07.07.2017

Hass im Internet

Umstrittenes deutsches Gesetz kommt

Internetplattformen wie Facebook und Twitter müssen künftig konsequenter gegen Hasskommentare und Falschnachrichten vorgehen.
Hass im Internet: Umstrittenes deutsches Gesetz kommt
Soziale Netzwerke müssen in Deutschland laut einem neuen Gesetz offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde löschen oder sperren. (Bild: Keystone)

Nach dem deutschen Bundestag gab am Freitag auch der Bundesrat, die Länderkammer, grünes Licht für ein entsprechendes Gesetz. Dieses verpflichtet die Betreiber von sozialen Netzwerken, offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu löschen oder zu sperren. Sonstige rechtswidrige Inhalte müssen «in der Regel» binnen sieben Tagen gelöscht oder gesperrt werden.

Die Netzwerk-Betreiber werden verpflichtet, den Nutzern dazu ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anzubieten. Die sozialen Netzwerke können die Entscheidung an gemeinsame Einrichtungen der Plattformbetreiber abgeben, die nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes funktionieren. Die Einrichtungen der Selbstregulierung müssen pluralistisch besetzt und ihre Prüfer unabhängig von den Plattformen sein. Auch müssen sie jeweils von mehreren Anbietern getragen werden.

Busse bis 50 Millionen Euro

Wenn die Betreiber der Netzwerke strafbare Inhalte gar nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig löschen, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings hat die einmalige Nichtlöschung von Inhalten nicht bereits Bussgelder zur Folge. Vielmehr muss es sich um «systemische Fehler» handeln – also wenn ein Beschwerdemanagement nicht oder nicht richtig eingerichtet worden ist.

Die Geldbusse kann fünf Millionen Euro gegen eine für das Beschwerdeverfahren verantwortliche Person betragen. Gegen Unternehmen kann die Busse bis zu 50 Millionen Euro ausmachen.

Kritik am neuen Gesetz

Kritiker des Gesetzes warnen davor, dass damit den Unternehmen die Entscheidung darüber überlassen werde, was rechtmässig sei. Ausserdem sehen sie die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil Netzwerke sich aus Angst vor den Strafen eher für das Löschen grenzwertiger Beiträge entscheiden könnten.

Die EU setzt im Umgang mit Hass und Hetze im Internet vorerst weiter auf die Kooperation sozialer Netzwerke. Erst wenn das scheitere, könnten europäische Vorgaben in Frage kommen, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova am Freitag im estnischen Tallinn am Rande eines Treffens der EU-Justizminister. «Deshalb ist es ziemlich wichtig, jetzt auf Deutschland zu schauen und wie das dort klappt.» (sda/reu/dpa/cbe)



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