17.03.2014

Brandnew.io

Wie man Fotoplattformen in Werbeflächen verwandelt

"Unsere Kampagnen stellen sicher, dass Marke und Betrachter zusammenpassen", so Gründer Francis Trapp.
Brandnew.io: Wie man Fotoplattformen in Werbeflächen verwandelt

Facebook-Werbung war gestern: Das Berliner Start–up Brandnew.io ist das weltweit grösste Influencer-Netzwerk für Foto-Sharing-Plattformen wie Instagram oder Pinterest. Es ermöglicht Nutzern mit grossen Followerzahlen, durch die Teilnahme an Werbekampagnen Geld zu verdienen. Auch für Schweizer Marken wurden bereits erste erfolgreiche Kampagnen durchgeführt. "Wir stellen sicher, dass Marke und Betrachter zusammenpassen", sagt Gründer Francis Trapp im Gespräch mit persoenlich.com.

Für Netzpromis gibt es jetzt eine interessante, neue Einnahmequelle: Brandnew.io, ein in Berlin ansässiges und von Francis Trapp und Lukasz Lazewski gegründetes Start-up, bietet ihnen die Möglichkeit, auf den beiden Foto-Sharing-Plattformen Instagram und Pinterest Werbematerial von Unternehmen zu teilen – und damit mehrere tausend Euro zu verdienen.

Freigeschaltete User mit Profilen von relevanter Reichweite und Strahlkraft, sogenannte "Influencer", können aus mehreren, thematisch zu ihnen passenden Werbekampagnen auswählen. Anschliessend teilen sie die Kampagnenfotos in ihrem Feed oder lichten sich mit zur Verfügung gestellten Produkten ab – und tragen so zur Verbreitung der Werbebotschaft bei. Da die User selber und freiwillig die Fotos mit ihren Followern teilen, ist diese Werbeform laut Gründer Francis Trapp besonders nativ und die Akzeptanz entsprechend hoch. Zudem könne auf diese Weise – etwa im Gegensatz zu Facebook-Kampagnen – garantiert werden, dass die Werbung für die Empfänger relevant ist. 

Auch Unternehmen werden langsam neugierig auf diese neue Werbeform. Verständlich: Mit seinen derzeit rund 580 partizipierenden Influencern erreicht Brandnew.io rund 140 Millionen Nutzer, verteilt über die ganze Welt. Häufig erreichen gemäss Trapp Bilder bei Werbekampagnen mit Brandnew.io Engagement-Raten (Likes und Kommentare im Verhältnis zu den Followern) von bis zu 15 Prozent. 

Herr Trapp, Social-Media-Kampagnen und Native Advertising sind schon lange ein Thema, viele Unternehmen realisieren bereits solche Kampagnen. Was ist das Einzigartige an Ihrem Geschäftsmodell?
Native Advertising ist schon länger ein Thema, das stimmt. Eine Neuheit ist, dass die Marken Zugriff haben auf die Plattformen Instagram und Pinterest. Wir bieten zentral die Möglichkeit an, dort Kampagnen zu schalten. Dadurch, dass der Influencer den Inhalt der Kampagne teilt, stellen wir sicher, dass Personen, die diesen betrachten, auch zu der Marke passen. Deshalb ist die Werbung noch nativer. Es ist der Unterschied zu Facebook: Die sogenannten "Sponsored Ads" treffen oft nicht die Interessen der Personen, weshalb sie als störend empfunden werden. Wir stellen sicher, dass Marke und Betrachter zusammenpassen, wodurch die Akzeptanz der Werbung sowie Engagement-Raten höher werden.

Wie ist die Idee dazu entstanden?
Brandnew.io ist Anfang 2013 in Berlin entstanden. Ich hatte schon immer eine grosse Leidenschaft für Social Media und Fotografie. Im Gespräch mit einem Freund kamen wir auf das Thema Fotoplattformen. Auf Instagram oder Pinterest teilen sehr viele Personen Bildmaterial oder sammeln Fotos zu bestimmten Themen. Dennoch hatten Marken bislang Schwierigkeiten, auf den Plattformen Fuss zu fassen. Der Grund: Es gab keinen zentralen Weg, um als Marke mit den Nutzern in Interaktion zu treten oder Kampagnen zu schalten. Das wollten wir ändern.

Wie haben Sie Ihre Vision in die Realität umgesetzt?
Es war ein typischer Start-up-Beginn: Ich habe zuerst mit einem Entwickler die Plattform an den Start gebracht. Wir haben ohne Einkommen von Zuhause im Wohnzimmer gearbeitet. Nachdem wir einen Prototypen der Plattform erstellt hatten und sich Leute bei uns registrieren konnten, habe ich recherchiert, wer die grossen und einflussreichen Nutzer sind auf Instagram. Ich habe ihnen eine Email geschrieben und geschaut, dass sie sich auf der Plattform registrieren. Wir konnten dann sehr schnell eine Reichweite von 30 Millionen Menschen aufbauen. Erst als wir eine gewisse Reichweite hatten, habe ich angefangen, Marken anzusprechen. Inzwischen arbeiten 12 Leute für uns, einige sitzen in Polen, die meisten in Berlin. 

Einfach ein paar Fotos teilen und mit einem Klick Geld kassieren - das klingt attraktiv. Welche Bedingungen muss ich erfüllen, um bei Ihnen Influencer zu werden?
Jeder kann bei uns eine Einladung anfordern. Danach achten wir auf verschiedene Kriterien: Die Qualität der Bilder muss gut und die Feeds müssen interessant sein. Auf dem Profil muss ein Thema erkennbar sein, damit man sich spezifische Kampagnen darauf vorstellen kann. Zudem setzen wir eine gewisse Followerzahl voraus. Am Anfang waren es 100’000, inzwischen variiert dies je nach Land. Wenn Instagram in manchen Ländern noch nicht so populär ist, akzeptieren wir auch kleinere Accounts.

