04.09.2015

Ratgeber

"Vereinzelte Leserfragen sind erfunden"

Wie gehen Schweizer Medien mit Ratgeber-Kolumnen um? Eine Umfrage.
Ratgeber: "Vereinzelte Leserfragen sind erfunden"

Vergangene Woche hat ein anonymer Ratgeber mit einer fremdenfeindlichen Antwort für Wirbel gesorgt (persoenlich.com berichtete).

Der Verlagsleiter des betroffenen Mediums hat sich inzwischen für die Kolumne entschuldigt. "Der Ratgeber hätte in dieser Form nicht erscheinen dürfen. Wir entschuldigen uns aufrichtig für dessen Publikation", schreibt Andreas Zehnder in der aktuellen Ausgabe seiner Gratis-Wochenzeitungen.

Wie gehen andere Medien mit Ratgeber-Rubriken um? Wie viele Fragen treffen ein und stammen alle Fragen immer von den Lesern?

 

"Blick": Caroline Fux, Sex-Beraterin: "Es gibt grosse Schwankungen in der Zahl der Zuschriften. Über die Beratung wird keine Statistik geführt. Mal sind es 15 Fragen pro Woche, mal 40. Die Zahl allein sagt auch nicht sehr viel aus über den Aufwand. Einige Fragen lassen sich mit wenigen Sätzen beantworten, andere brauchen mehrere, lange Mails. Die publizierten Fragen wurden alle so gestellt. Es werden weder von mir, noch von der Redaktion Fragen erfunden. Es werden nur Fragen publiziert, die auch plausibel sind. Aber es lässt sich nicht überprüfen, ob eine Person etwas wirklich 1:1 erlebt hat."

 

"20 Minuten": Laura Hüttenmoser, 
Ressortleiterin Community: "Die Antworten werden von der Kommunikationsagentur Swisscontent geschrieben. Weil verschiedene Autoren die Fragen beantworten, wird ein Pseudonym verwendet. Wir erhalten ca. 30 bis 40 Leserfragen pro Woche. Die skurrilste Frage war: 'Darf ich die albanische Flagge am Balkon hissen?Vereinzelte Leserfragen sind erfunden, aber nur wenn ein Thema dringend ist und keine Fragen eingehen. Das kam zum Beispiel vor, als die Arbeitnehmer zu Jahresbeginn den BVG-Ausweis gekriegt haben."

 

Watson: Kafi Freitag, Kolumnistin: "Ich erhalte durchschnittlich 25 Fragen die Woche. 3 davon beantworte ich, der Rest bleibt unkommentiert und unbeantwortet. Die Fragen sind nicht wirklich skurril, aber doch aussergewöhnlich. Zum Beispiel: "Mein Herz ist gebrochen. Kommt dafür meine Hausratsversicherung auf?“. Natürlich habe ich diese Frage beantwortet. Da man bei mir anonym Fragen stellen kann, bin ich nie sicher, ob eine Frage erfunden ist, oder wirklich ernst gemeint. Aber ich gehe immer davon aus, dass eine Frage ernst gemeint ist, sonst könnte ich nicht mit vollen Herzblut an die Beantwortung gehen. Alle Fragen gehen unverändert und ungekürzt online, sofern ich sie beantworte. Es würde wenig Sinn machen, sich die Fragen selber zu stellen. Dann könnte man ja einfach eine Kolumne machen und über die eigenen Gedanken schreiben."

 

"Weltwoche": Roy Spring, Abschlussproduzent: "Ich leite die originellsten Fragen an die passenden Autoren weiter. Schätzungsweise erhalten wir ein halbes Dutzend Fragen in der Woche. Die skurrilste Frage war: 'Darf man eine Darf-man-das-Frage nicht beantworten?' Sie wurde nicht beantwortet. In der Zeit meiner Zuständigkeit wurden keine Fragen erfunden. Einzige Ausnahme: die oben erwähnte skurrilste Frage."

 

"Coop Zeitung": Loredana Steiner, Online-Redaktorin: "Seit Lancierung des Stiltrainings mit Cécile von Mutzenbecher sind bei uns rund 20 Leserfragen eingegangen. Oft stellen Leser eine Frage und haben anschliessend noch Zusatzfragen. Fragwürdige Fragen sind keine eingegangen. Alle Leserfragen sind Fragen von 'echten' Lesern. Wir haben also keine Fragen erfunden. Pro Woche erhalten wir 1 bis 4 Fragen. Das ist ein guter Wert, weil wir die Seite ja nicht nur damit 'füllen' möchten."

Umfrage: Boas Ruh



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