02.05.2013

Marc Walders heroische Tat

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", diese Aussage machte den Ex-DDR-Diktator Walter Ulbricht unsterblich. 52 Jahre später wurde sie von Ringier-CEO Marc Walder wiederholt, nur in angenehmerem Ambiente: an der Bilanzpressekonferenz seines Konzerns. Zwar hinkt der Vergleich, trotzdem zur Erinnerung: Ulbrichts Mauer war aus Stein und wurde trotzdem gebaut. Die andere hingegen – die kostenpflichtige Paywall beim Top-Nachrichtenportal blick.ch – bleibt virtuell und wird so schnell nicht kommen. Eine Trendwende? Noch vor einem Jahr betrachtete Walder die Zahlschranke als unumgänglich. Man könne, nicht alle Inhalte gratis unters Volk bringen. Oder anders ausgedrückt: Zu viel Sozialismus ist auch im Netz tödlich. Man kann Walder Wankelmütigkeit vorwerfen. Doch vielleicht hat dieser Schritt etwas Heroisches: als Akt der Vernunft. Klar ist es schwachsinnig, alle Inhalte im Netz gratis abzugeben. Doch was nützt es, wenn der Nutzer keine Bezahllust verspürt und einfach zur Konkurrenz wechselt? Das grenzenlose Web ist wirklich grenzenlos. Die Gefahr eines Fiaskos war für Ringier wohl zu gross. Weniger User bedeutet auch weniger Werbung, weniger Einnahmen, weniger Reichweite. Und warum soll man die Nummer-1-Position freiwillig aufgeben? Eines ist klar: Das Internet hat viel Gutes gebracht, aber auch viel gekostet. Doch das vergessen die Internet-Euphoriker gerne. Von glücklichen Tieren spricht auch der Metzgerverband. Und nicht die Tiere.

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