19.11.2019

Mathias Ninck

Diskussion über Justiz, Medien und die Angst

In Zürich haben am Montagabendabend Justizdirektorin Jacqueline Fehr, Bundesrichter Niklaus Oberholzer und Reporter Carlos Hanimann darüber diskutiert, ob und wie die Angst vor den Medien das Handeln der verschiedenen Akteure beeinflusst.
Mathias Ninck: Diskussion über Justiz, Medien und die Angst
Mathias Ninck ist Kommunikationsberater in der Zürcher Stadtverwaltung, früher arbeitete er als Journalist bei «Tages-Anzeiger», die «NZZ am Sonntag» und «Das Magazin». (Copyright: Marion Nitsch)

Der frühere Journalist und heutige Kommunikationsberater Mathias Ninck hat einen Roman geschrieben: «Mordslügen». Darin ermitteln eine ältere Psychiaterin und ein etwas lotteriger Journalist das Zustandekommen eines Geständnisses, das mehr als zwanzig Jahre zurückliegt und eigentlich niemanden mehr interessiert. Zu spät erkennen die beiden, wen sie damit gegen sich aufbringen – die Justiz mit ihrer ganzen erbarmungslosen Macht. Das kann und wird auch nicht gut enden.

Eine kurze Lesung aus dem Roman bildete die Ausgangslage des «Themenabends», an dem das Zürcher Kulturzentrum «Karl der Grosse» am Montag Nincks Buch lancierte und eine Artikelserie des «Republik»-Journalisten Carlos Hanimann über den Fall der sogenannten Parkhausmörderin Caroline H. vorstellte. In beiden Texten geht es um eine Gefangene und darum, wie der Justizvollzug funktioniert, wie die Angst wirkt, die Angst vor den Medien und vor sich selber.

Das Panel, das mit der Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr und Bundesrichter Niklaus Oberholzer hochkarätig besetzt war, diskutierte recht frisch und erstaunlich offen die Frage nach dem Wirkungsmechanismus der Medien, nach der Qualität der Medien auch vor dem Hintergrund des derzeit aktuellen Falls des als «Carlos» bekannt gewordenen jungen Mannes, der in der Pöschwies sitzt und gerade eine sogenannte kleine Verwahrung kassiert hat. Haben hier die Medien versagt? Die Justiz? Alle zusammen?

Regierungsrätin Fehr sagte, sie habe, obwohl die Medien immer lauern, persönlich nicht Angst, es sei vielmehr ein Bewusstsein da für die Schwierigkeit der Aufgabe. «Es ist vergleichbar mit der Verantwortung eines Arztes. Er stellt eine Diagnose und verordnet eine Behandlung, auch wenn er nicht mit letzter Sicherheit weiss, ob sie richtig ist.» Bundesrichter Oberholzer profitiert als Richter davon, wie er sagt, dass er «in ein System eingebunden ist», er hat Kolleginnen und Kollegen, die miturteilen, er ist gar nicht so exponiert und hat darum persönlich auch keine Angst vor den Medien. Allerdings bedaure er, dass es heute kaum mehr qualifizierte Gerichtsberichterstatter gebe (und lobte als Ausnahme die «Republik»).

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Es war eine wohltuend angeregte Diskussion auf diesem Panel, das sehr munter moderiert wurde, (von Tagi-Redaktorin Rafaela Roth). Eine Szene ist in Erinnerung geblieben, sie stammt aus dem Buch, aus dem vorgelesen wurde: Die Psychiaterin Olivia Pfeiffer klärt den Reporter Simon Busche über das Wesen der Angst auf: «Die Angst ist eine Krankheit. Sie überträgt sich von Mensch zu Mensch. Man darf sich nicht anstecken lassen.»

Text: Marianne Sieber

 


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Mathias Ninck: Mordslügen, Edition 8, 25 Franken.



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