TV-Kritik

Nachwisch und Ausblick nach «No Billag»

Zwei Tage nach der No-Billag-Abstimmung kam es bei Franz Fischlin im «Medienclub» zu einer nüchternen Diskussion. Natalie Rickli hat Kreide gegessen. Die SVP-Nationalrätin erklärte bedächtig: «Das Resultat war deutlich. Eine Halbierungsinitiative steht im Moment nicht zur Diskussion. Man muss jetzt nicht in Hektik ausbrechen, es geht in eine richtige Richtung.» Die SVP hat derzeit tatsächlich andere Sorgen.

Klare Ansagen machte Peter Wanner, Verleger der AZ Medien: «Sechs Prozent der Gebühren für die Privaten reichen nicht, acht bis zehn sind notwendig.» Grosses Sparpotenzial sieht er beim SRG-Radio (weniger Sender). Wanner möchte Leistungsaufträge und träumt von einer eigenen «Tagesschau» der Regionalsender. Rickli widersprach: «Die SRG macht eine gute ‹Tagesschau›. Es ist absurd, wenn aus dem gleichen Topf ein Konkurrenzprodukt machen will.» Immerhin begrüsst der Aargauer Verleger den Zugriff auf die Archiv-Schätze der SRG. Unterhaltungssendungen braucht es laut Wanner in deren Programmen nicht. Allerdings müsste er in dem Fall mehr bieten als «SwissDinner» oder «Boser&Böser».

Unterschiedliche Auffassungen gibt es zum Thema Web-only (am Beispiel von «Zwei am Morge»). Wanner: «Darf die SRG auch noch Inhalte produzieren, die sie nicht linear ausstrahlt? Was der Markt schon macht, muss die SRG nicht auch noch produzieren.» Rickli stimmte zu. Wanner weiter: «Es gibt eine Wettbewerbsverzerrung, wenn der SRG alles erlaubt wird. Der 1,2-Milliarden-Koloss kann alles erdrücken. Es geht darum, am Monopol der SRG zu rütteln.» CVP-Nationalrat Martin Candinas: «Wir Rätoromanen brauchen Web-only, diese Möglichkeit muss bestehen. Vor allem dann, wenn ein Sender abgestellt würde. Man muss dort hingehen, wo die Zuschauer sind, und die sind im Internet.»

Einig war sich die Runde, dass die SRG im Internet keine zeitungsähnlichen Inhalte anbieten darf und sich (werbefrei) auf audiovisuelle Angebote zu beschränken hat. Begrüsst wird, dass die SRG auf zielgruppenspezifische Werbung verzichtet. Stichwort Admeira: Von Austritt keine Rede mehr. SRG-Generaldirektor Gilles Marchand (hat sich in den letzten Monaten beachtliche Deutschkenntnisse angeeignet) bezeichnete das Vermarktungsunternehmen im Interview als «gute Strategie». Er möchte weitere Medien in dieser Firma begrüssen. Peter Wanner schmunzelte zum Schluss. Nachdem Tamedia die Goldbach Group übernommen hat, scheint er für Admeira plötzlich Sympathien zu hegen.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Peter Herzog, 08.03.2018 13:15 Uhr
    Ja, Herr Zumbuehl, ich habe mich auch gewundert. Da wird die No-Billag-Initiative mit über 70 Prozent Neinstimmen abgeschmettert und Herr Wanner und Frau Rickli stellen sich hin, und erklären, was die privaten Medienunternehmer nun wollen. Was die 2,1 Millionen Nein-StimmerInnen wollen, das war in dieser Sendung kaum ein Thema. Und selbst die SRG spielt ein krudes Spiel. Moderator Fischlin tönte an, dass er aus der Teppichetage Informationen erhalten habe, bei den Abbaumassnahmen würden auch die Sparten-Sender zur Diskussion stehen; namentlich erwähnte er Radio Swiss Classic, Radio Swiss Jazz und ein anderer Sender, desse Name mir entfallen ist. Herr Wanner sieht die Spartenradios, die ohne Werbung und ohne Moderation senden, schon lange als Konkurrenz. Weshalb, ist mir schleierhaft. Sollte Radio Swiss Jazz eingestellt werden, wird kein privater Sender einspringen, da bin ich überzeugt. Herr Wanner hat auf Radio Argovia die wöchentliche Jazzsendung schon kurz nach dem Start vor Jahren wieder eingestellt. Seine Begründung: Das rechnet sich nicht. Die SRG wehrte sich während des Abstimmungskampfes zu Recht für den Erhalt von Programmen für Sprachminderheiten. Aber Musikminderheiten, wie Klasik-Liebhaber oder Jazzfans sind offenbar egal. Aber vielleicht ist die SRG selber froh, wenn sie solche Minderheiten-Sender nun problemlos loswerden kann.
  • Sam Zumbuehl, 08.03.2018 00:24 Uhr
    Ach, Sparpotenzial sieht Wanner bei den SRG-Radios. Er meint wahrscheinlich die Spartenradios (Swiss Jazz, Swiss Pop, Option Musique). Gerade diese Radios fallen finanziell kaum ins Gewicht, da sie keine Moderationen oder redaktionelle Beiträge haben. Sie bringen einfach gute Musik, nach Sparte, nonstop, ganz ohne Werbung. Das ist ein super Service der SRG. Hoffe nicht, dass die SRG betr. Radios Kooperationen mit Privaten eingeht.... den Privat heisst: Werbung. Die werbefreien SRG-Radioprogramme sollen so bleiben, wie sie sind. Und zwar alle. Wanner schaut auch nur für die Interessen für sein Unternehmen, wie alle. Hoffe sehr, dass die SRG die Spartenradios nicht abschafft. Ich bin weder "Medienexperte", Radiopionier, noch ein SRF-Journalist, aber ein zahlender Konsument. Danke für die Kenntnisnahme.
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