von Michèle Widmer
Bereits die erste Frage sorgte im Luzernersaal im KKL für ein Raunen. «Wie fühlt man sich als Anrührer von Einheitsbrei, Herr Supino?», fragte NZZ-Chefredaktor Eric Gujer, der das Podium moderierte. Ende August hatte Tamedia verkündet, in Zürich und in Lausanne zwei Mantelredaktionen einzuführen, welche alle Tageszeitungen beliefern. Er fühle sich gut, antwortete Supino auf Guyers Frage. Es sei eine Tatsache, dass die Einnahmen im Werbemarkt zurückgehen. Als Verlag käme man nicht drum herum, darauf zu reagieren.
Noch erhielt Supino Rückendeckung von Ringier-CEO Marc Walder. Solche Entscheidungen seien «leider eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit». Auch AZ-Medien-Verleger Peter Wanner stimmte zu, fügte allerdings an: «Es ist wichtig, dass ein solcher Mantel am Schluss bessere Inhalte liefert, als die einzelnen Titel zuvor.» Zudem dürfe man die regionalen Titel nicht aushungern lassen und müsse den Redaktionsleitern die Kommentierhoheit überlassen.
«Schicksalsgemeinschaft»
Als Fünfter in der Runde sass SRG-Präsident Jean-Michel Cina – welcher von Gujer nebst allen privaten Verlegern als «Weisser Rabe» bezeichnet wurde. Dieser appellierte an die Kollegen in der Runde und bezeichnete sie als «Schicksalsgemeinschaft». Auch das Geschäftsmodell der SRG sei bedroht, wenn die Subventionen wegfallen. «Wir müssen gemeinsam einen Weg finden, dass die Medienvielfalt in der Schweiz aufrechterhalten bleibt.»
Schliesslich brachte Gujer das Gespräch auf Admeira, das gemeinsame Vermarktungsunternehmen von Ringier, Swisscom und der SRG: «Man hört, es läuft gar nicht so gut. War der Widerstand gegen die Allianz wirklich nötig?», fragte der Moderator Supino. Wenn er im Ausland jemandem von dieser Allianz zwischen zwei staatsnahen Unternehmen mit einem privaten Anbieter erzähle, sehe er jeweils grosses Kopfschütteln. Zudem kritisierte er die «Nacht-und-Nebel-Aktion», in der die Werbegemeinschaft hinter dem Rücken anderer geschmiedet worden sei. Im Weiteren kritisierte der Verlegerpräsident, dass Admeira nur mit einzelnen Verlagen kooperieren würde, Gespräche mit dem Verband Schweizer Medien allerdings ablehnt. «Wir streben eine Branchenlösung an», fügte Supino an.
«Ich bin sehr enttäuscht»
Nach den Aussagen Supinos platzte Marc Walder, Verwaltungsratspräsident von Admeira, der Kragen. «Was Pietro hier erzählt, sind Fake News», sagte er. Im neuen Manifest fordere der VSM, dass die SRG auf neue Formen der Kommerzialisierung, also namentlich Admeira verzichte. Gesprächsbereitschaft sehe für ihn anders aus. Laut Walder hat Admeira mit AZ Medien, Tamedia oder Somedia Gespräche geführt. Man sei offen für weitere Aktionäre oder Vermarktungspartner. Aber: «Ein Unternehmen wie Admeira redet nicht mit einem Verband», stellte er fest. Er fügte an: «Ich bin sehr enttäuscht über dieses miese politische Spiel.»
Supino blieb ob des emotionalen Ausbruchs Walders gelassen. Die Gebührenfinanzierung sei ein Privileg. Die SRG müsse sich im Klaren sein, dass sie sich im Gegenzug an ein paar Regeln halten müsse.
Nun brachte sich Wanner in das Wortgefecht ein. «Wir wollen den Zugang zu den Daten», sagte er. «Wir wollen eine Branchenplattform für alle, ohne dass sich jemand einen Vorteil erschleichen kann.» Was Wanner fordere, sei «absurd», konterte Walder. Man könne von einem börsenkotierten Unternehmen wie der Swisscom nicht erwarten ihre Daten öffentlich zugänglich zu machen.
212 negative Admeira-Artikel
Nun wendet sich Walder – noch immer hochemotional – erneut Supino zu. «Tamedia führt einen medienpolitische Schlammschlacht», sagte er. 212 Artikel seien in den letzten zwei Jahren über Admeira in Tamedia-Medien erschienen. 212 davon seien negativ gewesen. Damit konnte er Supino doch etwas aus der Reserve locken. «Im Unterschied zu Riniger habe ich keine direkte Leitung in die Redaktionen», konterte er.
Fast schon zum Bedauern des Publikums unterbrach Moderator Gujer nun die heisse Diskussion und zeigte auf die Uhr. Er hätte ja gedacht, dass die Debatte drei gegen einer verlaufe. Nun sei daraus überraschenderweise zwei gegen zwei geworden.
Kommentare
-
Robert Weingart, 17.09.2017 09:54 Uhr
diskutieren unter seinesgleichen. ob das was bringt? eine aussenansicht wäre mal gut. ihnen fehlen die rezepte, den qualitätsjournalimsus retten zu können, scheint es mir. stattdessen versuchen sie sich gegenseitig das wasser abzugraben. admeira: öffentlich mit privaten, das sollte verboten werden.