kleiner und substanziell reformiert werden. Die willkürliche und ungerechtfertigte Doppelbesteuerung für Unternehmen muss abgeschafft werden. Der schnellste Weg dazu ist ein Ja zu «No Billag».

Sie haben bereits andere wichtige Abstimmungskämpfe geführt. Wie erleben Sie die Stimmung bei «No Billag»?
Die Kampagne der SRG hat sehr früh begonnen und wurde emotional hochgekocht. Anstatt ihre Hausaufgaben zu machen und basierend auf Zahlen und Fakten, die der SRG vorliegen müssen, selber einen Plan B vorzulegen, drohen die SRG-Chefs abstimmungstaktisch motiviert mit der Liquidation. Dies ist eine Fortführung der Blockade-Haltung der SRG.  

Wie beurteilen Sie die Rolle der Medien? 
Insbesondere Journalisten der SRG fühlen sich bei der No-Billag-Kampagne teilweise sicher auch als Partei. Diese Situation ist speziell. Doch die Journalisten habe ich auch in dieser schwierigen Rolle als grundsätzlich professionell erlebt. Sie sind nicht zu beneiden. Das SRG-Management lässt sie mit ihren unglaubwürdigen Liquidationsdrohungen völlig im Regen stehen. Anstatt Visionen zu entwickeln, setzt man die Mitarbeitenden als Pfand in dieser Abstimmung ein.

61 Prozent werden Nein stimmen, sagt die neuste Abstimmungsumfrage von Tamedia (persoenlich.com berichtete). Wie wichtig sind solche Umfragen für Sie?
Umfragewerte nehmen wir zur Kenntnis. Interessant ist das Resultat aus der ersten Umfrage der SRG, wonach 58 Prozent der Befragten die Mediensteuer für die Unternehmen ablehnen. Das ist unser Kernanliegen, und wir sehen für dieses eine grosse Zustimmung.  

Überzeugen konnten bisher am ehesten «SRG als Koloss» und «Zwangsgebühr ist eine Bevormundung». Welche Botschaften werden Sie im Schlussspurt einsetzen? 
Die Unternehmen sollen neu mit gegen 200 Millionen Franken belastet werden. Das ist fünfmal mehr als noch 2012. Die Doppelbesteuerung für Unternehmen ab einem Umsatz von 500'000 Franken ist völlig willkürlich. Auch kleine KMU, wie beispielsweise die Getreidehändler, die mit kleinen Margen hohe Umsätze erzielen müssen, werden massiv belastet.

Was heisst das?
Die Beträge, die sie für die Mediensteuer entrichten müssen, betragen laut ihren Aussagen bis zu 2 Prozent der Lohnsumme. Das geht einfach nicht, und das akzeptiert gemäss den Umfragen ja auch das Volk nicht. In der aktuellen Ausgabe der «Schweizerischen Gewerbezeitung» arbeiten wir bewusst solche Beispiele auf. Das ist ein Fokus – auch für die restliche Kampagne.   

Welche weiteren Massnahmen haben Sie und das Befürworter-Komitee für die verbleibenden Tage geplant?
Ab dem 12. Februar strahlen wir auf den Sendern TeleZüri, Tele M1 und TeleBärn täglich die Spezialsendung «Arena Fokus KMU» zu «No Billag» aus. Auch auf TeleZ wird die Sendung gezeigt. Der Gewerbeverband produziert das auf KMU-Themen spezialisierte Fernsehgefäss seit rund einem Jahr. Jetzt haben wir dieses genutzt, um aktiv den Dialog mit der SRG zu suchen. Deshalb haben wir eine eigene «Arena» mit der TV-Legende Filippo Leutenegger als Moderator produziert, an der auch der SRG-Präsident Jean-Michel Cina eingeladen war. Das Staatsfernsehen muss endlich aus der Blockadehaltung heraus. Plumpe Liquidationsdrohungen sind keine Vision für die Zukunft. Es braucht jetzt die resultatoffene Diskussion um Umfang und Inhalt des Service public, die bisher immer verweigert wurde.   

Sie haben im Januar betont, es würde auch bei einer Annahme weiterhin möglich sein, dass der Staat einzelne Sendungen finanziell unterstützt. Inzwischen kamen Stimmen auf, die behaupteten, das sei nicht mehr möglich. Inwiefern bleiben Sie bei Ihrer Aussage?
Selbstverständlich ist es möglich, dass die SRG als unabhängiges Unternehmen auch bei einem Ja eine wichtige und zentrale Rolle im Service public spielt. Die Finanzierung kann über die drei Säulen Werbung, Abonnemente und – wo der Markt nicht vorhanden ist – auch über die Förderung von Sendungen oder Sendegefässen finanziert werden. Diese Modelle gibt es heute schon alle erfolgreich im Markt. Zudem besteht ein sehr grosses Einsparpotenzial. Die SRG will ihren Plan B für ein Ja aus taktischen Gründen nicht offenlegen und redet alles, was ihre Liquidationsdrohungen in Frage stellt, schlecht. Wer für sein Unternehmen keine Visionen entwickeln kann, hat umso weniger Legitimation, einen Freipass für 1,2 Milliarden Franken Steuergelder zur quasi freien Verfügung zu verlangen.  

