05.11.2017

Soziale Medien

Wie Facebook und Co. die Kontrolle verlieren

Der Publizist und Internet-Erklärer Sascha Lobo sagt, die sozialen Netzwerke hätten ihre Macht nicht verstanden.
Soziale Medien: Wie Facebook und Co. die Kontrolle verlieren
«Die sozialen Netzwerke haben mit Nachrichten viel weniger gemein, als man auf den ersten Blick glaubt», sagt Internet-Erklärer Sascha Lobo. (Bild: Reto Klar)

Über 100 Millionen Amerikaner haben vor den US-Präsidentschaftswahlen manipulierte Inhalte aus russischer Quelle erhalten, wie in den letzten Tagen bekannt wurde. Der deutsche Publizist und Internet-Experte Sascha Lobo sagt, dass die Social-Media-Unternehmen ihre Plattformen nicht unter Kontrolle hätten. «Man könnte diese Einschätzung sogar noch ausweiten: Facebook hat Facebook noch nicht verstanden», sagt Lobo in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Damit habe Facebook auch noch nicht die Macht und vor allem den Machtmissbrauch begriffen, die beide ab Werk in den Plattformen eingebaut seien.

Während der klassische redaktionelle Journalismus versuche, eine halbwegs objektive faktische Wahrheit zu ergründen, hätten die sozialen Netzwerke den Anschein, Nachrichten zu sein. «Aber tatsächlich haben sie mit Nachrichten viel weniger gemein, als man auf den ersten Blick glaubt», sagt Lobo.

Die gesellschaftliche Verantwortung spiele für die sozialen Netzwerke kaum eine Rolle, die finanziellen Interessen hingegen schon, so Lobo weiter. «Soziale Netzwerke sind Emotionsmedien. Sie sind dazu gemacht, Gefühle zu provozieren und weiterzuverbreiten. Sie wurden entwickelt von sehr intelligenten Menschen mit hervorragenden Mitteln, die genau das wollten», so der 42-Jährige zur NZZaS.

Lobo sagt auch, dass man das Datensammeln der Plattformen nicht in Kauf nehmen müsse. Es gebe zwar eine vernetzte Ökonomie, die zweifellos Vorteile habe. «Aber es geschieht auch viel Missbrauch. Und wir haben noch nicht herausgefunden, wie wir diese digitalen Ökosysteme wie Google, Facebook oder Amazon demokratisch regulieren können», so der Autor. «Mit den Mitteln, die wir heute haben, funktioniert es offensichtlich nicht ausreichend gut.» Es brauche einen politischen Instrumentenkoffer dafür. (cbe)

 



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