TV-Kritik

«Ersäuft die Banker!» in «TalkTäglich» bejaht

Der 85-jährige Soziologe und Autor Jean Ziegler wird immer wieder gerne in Talkshows eingeladen: Von Roger Schawinski, Markus Gilli – oder von Kollegen deutscher Sender. Ein willkommener Interviewpartner ist er regelmässig auch bei grossen Zeitungen. Ein Schelm, der dabei an Quoten und Leserzahlen denkt. Am Mittwoch war der alte Kommunist einmal mehr bei «TalkTäglich» von TeleZüri und seinen Partnersendern zu Gast. Und schlug verbal erneut zu.

An der Genfer Klimademo hatte eine Gymnasiastin vor der Crédit Suisse über Megaphon ausgerufen: «Ersäuft die Banker, nicht das Packeis!» Ziegler zu Markus Gilli: «Ja, diese Forderung ist berechtigt und gerechtfertigt!» Der Berufsrevolutionär war mit drei seiner fünf Enkelkinder an der Veranstaltung. Wenig später in der Sendung sagte der gleiche Ziegler: «Das erste Gesetz ist die Liebe zu den Mitmenschen.» Gilli fragte nicht nach, ob die Banker auch dazu gehören … Der Berner Ideologe gratulierte zudem ausdrücklich den Aktivisten, welche die Eingänge der CS in Zürich und der UBS in Basel blockiert hatten.

Ziegler, der Diktatoren wie Gaddafi, Castro, Mugabe oder Maduro zu seinen Freunden zählte, verehrte oder huldigt, geht bekanntlich mit der Schweiz immer wieder mit aller Härte ins Gericht. Er redet und schreibt von Bankenbanditismus und empört sich über «die Geldsäcke von der Zürcher Bahnhofstrasse». In «TalkTäglich» hielt er sich diesbezüglich für einmal zurück. Ziegler sagte sogar: «Ich bin unglaublich privilegiert mit meinem Leben in einem freien Land.»

Schön, wenn ein Mann so beseligt ist, der – hauptsächlich wegen Schadenersatzleistungen und Anwaltskosten – auf einem Schuldenberg von mehreren Millionen Franken sitzt. In einem NZZ-Interview sagte Ziegler kürzlich dazu: «Ich bin finanziell ruiniert. Zum Glück kann ich im Haus meiner Frau wohnen, sonst wäre ich obdachlos.»

Jean Ziegler glaubt felsenfest an die Wiederaufstehung. Dann werden seine Schulden bestimmt verjährt sein. Ob der Kapitalismus hiernach auch zerstört ist, bleibt fraglich.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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KOMMENTARE

Victor Brunner
11.07.2019 16:06 Uhr
Man kann Ziegler mögen oder nicht. Unbestreitbar hat er recht mit seinen Aussagen zum Raubtierkapitalismus und den daraus resultierenden Folgen. Ob Maduro und Co. tatsächlich Freunde waren oder gesprächspartner ist noch offen: Cassis spricht ja auch mit Erdogan und JSA hatte auch viele Gespräche mit korrupten Regierungsvertreter oder den chinesischen Diktatoren und hat diese immer gelobt!
Gubler Max
11.07.2019 12:44 Uhr
Ach, der Jean Ziegler! Es tut gut, wenn es noch jemand gibt, der manchmal völlig «quer» denkt. Ja, Jean Ziegler ist ein unverbesserlicher Sozialist, Kommunist. Aber auch er wird ein Honorar verlangen für seine Auftritte. Für viele vernünftig denkende Menschen hegt Jean-Ziegler ein zu extremes Gedankengut. Aber so spielt das Leben: In der Jugend haben viele noch Ideale, man denkt schräg, radikal, ideologisch. Man macht Klimastreik, und ist gegen den Kapitalismus (zumindest die intellektuelle Jugend, die weniger intellektuelle Jugend macht lieber mit Autos innerorts Raser-Rennen und schmeisst Zigistummel und Mc Donalds-Tüten auf die Strasse). In der Mitte des Lebens, wenn Frau, Kinder und Beruf die Lebensmitte ist und fordert, hat man keine Zeit, um über solche Dinge nachzudenken. Man ist geerdet. Und gefordert. Mit zunehmendem Alter, so ab 60, spätestens aber mit der Pensionierung, werden wir dann wieder kurliger, extremer, radikaler frecher. Ähnlich wie in der Pubertät. Das gilt für alle, auch für ewige TV-Talk-Master und TV-Kritiker. Auch etwas daran wahr ist, dass Banker nicht unbedingt die am «sozialsten» handelnden Leute sind. Viele von ihnen sind in der Tat Geldsäcke. Wenige davon sogar richtig kriminell! Was ist an dieser Aussage falsch? Aber Menschen sind auch sie. Es hat schlussendlich für alle Menschen Platz, zumindest in einem Land wie die Schweiz. Die Jean Zieglers, Uriellas, Roger Köppels, Andreas Thiels, Nora Illis und wie sie alle heissen gehören zum «Talk Show»-Geschäft. Sie alle spielen ihre Rolle. Ein buntes Kasperlitheater. Manchmal amüsante Unterhaltung, manchmal so richtige Aufreger, die bewegen. Ohne sie würde das Talk-Geschäft gar nicht funktionieren. Ja, es geht um Quoten. Medien sind ein Geschäft. Das wissen Sie, lieber Herr Hildbrand, als langjähriger «Star»-maker einer TV-Programmzeitschrift, sehr gut. Doch auch der ewige Kommunist wird im hohen Alter auf eine gewisse Art weise, und ein frommer Christ: Er glaubt an die Wiederauferstehung. Auch das passt zu unserem Land, das ein sehr christlich geprägtes Land ist wie kein anderes in Europa (und gleichzeitig so liberal, wie kein anderes Land in Europa). So ist das Leben!
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