Wissen Sie bereits, was Sie am Abstimmungssonntag machen werden? 
Ich bin von TeleZüri eingeladen worden, die Abstimmungsresultate im Studio einzuordnen und zu diskutieren.  

 


 *Hans-Ulrich Bigler hat die Fragen schriftlich beantwortet.



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • René Tobler, 13.02.2018 12:57 Uhr
    Der Verhinderer Bigler, geht doch nicht im Ernst davon aus, das die SRG Ihre Pläne C-Z (Plan Bigler bringst ja eh nicht) offen legen würden? Das wäre ja wie wenn man im Krieg dem Gegner die Angriffsstrategie zeigen würden.
  • David Reich, 12.02.2018 11:35 Uhr
    In den Kommentaren werden unhaltbare Behauptungen aufgestellt. Keine Tageszeitung kostet 4 Franken pro Ausgabe, wenn sie abonniert ist, sonst würde ein Abo ja CHF 1200 pro Jahr kosten. Doch, einzelne Sendungen können finanziert werden, der Verfassungstext sagt klar, dass der Staat keine Medien/SENDER subventioniert, die Förderung einzelner Gefässe (SRG oder bei Privaten) ist auch in Zukunft möglich, nichts im Initiativtext verhindert das. Man darf sich nichts vormachen: Der angebliche Reformwille wird bei einem Nein in sich zusammenfallen. Noch nie wurden Versprechungen, die vor einer Vorlage gemacht wurden, vom Sieger danach auch eingehalten. 1 Franken pro Tag ist nicht viel Geld. Aber flächendeckend und für ein Angebot, das der Einzelne womöglich gar nicht will, sind 451 oder 365 Franken pro Jahr durchaus sehr viel.
  • Dieter Widmer, 12.02.2018 09:06 Uhr
    Hans-Ulrich Bigler kennt offenbar den Initiativtext nicht. Danach ist es dem Bund verboten, finanzielle Mittel der SRG zur Verfügung zu stellen. Jetzt sagt Bigler, allenfalls könnte der Bund einzelne Sendungen finanziell unterstützen. Und zur angeblichen Doppelbesteuerung: 1. 85% der Betriebe sind befreit von der Gebühr, 2. In fast allen Betrieben läuft irgendwo ein Radio, 3. Viele Betriebe geben Smartphones ab, mit dem fern gesehen werden kann. Insgesamt: So argumentiert einer, dem die Felle davonschwimmen.
  • Brigitte Matteuzzi, 11.02.2018 20:46 Uhr
    Es werden immer nur Kommentare aus der deutschen Schweiz wahrgenommen. Aus dem Welschland beispielsweise werden diese als "arrogant, nur-auf-sich-bezogen" abgeschimpft - und damit ist nicht Billag gemeint, sondern die Initianten dieser stupiden Initiative. Da möchte ich lieber nicht sehen, was beim in der Eile zurechtgestiefelten Plan B herauskommen würde.... bill-iger würde es für alle bestimmt nicht. Eine Zeitung kostet heute um die 4 Franken pro Tag, wenn ich einigermassen informiert sein will auf allen Gebieten. Da scheint mir 1.- pro Tag geradezu ein Schnäppchen. Dass vieles Verbesserungswürdig ist, hat auch die SRG gemerkt und passt sich bereits an - nur wird nicht jeder Schritt an die grosse Glocke gehängt. Die unreifen Büblis, die uns da die digitale Welt schmackhaft machen wollen, sollen sich ihre Fakenews aus dem Internet herunterladen und sich mit den Reklamenlawinen auseinandersetzen. Ich stimme NEIN, weil ich toll finde, dass man neben Deutsch auch Französisch, Italienisch und Rhätoromantsch gratis lernen kann - neben der jeweiligen Kultur.
  • Victor Brunner, 11.02.2018 10:22 Uhr
    Bigler ist nur noch peinlich! Er verschweigt dass nicht alle Mitglieder des Gewerbeverbandes hinter dem Ja zu NoBillag stehen, dabei viele KMU's. Er verschweigt dass die privaten Stationen in der Schweiz gegen NoBillag sind. Er fordert eine kleinere SRG. Mit anderen Worten ein Unternehmen das in den letzten Jahren gut und erfolgreich expandiert hat soll zurecht gestutzt werden, in der Hoffnung dass die "Kleinen" dann gross werden. Dass wir in 10 Jahren einen Wanner-Einheitsbrei von Freiburg bis St. Margrethen haben, mit Mediashop zugedröhnt werden, mit mederatoren zu tun haben die ihre Direktiven aus dem Büro wanner bekommen! Er vergisst auch den Verfassungsauftrag der SRG. SRG muss alle bedienen, von jung bis alt, es muss deren Gewohnheiten aufnehmen um an sie zu gelangen. Das heisst SRG muss auch im Netz und den Social Medias aktiv sein! Das unterschlägt Bigler und seine rechten Grabenkämpfer immer! Freue mich schon auf die getürkten Sendungen zu NoBillag auf dem Wanner Mainstream.ch
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240426