Was verdient man als Influencer?
Das startet bei 20 Euro für das Teilen von einem Bild und geht hoch bis zu mehreren Tausend. Reichweite und Bildqualität haben Einfluss auf den Lohn. Zudem hängt es von der Marke und der Kampagnenart ab: Manchmal bekommt der Influencer fertiges Bildmaterial zur Verfügung gestellt, welches dann einfach geteilt werden muss. Eine zweite Art ist, dass die Marke Produkte bereitstellt und die Influencer sich selber damit fotografieren. Dies wirkt authentischer und gibt entsprechend etwas mehr Geld. Ebenfalls möglich: Den Instagramer auf eine Veranstaltung oder eine Reise schicken, wo er vor Ort Fotos macht. Komplexer und aufwendiger sind Storytelling-Kampagnen. Im Dezember gab es eine solche mit einem Autohersteller. Fünf Instagramer – jeweils eine Person in São Paulo, Paris, New York, Wien und Amsterdam – haben das Auto bekommen und damit eine Weihnachtsgeschichte entwickelt. Das war bisher unsere komplexeste und erfolgreichste Kampagne.

Und sie klingt nach einer 100-Prozent-Stelle. Gibt es viele Influencer, die nichts anderes mehr machen?
Für wenige Dutzende weltweit ist es inzwischen zu ihrem Brotjob geworden. Sie werden gemanagt, haben eine Agentur oder ein ganzes Team inklusive Creative Director, die sich alle um den Instagram-Account dieser einen Person kümmern.

Sie haben gerade gesagt, dass die Storytelling-Kampagne an Weihnachten 2013 die bisher erfolgreichste war. Wie lässt sich das messen?
Zum einen über die Reichweite, zum andern schauen wir uns die Interaktion der Nutzer mit dem Produkt an. Dazu haben wir Parameter wie Hashtags, Follower, Share of Noise und Voice. Zusätzlich ist unser Entwicklerteam dabei, technische Möglichkeiten zu etablieren, um noch besser zu messen, wie Umsätze einer Marke verbunden sind mit unseren Kampagnen. Instagram ist da aber immer noch recht verschlossen.

Wie reagiert denn Instragram auf Ihr Konzept? Ist es konform mit den Geschäftsbedingungen?
Ja, das ist es. Wir sind mit Instagram in Kontakt und beobachten genau, in welche Richtung die Plattform in Sachen Monetarisierung geht, um dann die Zusammenarbeit weiter auszubauen. 

Aber erkenne ich als Follower eines Brandnew.io-Influencers, wenn es sich bei einem Post um Werbung handelt? Sonst fühlt man sich doch verschaukelt …
Wir geben den Istagramern Elemente mit, die sie in den Bildtiteln verwenden sollen, zum Beispiel Hashtags oder @mentions, die auf die Marke verweisen. Aber: Anders als beim Fernsehen hat der Influencer selber ein Interesse daran, seine Follower nicht zu verschaukeln. Er erzählt gerne und freiwillig, dass er gemeinsam mit einer Marke eine Story macht. Influencer möchten transparent sein. Und von den Followern wurde das bislang nie negativ wahrgenommen, im Gegenteil: Sie freuen sich für den Influencer! 

Kommen wir auf die andere Seite zu sprechen, die Firma, die bei Ihnen Kampagnen in Auftrag gibt. Wie kann man den Preis für eine Kampagne feststellen?
Wir schauen, was der Aufwand ist und was der Influencer für seine Arbeit nimmt. Darauf basierend wird das Pricing erstellt. Es kommt beides vor: Dass ein Unternehmen sagt, es wolle eine bestimmte Kampagne auf Instagram schalten mit einem bestimmten Ziel. Es kann aber auch sein, dass Unternehmen ein bestimmtes Budget zur Verfügung haben und wir darauf basierend die Kampagne gestalten.

Sie sind zum Zeitpunkt unseres Interviews in der Schweiz, weil Sie Gespräche mit möglichen Schweizer Kunden führen. Sind denn Plattformen wie Instagram und insbesondere Pinterest hier überhaupt genug bekannt?
Die Pinterest-Nutzerzahlen in Europa sind generell noch nicht so hoch. Das wird sich aber bald ändern. Dafür ist Instagram in Europa sehr stark verbreitet.

Aber lohnt es sich zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt schon, bei Ihnen eine Kampagne zu buchen?
Natürlich. Es gibt viele Schweizer Marken, die man überall auf der Welt kaufen kann. Wir haben vor allem mit global agierenden Unternehmen gesprochen. Eine Kampagne haben wir bereits mit einer Schweizer Luxusuhrenmarke gemacht, um die neue Kollektion zu bewerben.

Bei Ihnen kann ich als Firma Kampagnen auf Instagram und Pinterest buchen. Kommen weitere Plattformen hinzu?
Das schauen wir uns gerade an. Snapchat oder Tumblr wären möglich, wir haben uns aber noch nicht entschieden. Das hängt von der Entwicklung der Nutzerzahlen und der Positionierung der Plattformen ab. In manchen Regionen gibt es extrem erfolgreiche Plattformen, die wir hier gar nicht kennen. Zum Beispiel VKontakte in Russland. Es ist denkbar, dass man sich in Zukunft auch regional verstärkt.
 

Interview und Text: Seraina Etter // Fotos: zVg

Brandnew arbeitet u.a. mit PubliGroupe und deren Tochtergesellschaften auf kommerzieller Basis zusammen. "persönlich" gehört seit 2008 zur PubliGroupe. 



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