01.02.2012

In Rekordzeit eine neue Bank kreiert

Sozusagen über Nacht wandelte sich Wegelin zu Notenstein: Mit Hund im Logo und einem frischen Internetauftritt ging die älteste Schweizer Bank in eine andere Marke über. Und bereits gestern Dienstag schaltete Notenstein erstmals Inserate - diesmal ohne Mitwirkung von Konrad Hummler. Im Interview mit persoenlich.com erklärt Albena Björck, Leiterin Corporate Communications, wie ein so extrem rasches Rebranding überhaupt möglich ist. Zum Bericht:
In Rekordzeit eine neue Bank kreiert

Aus Wegelin wird Notenstein. Dies, die grosse Überraschung vom Ende der letzten Woche. Die traditionsreiche St. Galler Privatbank geht teilweise zur Raiffeisenbank über. Hintergrund: Wegelin hatte bereitwillig Ex-UBS-US-Kunden aufgenommen, um ihnen so Steuervorteile zu verschaffen und ist daher mit einer Klage-Drohung konfrontiert. Was für Aussenstehende überraschend kommt, ist auf Unternehmensseite genau durchgeplant - zwar sehr kurzfristig, aber dennoch wird möglichst wenig dem Zufall überlassen.

Schon vor dem Versand der brisanten Medienmitteilung vom Freitag war die Wegelin-Webseite umbenannt und die Mitabeiter konnten nicht mehr unter ihren gewohnten @wegelin.ch-E-Mail-Adressen erreicht werden. Einige Stunden später, am Samstagnachmittag, staunten die Besucher des CSI Zürich nicht schlecht: Beim traditionellen Pferdesportanlass wurde neu die "Notenstein-Challenge" durchgeführt. Die jahrelang von Wegelin gesponsorte Reit-Prüfung wurde kurzerhand umgetauft. Gleichzeitig wechselte der CSI kurzfristig zum einen die Bandenwerbung aus (vgl. Bild oben) und passte zum anderen seine Webseite an: Zwischen den Logos von Rolex und Tui prangte plötzlich der weisse Hund des Notenstein Logos (vgl. auch 20min.ch). Bei Notenstein wurde über's Wocheende nochmals tüchtig gearbeitet, sodass man bereits am Dienstag mit einer Werbeoffensive starten konnte, mit ganzseitigen Printinseraten in der nationalen und regionalen Tagespresse wie dem "Tagesanzeiger", der "NZZ", "Le Temps" oder dem "Corriere del Ticino" (vgl. unten).

Wie ist ein solches Instant-Rebranding möglich? Wegelin war dafür bekannt, dass der geschäftsführende Teilhaber Konrad Hummler bei der Inseratekreation jeweils selber mitanpackte (vgl. letzte Inserate-Kampagne unten). Aussergewöhnlich war zudem, dass für die Kampagnen und die Mediaplanung einzig das bankinterne Team verantwortlich war. Hat man für die neue Marke nun doch mit externen Spezialisten zusammengearbeitet? Im Interview mit persoenlich.com erklären Albena Björck (Leiterin Corporate Communications) und Roman Burch (Leiter Werbung & Corporate Design) das Vorgehen.

Frau Björck, die letzten Tage waren wahrscheinlich ziemlich turbulent. Worauf achteten Sie besonders in der Krisenkommunikationsarbeit?

Albena Björck: Die letzten Tage haben uns kommunikativ vor grosse Herausforderungen gestellt. In erster Linie war eine optimale Abstimmung zwischen der externen und internen Kommunikation zentral. Gleichzeitig galt es die Medienbeobachtung zu intensivieren und sich innerhalb sehr kurzer Zeitabstände mit der Führung abzusprechen. Die grosse Dringlichkeit der Sache hat aber auch eine enorme Effizienz in unsere Arbeit gebracht. Dass alles so gut funktioniert hat, steht für die hohe Professionalität und das Commitment unserer Mitarbeiter gegenüber der Bank.

In Ihrem Werbeslogan verbinden Sie die Gegensätze "Junge Bank" und "grosse Erfahrung". Dies scheint auf den ersten Blick widersprüchlich.

