14.11.2016

Medien für alle

«Wir sind klar gegen die Radikalforderungen von ‹No Billag›»

«Medien für alle» tritt am Montag erstmals öffentlich mit einer Tagung in Erscheinung. Philipp Cueni, Chefredaktor des Magazins «Edito», engagiert sich in der Bewegung und erzählt persoenlich.com, welche Ziele die Gruppe hat.
Medien für alle: «Wir sind klar gegen die Radikalforderungen von ‹No Billag›»
«Wir möchten diesen Diskurs nicht auf die Journalisten beschränken, sondern ihn in die Zivilgesellschaft hineintragen.»: Philipp Cueni. (Bild: zVg.)
von Claudia Maag

Herr Cueni*, Sie beteiligen sich an der Bewegung «Medien für alle», die sich über die Entwicklung im Schweizer Medienbereich sorgt. Was will die Gruppe?
Ausgangspunkt ist die Sorge über Entwicklungen bei Schweizer Medien. Aus finanziellen Gründen wird abgebaut, die SRG wird grundsätzlich in Frage gestellt, politische Kreise wollen Medien kontrollieren. Darüber braucht es einen medienpolitischen Diskurs; es braucht neue Ideen und politische Stellungnahmen. Denn letztlich geht es darum, welche publizistischen Leistungen in einer Demokratie nötig sind, aber offenbar über den Markt kaum finanziert werden können. Wir möchten diesen Diskurs nicht auf die Direktbetroffenen, also die Journalisten, beschränken, sondern ihn in die Zivilgesellschaft hineintragen sowie die Kulturszene einbinden.

Es gibt ja bereits die «Aktion Medienfreiheit». Inwiefern grenzt ihr euch von dieser ab?
Ziemlich eindeutig, denn die «Aktion Medienfreiheit» mit Natalie Rickli politisiert klar auf der rechtsbürgerlichen Seite und bekämpft vor allem die SRG. Wir streben eine Formation aus der Zivilgesellschaft an, welche sich für Qualität, Vielfalt, und eine gesicherte und demokratische Finanzierung der Medien einsetzt. Und dazu gehört auch ein starker Service public.

Wie kam «Medien für alle» zustande?
Bei der Abstimmung zur Revision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) 2015 hielt sich die Kulturszene heraus. Nach dem knappen Ergebnis (50,1 Prozent Ja-Stimmen, Anm. der Red.) wurde diese Haltung hinterfragt, denn es geht letztlich um den Service public, der für die Kultur wichtig ist. Nach dem Einreichen der «No-Billag»-Initiative, welche die SRG abschaffen will, wurden Kräfte vor allem aus der Westschweiz initiativ.

Wieso besonders aus der Romandie?
Die Westschweizer Filmszene ist in dieser Frage politisierter. Es gibt im Magazin «Culture en jeu» eine regelmässige kulturpolitische Debatte. Zudem weiss die Romandie noch dezidierter, dass eine mediale Versorgung für eine kleine Region nur über den Markt schwierig ist. Die Entwicklung im Pressesektor mit dem Stellenabbau in den beiden grossen Westschweizer Zeitungen «24 heures» und «Tribune de Genève» hat das akzentuiert. Es geht also um den Service public und generell um die journalistische Versorgung und Mediensituation in der Schweiz.

Wie viele Personen sind dabei?
Es ist noch eine kleine Gruppe und man hat sich auch erst provisorisch konstituiert. Uns war wichtig, von Beginn weg aus allen Sprachregionen Leute dabei zu haben. Jetzt hat sich eine Kerngruppe von etwa fünfundzwanzig Personen herausgebildet, die das Ganze aufgleisen. Diese Initiativgruppe will die Bewegung in Gang bringen.

Wie sind Sie organisiert?
Es gibt ein Doppel-Präsidium: Aus der Deutschschweiz die Dokumentarfilmerin und frühere Journalistin Irene Loebell, aus der Westschweiz der Filmemacher Frédéric Gonseth. Zudem bestehen zwei kleine Sekretariate, eines in der Deutsch- und eines in der Westschweiz.

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Sie treten Mitte November in Solothurn erstmals öffentlich in Erscheinung. In welchem Rahmen?
Unsere Tagung am 14. November soll mit einer breiten Debatte zu unterschiedlichen Positionen zeigen, wo es Lösungsansätze gibt. Dazu haben wir Podiumsgäste aus den Verlagshäusern und Roger de Weck von der SRG eingeladen. Auch Otfried Jarren, der Präsident der Eidgenössischen Medienkommission, wird mitdiskutieren. Angemeldet haben sich bisher Journalisten, Filmschaffende, unabhängige Produzenten, Medienpolitiker, und so weiter. Bereits im Juni hatten wir eine kleinere Tagung veranstaltet, an der wir eine Bestandesaufnahme zur Mediensituation gemacht hatten. Und wir haben ebenso öffentlich eine politische Plattform verabschiedet und eine Website eröffnet.

Von den «No-Billag»-Initianten ist niemand dabei. Wäre die Tagung nicht eine gute Gelegenheit gewesen, sie einzubinden?
Ich glaube, da sind die Positionen einfach zu weit auseinander. Für eine breite Medienversorgung in der Schweiz finden wir den Service public, also die SRG, absolut wichtig. Deshalb sind wir klar gegen die Radikalforderungen von «No Billag» und gegen eine substanzielle Schwächung der SRG. Man muss diskutieren, was verloren geht, wenn es keinen Service public im heutigen Rahmen mehr gibt und ob man allenfalls Korrekturen beim Leistungsauftrag an diesen vornehmen muss. Die Diskussion mit den Anti-SRG-Hardlinern scheint uns weniger interessant als mit jenen, die sich Gedanken über die mediale Versorgung in der Schweiz machen.

Was erhofft sich «Medien für alle» vom Treffen?
Wir möchten mit den privaten Medienunternehmen, der SRG, den Medienschaffenden und der Medienpolitik im Dialog bleiben. Und wir möchten für uns selber definieren, was in den nächsten drei bis vier Jahren medienpolitisch zentral auf der Agenda stehen wird. So werden wir unsere Plattform und Forderungen noch differenzierter formulieren können.

 


ZUR PERSON

*Philipp Cueni ist Chefredaktor des Schweizer Medienmagazins «Edito» und beteiligt sich an der medienpolitischen Bewegung «Medien für alle». Am 14. November tritt die Gruppe erstmals mit einer Tagung in Solothurn öffentlich auf.

 

 

 

 

 

 



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