22.02.2017

Verhaftung von Deniz Yücel

Özlem Topçu antwortet auf umstrittenen FAS-Kommentar

«Können nur Türken über die Türkei schreiben?» Nach der Verhaftung von Deniz Yücel sorgt der Autor Michael Martens in der «Allgemeine Frankfurter Sonntagszeitung» mit einem Kommentar für Empörung. Nun meldet sich die deutsch-türkische «Zeit»-Korrespondentin zu Wort.

Nach der Verhaftung des «Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel sorgt in Deutschland ein Kommentar von Michael Martens, Korrespondent bei der «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» für Wirbel. In einem Beitrag mit dem Titel «Einmal Türke, immer Türke?» nimmt Martens die Inhaftiertung Yücels zum Anlass, die Entsendungspolitik deutscher Verlage zu kritisieren. «Können wirklich nur Journalisten mit türkischen Wurzeln über die Türkei schreiben?», fragt er darin.

Kritik kam bereits vom «Spiegel»-Chef Klaus Brinkbäumer, der den Beitrag als infam bezeichnete. «Wenn ein Journalist in Haft sitzt, sollten andere Medien Zurückhaltung wahren», sagt er gegenüber Kress News. Und nun meldet sich Özlem Topçu in einem ausführlichen Beitrag in der aktuellen Ausgabe der «Zeit» zu Wort. Martens hatte die deutsch-türkische Journalistin in seinem Beitrag erwähnt.

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«In einem Moment, in dem einem deutsch-türkischen Journalisten das denkbar Schlimmste vorgeworfen wird, nämlich Verrat und Terrorismus, stellt Martens dessen Fähigkeit zur Differenzierung infrage, und zwar nicht aufgrund womöglicher intellektueller oder beruflicher Mängel, sondern einfach aufgrund seiner Herkunft», schreibt Topçu in ihrem Kommentar.

Die Journalistin geht darin auch auf Martens Frage ein, ob «Türken, nur über die Türkei schreiben» könnten. Damit nehme der Autor an, dass Yücel und sie allein aufgrund ihrer Herkunft von ihren Arbeitgebern als Berichterstatter für die Türkei ausgewählt worden seien. Arme Gastarbeiterkinder wie sie beide, Türken also, würden von Deutschen auf das Türkischsein reduziert und düften nur über Türkisches schreiben.

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Sie selbst habe ihre eigene Rolle immer wieder reflektiert und sich gefragt, ob sie sich zur «Türken-Erklärerin» machen lasse. Identität, Migration, und Zusammenhalt in der Gesellschaft seien relevante Themen, die jahrelang Autoren mit rein deutschen Biografien beackert hätten, schreibt Topçu weiter. Sie schrieben oft über eine Welt, die sie nicht gut kannten. Jetzt seien endlich auch andere Stimmen zu hören. Diese Entwicklung sei nicht deshalb gut, weil Migranten richtiger oder besser berichteten, sondern weil sie es anders taten.

Etliche Journalisten nicht deutscher Herkunft seien Auslandkorrespondenten in den Heimatländern ihrer Eltern. Das sei keine automatische Entwicklung, etliche hätten schlichtweg andere Interessen. Mittlerweile seien Migratinnen leitende Redaktorinnen in Unterhaltungsressorts bei Boulevardblättern oder stellvertretende Ressortleiterinnen bei grossen Magzinen, Lokalreporter oder «Tagesthemen»-Sprecherinnen oder Wetteransager. (wid)



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