15.08.2013

China

Onlinehandel boomt nach Reihe von Lebensmittelskandalen

Netzanbieter profitieren von den Sorgen der Konsumenten.

Die Angst der Chinesen vor verseuchten Lebensmitteln spielt Onlinehändlern immer mehr in die Karten. Angesichts diverser Skandale rund um Babymilch und Hühnerfleisch profitieren die Anbieter im Netz von den Sorgen der Konsumenten.

Die Onlineanbieter werben damit, dass ihre Produkte direkt von den Bauern kommen - und damit für mehr Transparenz und Qualität stehen. Die verunsicherten Konsumenten haben darauf offenbar nur gewartet: Der Online-Lebensmittelhandel gehört in der Volksrepublik zu den am schnellsten wachsenden Segmenten. Vor allem die Mittelklasse ordert im Netz und zahlt dabei gern mehr für ein besseres Gefühl.

"Ich denke, die Chinesen sind bereit, einen höheren Aufschlag als im Westen zu zahlen", sagt Chen Yougang, Partner bei der Beratungsfirma McKinsey. In anderen Ländern wie Grossbritannien gehe es eher um Bequemlichkeit. "In China dreht sich hingegen alles um höhere Qualität und mehr Sicherheit."

Firmen wie COFCO und Shunfeng Express setzen daher darauf, dass immer mehr der 1,3 Milliarden Chinesen ihre Lebensmittel im Netz bestellen. Laut dem Pekinger Lebensmittel-Analysten Zhou Wen Quan könnten mit dem Absatz von frischen Produkten im Netz in fünf Jahren bis zu 40 Milliarden Yuan - umgerechnet rund 6 Milliarden Franken - umgesetzt werden.

Dieses Jahr werden rund 1,7 Milliarden Franken erwartet. Auch andere Marktbeobachter wie Euromonitor prognostizieren Wachstumsraten weit über denen anderer Länder.

Mehr Frische im Angebot
Bisher werden im Netz vor allem lang haltbare Lebensmittel verkauft, die sich gut verpacken lassen. Führend in diesem Bereich sind der Anbieter Yihaodian, der mehrheitlich dem US-Handelsriesen Wal-Mart gehört, sowie Jingdong Mall. Vor allem die Firmen, die neu auf den Markt drängen, konzentrieren sich dagegen auf frische, hochwertige Produkte, um Konsumenten mit höheren Einkommen anzusprechen.

Viele bieten auch Barcodes an, die mit Hilfe von Smartphones Aufschluss über die Herkunft und den Weg der Ware geben. Andere erklären sogar, welches Futter ihren freilaufenden Hühnern gereicht wird. "Das Gemüse ist wirklich frisch", sagt der Pekinger Lei Na, der regelmässig auf der Internetseite womai.com einkauft. In den Supermärkten sei dies häufig nicht der Fall.

Der bisher grösste Lieferservice Chinas ist Shunfeng Express, der rund eine halbe Million Kunden hat. Vertriebsdirektor Yang Jun sagt: "Wir arbeiten direkt mit den Bauern zusammen, holen dort die Ware ab und nutzen unser eigenes Logistiksystem, um Kunden zu beliefern."

Nach Einschätzung von Experten gewährleistet Shungfeng Express dadurch eine bessere Qualität der Ware, die sonst häufig beim Durchlaufen verschiedener Zwischenhändler in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Vertrauen auf Bewertungen anderer Kunden
Eine grosse Rolle im Online-Lebensmittelhandel spielen auch Bewertungsplattformen. Gute Einschätzungen von anderen Kunden überzeugten Interessierte am ehesten, auch dort einzukaufen, sagt Analyst Chen Liang vom chinesischen Internetkonzern Alibaba. Zu Alibaba gehört auch der grösste Online-Marktplatz der Volksrepublik, Taobao.

Die chinesische Antwort auf Amazon hat ähnlich dem US-amerikanischen Rivalen seit Kurzem auch Essen im Angebot. Im vergangenen Jahr setzte der Konzern mit dem Verkauf von Fleisch, Fisch, Früchten und Gemüse umgerechnet fast 200 Millionen Franken um - ein Plus von 42 Prozent zum Vorjahr.

Dieses Wachstum zieht Investitionen nach sich. So wird derzeit am Aufbau eines landesweiten Netzes aus Kühllagern gearbeitet. Wie auch die jüngste Babymilch-Affäre um die weltgrösste Molkerei Fonterra aus Neuseeland zeigt, lassen die Skandale in Chinas Lebensmittelindustrie meist nicht lange auf sich warten.

Damit dürften sich die Ausgaben lohnen. "Allein während des Ausbruchs der Vogelgrippe ist unser Hühnchen-Absatz explodiert", sagt der Gründer des in Shanghai ansässigen Onlinehändlers Fields, Steve Liang, unter Berufung auf den im Februar entdeckten neuen H7N9-Virus, an dem bereits mehr als 40 Menschen in China und Taiwan gestorben sind. (sda)


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