Roman Burch: Der Slogan entspricht der Logik der Entstehung unserer Bank. Als Nachfolgerin der ältesten Bank der Schweiz verfügt die Privatbank Notenstein über starkes Know-how und grosse Erfahrung. Gleichzeitig sind wir ein junges Unternehmen, welches eine grosse Energie verspürt, Neues zu schaffen. Wir sehen uns weiterhin als den zuverlässigen Partner in der Vermögensverwaltung. Dass der Slogan auch eine Anspielung auf unseren starken Partner Raiffeisen ist, liegt auf der Hand.

Das Logo der Privatbank Notenstein ist ein weisser Hund vor rotem Kreis (vgl. unten). Warum setzen Sie auf den Hund?

RB: Das Logo wurde abgeleitet vom Wappen der Gesellschaft zum Notenstein, welches einen weissen, stehenden Hund auf rotem Hintergrund zeigt. Die moderne Interpretation dieses traditionellen Wappens symbolisiert - wie der Werbeslogan - unsere grosse Erfahrung und die gleichzeitige Ausrichtung auf die Zukunft.

Eine Zeitung nahm diesen Hund als Anlass um zu titeln "Wegelin ist auf den Hund gekommen".

RB: Das nehmen wir gelassen. Schon im Logo von Wegelin & Co. waren Tiere, welche Spielraum für Interpretation offen gelassen haben. Auf die lange Frist haben sich diese Tiere aber als Sympathieträger erwiesen.

Planen Sie Adaptionen mit Alternativ-Texten wie bei der "Napoleon und Mephisto"-Kampagne vom Frühling 2011 (vgl. unten)?

Die Kampagne besteht aus unterschiedlichen Sujets - in kleinen und grösseren Formaten, mit Bild und Text sowie nur Text. Hier handelt es sich um einen völlig neuen Markenauftritt mit neuer Kampagne. Natürlich besteht kein Bezug zu den Mephisto-Zitaten, denn dies war eine Kampagne für Wegelin.

Wegelin inserierte vor allem in der "NZZ" und in der "Weltwoche". Wird Notenstein in denselben Titeln werben?

AB: Die Kunden der Privatbank Notenstein sind grossmehrheitlich in der Schweiz ansässig und wir sind an dreizehn Schweizer Standorten vertreten. Entsprechend möchten wir mittels nationalen und regionalen Printmedien sowie Online- und Social-Medien unsere Vermögensverwaltungskunden erreichen.

Zur genauen Mediastrategie wollen Sie also nichts Konkretes sagen. Doch, wo liegen die Differenzen zu derjenigen von Wegelin?

Die Medienwahl ist insofern ähnlich zu dieser von Wegelin & Co., da es sich in beiden Fällen um die Ansprache von Schweizer Vermögensverwaltungskunden handelt. Als junge Bank, die eine starke Marke aufbauen möchte, werden wir den bewährten Medien-Mix weiterentwickeln.

Wird das Notenstein-Inserate-Volumen gleich hoch ausfallen, wie wenn die Bank weiterhin Wegelin heissen würde oder wurde das Budget gekürzt?

AB: Wir sind daran, eine starke Marke aufzubauen. Schon Wegelin & Co. hat mit relativ kleinem Budget gearbeitet und diese Effizienz werden wir beibehalten.

Die Webseite www.notenstein.ch wurde am Samstag aufgeschaltet. Wie konnten Sie dies so rasch realisieren?

RB: Im letzten Jahr hat das bankinterne Web-Team sämtliche Plattformen von Wegelin & Co. auf den neusten Stand der Technologie gebracht. Dies ermöglichte, nach Festlegung des neuen Corporate Designs der Privatbank Notenstein, innerhalb von Rekordzeit sämtliche Plattformen auf die neue Situation umzustellen. Ebenfalls wurden über Nacht sämtliche Social-Media-Kanäle neu aufgesetzt.

Wie geht es mit den Podcasts "Fokus Asien" und dem "Anlagekommentar" weiter und was passiert mit dem WegelinTV (vgl. unten)?

AB: Die meisten Projekte auch im Bereich Podcast und Videopodcasts werden weitergeführt. Als junge Bank, aber mit bereits grosser Erfahrung in diesem Bereich, werden wir weiterhin diesen Medien besondere Aufmerksamkeit schenken.