30.09.2016

Zentralschweiz am Sonntag

Justiz verweigert Einblick auf Strafbefehle

Die Luzerner Staatsanwaltschaft verlangt von Journalisten, ein schriftliches Gesuch für die Einsichtnahme einzureichen. Ein solches von der ZAS wurde abgelehnt.
Zentralschweiz am Sonntag: Justiz verweigert Einblick auf Strafbefehle
Luzerner Staatsanwalt hat schriftliches Gesuch um Einsichtnahme der ZAS abgelehnt: Gebäude der Oberstaatsanwaltschaft in Luzern. (Symbolbild: staatsanwaltschaft.lu.ch)

«Um über die Arbeit der Luzer­ner Staatsanwaltschaft berichten zu können, bedurfte es bis anhin keines aufgeklebten Schnauzes», schreibt die «Zentralschweiz am Sonntag». Gemeint ist, dass man bisher nicht wie der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraf undercover recherchieren musste, um Informationen zu erhalten.

Nun verweigere die Behörde Journalisten seit Monaten den Einblick in einen entscheidenen Teil ihrer Tätigkeit: Die Strafbefehle, die sie erlässt. In der Bundesverfassung steht, dass Gerichtsverhand­lungen und Urteilsverkündungen öffentlich sein müssen (Art. 30, Abs. 3, Anm. d. Red.). Seit 2011 steht deshalb explizit in der Straf­prozessordnung, dass «interes­sierte Personen» in Strafbefehle Einsicht nehmen können.

Bislang sei das in Luzern auch beherzigt worden. Wie die «Zentralschweiz am Sonntag» (ZAS) schreibt, habe die Staatsanwaltschaft nach einer Anfrage – welche monatelang unbeantwortet blieb – plötzlich ein schriftliches Gesuch für die Einsichtnahme verlangt. Ein «schutzwürdiges Interesse» müs­se nachgewiesen und das Rechts­gebiet eingeschränkt werden.

Die Zeitung habe Anfang September ein solches Gesuch eingereicht. «Begründet wurde das Anliegen mit der verfassungsmässig garantierten Transparenz der Rechts­pflege und der damit verbun­denen Kontrollfunktion der Me­dien.» Auf eine Spezifikation des Rechtsgebiets sei verzichtet worden.­

Urteil steht noch aus

Mit Verweis auf eine laufende Vereinheitlichung der Praxis durch die Schweizeri­sche Staatsanwälte­-Konferenz (SSK) habe die Luzerner Staatsanwaltschaft das Gesuch abgelehnt. «Angesichts der (...) mit der ver­langten Einsichtnahme verbun­denen Kosten und des grossen personellen Aufwands der Staats­anwaltschaft sowie Ihrer fehlen­den Begründung sowohl betref­fend Spezifikation der Thematik in den Strafbefehlen als auch des schutzwürdigen Interesses, muss Ihr Ersuchen abgelehnt werden», heisst es laut ZAS in der Begründung.

Das Sonntagsblatt hat den Entscheid der Behörde beim Kantonsgericht angefochten. Das Urteil steht noch aus. «Wir rechnen mit einem baldigen Entscheid des Kantonsgerichts», sagt Autorin und ZAS-Regionalleiterin Lena Berner auf Anfrage von persoenlich.com. (clm)



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