Die Liste wird immer länger. Den Sparmassnahmen bei SRF fallen vor allem Sendungen und Formate zum Opfer, die eine klar umrissene Zielgruppe mit einem spezifischen Informationsbedürfnis adressiert hatten. Besonders deutlich zeigt sich das beim Radio. Ob Büchersendung, Filmpodcast, Musik-Specials, Wissenschaftsmagazin, Wirtschaftsmagazin, Kulturhintergrund – alles weg.
Diesen Abbau begründet SRF mit geringer Reichweite, sowie schwacher bis störender Wirkung beim Publikum. Monothematische Sendungen von längerer Dauer stünden der «Durchhörbarkeit» des Radioprogramms im Wege, heisst es. Wobei die betroffenen Redaktionen solche Begründungen bestreiten. Oft steht dann intern Aussage gegen Aussage, respektive Zahlen gegen Zahlen. Doch am Ende setzt sich die Leitung durch, die am beschlossenen Vorgehen festhält.
Gegen aussen betonen die Verantwortlichen die Transformation und nicht den Abbau. In der Tat baut SRF nicht nur ab, sondern ersetzt die abgesetzten Sendungen mit Formaten, die ein breiteres Publikum erreichen sollen. Themen wie Kultur oder Wissenschaft erhielten grössere Sichtbarkeit, sagen die Verantwortlichen, wenn sie aus ihren Nischen geholt und häppchenweise dort platziert werden, wo sowieso schon viele Leute zuhören. Auf diese Weise könne SRF seinen Auftrag besser erfüllen. Nur: Stimmt das wirklich?
Genauso gut könnte man diese Fixierung auf Reichweite als Abkehr von einem Grundprinzip des Service public verstehen. Der öffentliche Rundfunk sollte als Institution des nationalen Ausgleichs und Zusammenhalts das Publikum zuerst als Summe seiner Teile und nicht als Masse verstehen. Schliesslich besteht die Schweiz aus lauter Minderheiten, grösseren und kleineren, sprachlichen, politischen, geografischen und unzähligen weiteren.
Während das Fernsehen wegen der ungleich grösseren Produktionskosten und der Werbefinanzierung immer schon mehr auf das Massenpublikum ausgerichtet war, hat sich das Radio ungleich stärker an den Interessen der vielfältigen Publikumssegmente ausgerichtet. Das spiegelt sich auch in der Art und Weise, wie die beiden Gattungen ihre journalistische Expertise pflegen. Mit den Radiosendungen, die nun eine nach der anderen abgeschafft werden, verschwinden Fachwissen und handwerkliches Know-how, die auch für digitale Formate fehlen.
Wenn SRF im Zuge seines sparbedingten Um- und Abbaus den Kern des Service public aufweicht, dann verliert das Publikum mehr als nur einzelne Sendungen – und das Schweizer Radio und Fernsehen ein zentrales Element seiner Existenzberechtigung.
Nick Lüthi ist Redaktor von persoenlich.com.
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10.03.2025 13:46 Uhr
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Es verschwinden mehr als nur einzelne Sendungen